Autor: karin aebischer
In Lukas Hendrys Schulunterricht läuft alles ein bisschen anders ab als bei einem sehenden Lehrer. «Wenn ein Schüler die Hand hebt, kann ich das natürlich nicht sehen», sagt der 29-Jährige. Deshalb hat er den Schülerinnen und Schülern seiner Praktikums-Klasse bestimmte «Ämtli» zugewiesen.
Verantwortung übertragen
Ein Schüler ist für das Aufrufen der sich meldenden Schüler zuständig, eine andere Schülerin kontrolliert das Einhalten der Klassenregeln, wieder ein anderer teilt die Arbeitsblätter aus oder bedient die Musikanlage. «Die Schüler halten sich ziemlich gut an ihre Aufgaben. So lernen sie auch, Verantwortung zu übernehmen», erklärt er.
Dank Computer, Beamer und Leinwand
Lukas Hendry arbeitet nicht mit Wandtafel und Kreide, sondern mit Beamer und Leinwand. Dank der Sprachausgabe auf seinem Computer kann er hören, was er eintippt und was bei den Schülern auf der Leinwand erscheint.
«Ein sehender Lehrer kann durch die Reihen gehen, die Arbeiten der Schüler anschauen und sie fortlaufend korrigieren, das kann ich leider nicht», sagt Hendry. Er geht stattdessen einfach direkt auf die Schülerinnen und Schüler zu und fragt sie, an was sie gerade arbeiten und wie sie beispielsweise eine bestimmte Rechnung gelöst haben.
«Für Korrekturen von Arbeitsblättern oder die visuelle Kontrolle während Prüfungen bin ich auf eine Assistenzperson angewiesen», erläutert der angehende Primarlehrer. Diese kann er punktuell in den Unterricht bestellen. Sie wird ihm von der IV zur Verfügung gestellt.
Die Fächer Zeichnen, Werken und Turnen kann er nicht unterrichten. Dies kompensiert Hendry mit Religionsunterricht. In diesem Bereich sieht er auch seine berufliche Zukunft. «In Murten wurde mir eine Stelle in der Seelsorge angeboten.»
Pionierleistung
Im Jahr 2003 hat Lukas Hendry seine Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Freiburg begonnen. «Die PH war sehr offen und hat die Herausforderung angenommen», so Hendry. Für ihn besteht ein gewisser Reiz darin, als erster blinder Student in Freiburg die Ausbildung zum Primarlehrer abschliessen zu können. «Ich habe gelernt, nicht immer alles auf dem Silbertablett serviert zu bekommen.»
Um sein Ziel zu erreichen, ist Lukas Hendry momentan intensiv am Lernstoff büffeln. Nebenbei trainiert er sechsmal pro Woche für die Paralympics in Peking (siehe Kasten). Das Theologiestudium hat er sich auch noch vorgenommen. «Das alles ist manchmal schon ein bisschen happig, doch ich brauche den Sport, um wieder voll konzentriert an die Arbeit gehen zu können», sagt Hendry.