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In Gedanken in Mostar

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Heute Freitag, 23. Juli 2004, wird in Mostar, Bosnien und Herzegowina, die alt-neue Brücke «Stari Most» eingeweiht. In meinen Gedanken bin ich in Mostar:

Am 3. April 1996 sass ich im OSZE-Flugzeug von Basel nach Sarajevo. An diesem Tag hätte ich meine Tätigkeit als Kulturrat auf der Schweizerischen Botschaft in Sarajevo aufnehmen sollen. Wegen Schneestürmen konnte das Flugzeug nicht in Sarajevo landen und kehrte nach einigen Schlaufen über Sarajevo nach Split (Kroatien) zurück, wo alle Fluggäste übernachten mussten. Am nächsten Morgen fuhren der schweizerische Botschafter und ich mit dem Auto von Split nach Sarajevo. Es regnete in Strömen. Wir fuhren der einzigartigen kroatischen Küste entlang – und dann, plötzlich landeinwärts, in Richtung Mostar, in eine andere Welt. Wir sahen die ersten zerstörten Häuser, dann vollständig zerstörte Dörfer. In Mostar hielten wir an. Wir sahen ganze Häuserreihen, rechts und links der Durchgangsstrassen, Häuser mit hunderten von Einschüssen, kaum ein Haus mit einem Dach. Nur wenige Menschen waren auf den Strassen. Und die alte Brücke, die «Stari Most», wie sie die Einheimischen nennen, das Herz Mostars, war nicht mehr da. Die Steine lagen im Bett der Neretva, sagte uns traurig ein Einheimischer. Fünf Monate nach der Unterzeichnung des Dayton-Friedensabkommens sahen wir eine Folge des Krieges, des Nationalismus, der Nichtzivilisation. Ich kannte die alte, am 9. November 1993 zerstörte Brücke nur von Postkartenbildern.
Am 29. Juni 2004 fuhr ich als Tourist mit dem Auto von Dubrovnik nach Sarajevo. Die Sonne schien an der kroatischen Küste, es war ein sonniger und heisser Tag. Man hatte mir gesagt, dass am 23. Juli 2004 die alt-neue Brücke eingeweiht werden wird und dass sie älter und schöner sei. Ich wollte die alt-neue Brücke mit eigenen Augen sehen. Ich suchte die Brücke und erblickte sie von einem Restaurant unter der Brücke. Ich war überwältigt. Von der Symbolik, von der Form, von der Schönheit, von der menschlichen Kreativität, vom Augenblick, von der Rückkehr der Zivilisation. Es war Mittag. Ich nahm Platz im Restaurant. Plötzlich setzte ein Gewitterregen ein. Ich blieb sitzen und schaute auf die Brücke. Zwei Stunden lang. Man zeigte mir eine Postkarte, die in vier Bildern darstellte, wie die 1566 fertig erstellte Brücke im letzten Krieg innert weniger Minuten mit barbarischer Gewalt zerstört wurde. Man sagte mir, dass die mutmasslichen Verantwortlichen in Den Haag auf den Prozess warten.
Als die Sonne wieder zurückkehrte, spazierte ich zum Brückentor. Als die zwei Polizisten, die den Zugang zur Brücke versperrten, sich einen bosnischen Kaffee und eine Zigarette genehmigten, huschte ich durchs halbgeöffnete Tor – und spazierte über die Brücke und wieder zurück. Die ersten Eindrücke hielt ich in Bildern fest.
In Sarajevo sah ich im Centre André-Malraux, dem französischen Kulturinstitut, den neuen Film von Jean-Luc Godard, «Notre Musique». Eine Filmszene wurde in Mostar vor der Brücke im Bau gedreht: «Il faut à la fois restaurer le passé et rendre possible le futur, marier la souffrance avec la culpabilité.» Mit dem Bau der «Stari Most» ist eine weitere Brücke auf dem Weg zur Versöhnung in Südosteuropa entstanden. Für eine vertiefte und dauerhafte Versöhnung braucht es noch viele Brücken, insbesondere auch Brücken zwischen den Seelen der Menschen. Auch Kulturbrücken. Warum könnte Freiburg, die Stadt der Brücken, in näherer Zukunft nicht eine Kulturbrücke zu Mostar, der Stadt der alt-neuen Brücke, aufbauen?

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