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Ist Managed Care die Pille oder die Pest?

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Autor: Fahrettin Calislar

Es waren die Ärzte und ihre Standesorganisation FMH, welche als Erste den Widerstand gegen die Managed-Care-Vorlage formulierten. In der Folge zerstritten sich die Mediziner in der Sache. Während viele Hausärzte sich dafür aussprachen, waren viele Spezialisten dagegen, sie wären die Leidtragenden der Vorlage. Auch die Mediziner im Grossen Rat haben sich mit der Frage intensiv auseinandergesetzt.

Ralph Schmid, GLP, Lugnorre, Chirurg

Zwar müsse man etwas gegen die galoppierenden Gesundheitskosten tun, sagt Chirurg Ralph Schmid, doch diese Vorlage sei nicht der richtige Weg: «Das ist die falsche Medizin für die diagnostizierte Krankheit.» Darin vertritt der Grossrat der Grünliberalen eine andere Position als seine Partei, deren nationale Führung für die Vorlage ist.

Schmid befürchtet, dass der Netzwerkzwang für die Hausärzte auf dem Land einen zusätzlichen Stress bedeute und dass ein Anreizsystem, sich freiwillig in Netzwerken zusammenzuschliessen, diesen mehr bringen würde. Auch für die Ärzte sei die Vorlage also unsozial und deshalb falsch. Man dürfe das nicht von oben aufsetzen. «Am Schluss leidet der Patient darunter, und niemand hat wirklich Vorteile.» Zudem werde das Gesundheitswesen weiter reguliert.

Urs Affolter, SP, Muntelier, Gynäkologe

Urs Affolter befürchtet die steigende Macht der Krankenkassen. Sie können den Leistungsanbietern Auflagen machen: «Wir wissen nicht, was uns erwartet. Da habe ich grosse Bedenken.» An seiner Arbeit könne man nicht schrauben, sagt der Gynäkologe und SP-Grossrat, wohl aber an weiterführenden Massnahmen wie Röntgenbildern. Sein Fazit: «Budgetdruck ist gefährlich. Jeder Arzt, der eine therapeutische Entscheidung fällt, setzt sie gezielt ein und ist sich der Verantwortung bewusst.» Keiner würde eine Behandlung verweigern, nur weil sein Budget aufgebraucht sei. «Soll ich Patienten abweisen, weil ich sonst gratis arbeiten muss?» Es gebe zwar keine qualitative, aber eine finanzielle Zweiklassenmedizin: «Wer mehr zahlt, erhält mehr. Wer es sich leisten kann, darf Zusatzleistungen wie Komfort, Spezialmedikamente oder kürzere Wartefristen wählen.»

Man habe schon Probleme, heute auf dem Land Hausärzte zu finden, wie solle dann auf dem Land ein Netzwerk aufgebaut werden können? «Die Patienten werden gezwungen, ein Netzwerk ihrer Kasse zu besuchen, auch wenn es 30 Kilometer weit entfernt liegt.» Schliesslich würde ihm vorgeschrieben, in welchem Spital er einen Eingriff zu machen habe. Heute bestehe eine «freie Spitalwahl» für den Arzt. Sein Urteil: «Ich habe kein gutes Bauchgefühl bei der Sache.»

Michel Zadory, SVP, Estavayer-le Lac, Chirurg

In diesem Bereich reichen sich Affolter und SVP-Grossrat Michel Zadory aus der Broye über die politischen Lager hinweg die Hand. Auch Zadory kann der Vorlage nicht viel abgewinnen. Als Sparmassnahme tauge sie kaum. Im Gegenteil: Wenn der Patient Knieschmerzen oder eine Blockade am Knie habe, werde der Hausarzt diesen sowieso an den orthopädischen Chirurgen überweisen, das ist Zadorys Beruf. «Also macht der Umweg über den Hausarzt keinen Sinn.» Ausserdem müsse er vielleicht die Röntgenaufnahmen, die der Hausarzt gemacht hat, bei Bedarf wiederholen lassen. «Das sind alles Mehrkosten.» Er findet es nicht in Ordnung, dass der Gang zum Augen- oder Frauenarzt aus der Hausarztpflicht ausgenommen ist, nicht aber der Besuch bei ihm, dem Orthopäden: «Das ist nicht logisch.»

Zadory sieht zwar ein, dass es in den Städten einen Ärztetourismus gibt und Patienten manchmal von Doktor zu Doktor ziehen, um sich behandeln zu lassen. «Dort würde der Hausarzt-Zwang einen bremsenden Effekt haben. Auf dem Land aber, wo es weniger Ärzte gibt, stellt sich dieses Problem gar nicht.» Kurz: Er sehe keinen medizinischen Vorteil in der Vorlage. Und: «Zwang ist immer Freiheitsentzug, in diesem Fall für Patient und Arzt.»

Die Schweiz stimmt am 17. Juni auch über die Bausparinitiative des Hauseigent ümerverbands und über die Vorlage «Staatsverträge vors Volk» der «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» ab. Diese Themen wurden bereits bzw. werden noch auf den Schweiz-Seiten der FN vorgestellt.

Die Managed-Care-Vorlage sieht vor, dass der Patient zwingend zuerst zum Hausarzt geht.Bild key/a

Vorlage: Ziel einer «integrierten» Gesundheitsversorgung

Die aktuelle Revision des Krankenversicherungsgesetzes, «Managed Care»-Vorlage genannt, hat das Ziel, Netzwerke von Anbietern aus dem Gesundheitswesen gesetzlich zum Normalfall zu machen und sie finanziell zu bevorteilen. Die Vorlage, über welche die Bürger am 17. Juni entscheiden, sieht «integrierte Versorgungsnetze» vor, das sind Leistungsanbieter wie Ärzte, Spitäler, Heime und Apotheken, die mit den Kassen einen Vertrag haben. Darin sind Punkte wie Leistungen, Abgeltungen, Datensicherheit und die Qualitätskriterien festgelegt. Die Mediziner funktionieren dabei wie Unternehmen. Dabei ist eine «Budgetmitverantwortung» vorgesehen, die Gegenstand von Diskussionen ist.

In Zukunft soll es zwei Klassen von Versicherten geben: Jene, die sich wie bisher ihren behandelnden Arzt aussuchen, und jene, denen die Krankenkasse eine Auswahl von Ärzten vorschlägt, zum Beispiel in Form von Hausarztnetzwerken. Wer frei wählen will, bezahlt 5 Prozent mehr Selbstbehalt als jener, der sich seinen Arzt vorschreiben lässt: 15 statt 10 Prozent. Heute tragen alle Versicherten 10 Prozent der Krankheitskosten bis zu einem maximalen Selbstbehalt von 700 Franken pro Jahr, unabhängig von der gewählten Franchise. Auch beim Selbstbehalt gibt es eine Unterscheidung: Wer an der Wahlfreiheit festhält, bezahlt bis 1000 Franken Selbstbehalt, wer sich einem Hausarztmodell anschliesst, muss schon ab 500 Franken keinen Selbstbehalt mehr zahlen.

Die Krankenkassen haben die Möglichkeit, «integriert» Versicherten die Prämien zu senken und den Selbstbehalt zu reduzieren. Im Gegenzug verpflichten sich die Versicherten, den Vertragsarzt aufzusuchen, um sich von diesem behandeln oder weiterweisen zu lassen. Vorgesehen ist auch, dass der Mediziner zusätzliche Leistungen über die obligatorische Krankenversicherungen laufen lassen kann, welche dort nicht explizit aufgeführt sind.

Der Bundesrat entscheidet

Während der Übergangszeit bis zur Schaffung der Netzwerke gilt die alte Regelung, maximal während drei Jahren. Das letzte Wort hat in dieser Frage der Bundesrat. Ein weiterer Sonderfall der KVG-Revision ist die Befreiung von Kosten wegen Komplikationen nach einer Geburt. Bis anhin wurden diese wie eine «normale» Krankheit behandelt. Schliesslich wird der Finanzausgleich unter den Kassen verfeinert. Wer mehr «gute Risiken» – also junge und gesunde Mitglieder – hat, bezahlt mehr in den Topf. Aus diesem werden Kassen mit vielen kranken und älteren Personen querfinanziert.

Das Ziel der Revision ist gemäss dem Bundesrat, die Qualität der medizinischen Behandlung und Versorgung zu verbessern und gleichzeitig unnötige Kosten zu vermeiden. Es ist die erste wichtige Abstimmungsschlacht, die der Freiburger Alain Berset in seiner Funktion als Innenminister schlägt. Als Ständerat bekämpfte er die Vorlage noch, als Bundesrat habe er sich mit der Vorlage befasst und sei zum Schluss gekommen, dass sie in dieser Form gut und nötig sei, gab er den Medien zu Protokoll.fca

Verwirrende Positionen: Die Politiker sagen «Ja», «Jein» und «Nein»

Mit 133 zu 46 Stimmen hat der Nationalrat, mit 28 zu 6 der Ständerat die «Managed Care»-Vorlage angenommen. Das war letzten Herbst. Doch seither und seit Einreichung des Referendums diesen Januar ist die Ausgangslage so unklar wie selten zuvor bei einer Vorlage. Zustimmung und Ablehnung ziehen sich durch die politischen Lager.

Befürworter: FDP und CVP

Die FDP Freiburg äussert sich erst nächsten Donnerstag anlässlich ihrer Delegiertenversammlung zur Frage, ob sie die Vorlage unterstützt. Als Fürsprecher tritt der Tessiner FDP-Nationalrat und Arzt Ignazio Cassis auf, der wegen der Uneinigkeit in der Frage das Vizepräsidium der Ärztevereinigung FMH verlassen hatte. Die anderen Vorlagen werden von Freiburger FDP-Mitgliedern vertreten.

In der Versammlung der Freiburger CVP gab es kritische Stimmen. Ein Viertel der Delegierten sprach sich gegen die Vorlage aus oder enthielt sich der Stimme. Vertreten wurde die Vorlage von CVP-Nationalrätin Christine Bulliard aus Überstorf. Sie sieht in der Vorlage unter anderem auch den Vorteil, dass der Hausarztberuf gestärkt werde. Der vorgegebene «Gang» zum Hausarzt vermeide Mehrfachbehandlungen, der Patient müsse auch nicht zwingend zum Arzt gehen, es sei bei Bedarf auch eine kurze telefonische Konsultation möglich. Die «integrierte» Gesundheitsversorgung vermeide durch die intensive Begleitung durch den Hausarzt über die ganze Behandlungskette erst recht die Zweiklassenmedizin, argumentiert Bulliard.

Die Abweichenden

Im Gegensatz zu seiner Partei gehört SP-Gesundheitspolitiker und Freiburger Nationalrat Jean-François Steiert zu den Anhängern der Vorlage. Als Verbandsvertreter der Patienten und Versicherten sieht er mehr Vor- als Nachteile. «Integrierten» Modellen gehöre die Zukunft, «die Frage ist nicht, ob sie sich weiterentwickeln, sondern wie und in wessen Interesse». Anders als die Gegner sieht er keineswegs nur die Krankenkassen und Investoren bevorteilt. Gerade in der Westschweiz, in der Gesundheitsnetzwerke bisher fehlten, würden solche gefördert und dies erhöhe die Wahlmöglichkeit. Schliesslich schwäche der Risikoausgleich auch den Wettbewerb unter den Kassen.

Die Gegner: SP und SVP

Die Gegnerschaft rekrutiert sich in Freiburg unter den linken Parteien und Gewerkschaften (die FN berichteten). Der Grund für das Referendum war die Angst vor der Benachteiligung chronisch kranker Menschen und vor einer rationierten Zweiklassenmedizin sowie die Kritik an den zusätzlichen Kosten der freien Spital- und Arztwahl. Das Referendum wurde mit 132000 Unterschriften eingereicht, 3500 stammten aus dem Kanton Freiburg. Die meisten Kantonalsektionen der SVP lehnen die Vorlage wie auch die nationale Partei ab, so auch die SVP Freiburg. Auch einige FDP-Kantonalparteien sind dagegen.fca

«Das ist die falsche Medizin für die diagnostizierte Krankheit.»

Autor: Ralph Alexander Schmid

Autor: Chirurg, Grossrat GLP, Lugnorre

«Zwang ist immer Freiheitsentzug.»

Autor: Michel Zadory

Autor: Chirurg, Grossrat SVP, Estavayer-le-Lac

«Ich habe kein gutes Bauchgefühl bei der Sache.»

Urs Affolter

Autor: Gynäkologe, Grossrat SP, Muntelier

Zwang ist immer Freiheitsentzug.

Michel Zadory

Autor: Arzt, Grossrat SVP, Estavayer-le-Lac

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