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«Jedes Attentat bringt uns Kummer und Leid»

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«Jedes Attentat bringt uns Kummer und Leid»

Ein Gespräch mit Hiam Marzouqa, Ärztin am «Caritas Baby Hospital» in Bethlehem/Palästina

Seit zwei Jahren erhebt sich hinter dem «Caritas Baby Hospital» in Bethlehem eine riesige Mauer. Damit zu leben macht der 43-jährigen Ärztin und Leiterin des Spitals Hiam Marzouqa grosse Mühe: Ein Gespräch über den Alltag in Palästina.

Von IRMGARD LEHMANN*

Hiam Marzouqa ist Plästinenserin und ist mit sechs Geschwistern in der Region Bethlehem aufgewachsen. Ihr Vater war Lehrer. Hiam besuchte in Bet Jala/Bethlehem eine deutschsprachige Schule. Die zwei besten Schülerinnen ihrer Gymnasialklasse konnten im Ausland studieren. Eine davon war Hiam. Dank des Stipendiums eines Deutschen Missionswerkes konnte sie in Berlin das Medizinstudium aufnehmen.

Die 42-jährige Kinderärztin ist mit einem Universitätsprofessor verheiratet, wohnt in Bethlehem und ist Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern.

Die Mauer, die gleich beim Kinderspital vorbeiführt, muss man tatsächlich mit eigenen Augen gesehen haben, um sich des gewaltigen Ausmasses bewusst zu werden. Hiam Marzouqa, wie leben Sie damit?

Wir haben die Mauer jeden Tag vor Augen und sie macht uns jeden Tag klar, dass wir in Bethlehem eingeschlossen sind.

Seit die Mauer da ist, können wir nicht mehr entspannt leben. Die Hoffnung auf bessere Zeiten wurde damit zerschlagen. Unsere Landsleute, die Palästinenser, haben keine Arbeit mehr. Die Grenze ist für Palästinenser nur mit Sondergenehmigung passierbar. Das heisst, dass ein Durchkommen kaum mehr möglich ist. Die Mauer sorgt nicht für Frieden.

Und wie kommen Sie persönlich damit zurecht?

Ja, die Lebensfreude ist einem abhanden gekommen. Einzig die Kinder vermögen einen noch aufzuheitern. Noch kann ich mich an ihrem Lachen freuen. Aber sonst . . .

Die Situation ist deprimierend. Wenn ich in Europa an einem Kongress teilnehmen will, muss ich nach Ammann reisen, obwohl Tel Aviv so nahe ist. Für uns Palästinenser gibt es an den Check Points (Übergänge) praktisch kein Durchkommen mehr. Für eine Bewilligung muss ein schwer wiegender Grund vorliegen – wie etwa eine lebensbedrohende Herzkrankheit. Habe ich in einer Notsituation übrigens auch schon angegeben. Israelische Kolleginnen und Kollegen sind uns aber gut gesinnt. Via Telefon haben sie uns schon manch guten Ratschlag gegeben, wenn wir mit der Behandlung von kranken Kindern nicht mehr weiter wussten.

Und wie sieht der Alltag aus?

Was uns im Alltag zu schaffen macht, ist die Wasserknappheit. Da die Israeli die Zufuhr regeln, sind wir hier vollständig von ihnen abhängig. Da die Leitungen meist nur zwei Mal in der Woche offen sind, müssen wir das Wasser in Zisternen auffangen (In Palästina sind die Hausdächer mit Zisternen voll belegt).
Etwas anderes sind die Reaktionen von extremen Palästinensern. Wir ärgern uns über jedes Attentat, denn es bringt uns nur Kummer und Leid. Müssen wir doch immer wieder mit Sanktionen rechnen.

Durch die politische Situation sind viele Kinder traumatisiert.

In der Universitätsstadt Bethlehem gilt das Kinderspital als der zweitgrösste Arbeitgeber. Ein begehrter Arbeitsplatz?

So ist es. Der Verdienst hier ist überdurchschnittlich gut. An den öffentlichen Spitälern Palästinas verdient ein Arzt rund 300 Euro – hier aber sind es 800 Euro pro Monat. Auch das Pflegepersonal ist besser bezahlt als anderswo.

Das Spital wird von Spenden getragen. Reichen diese immer aus?

Bis jetzt schon. Allerdings haben wir die Flut in Asien zu spüren bekommen. Das Geld ging in dieser Zeit vorab an die Opfer des Tsunami.

Wird das Spital denn nicht ausgenutzt, wenn alles gratis ist?

So ist es nicht. Die Eltern werden gebeten, einen Anteil zu bezahlen. Doch bei der Armut ist das nicht immer möglich. Wenn ein Kind operiert werden muss, geht das immer zu Lasten des Spitals.

Die Leute hier haben wohl eine Krankenversicherung, doch diese gilt nur für die staatlichen Krankenhäuser und die sind nun einmal schlecht.

Die meisten Kinder leiden aufgrund von Mangelernährung und der schlechten hygienischen Verhältnisse unter typischen Armutskrankheiten wie Durchfall und Atemwegsinfektionen. Gerade in der Weihnachtszeit sind Unterkühlungen keine Seltenheit. Am Bett der kranken Kinder zeigt sich die grosse Politik.

Wer kommt zu Ihnen?

Vor allem junge Mütter. Viele sind unter 18 Jahre alt. Ist doch Familienplanung unter den Moslems ein Tabu.

*FN-Redaktorin Irmgard Lehmann hat im Rahmen einer privaten Reise nach Israel/
Palästina das Kinderspital in Bethlehem besucht und die Ärztin Hiam Marzouqu getroffen.
Schweizer hat es gegründet

Vor rund 50 Jahren hat der Schweizer Pater Ernst Schnydrig in Bethlehem gesehen, wie ein verzweifelter Vater sein totes Kind im Morast begräbt. Dies gab ihm den Anstoss das «Kinderspital Bethlehem» zu gründen: Hiefür wird seit Jahren in der Weihnachtsmesse die Kollekte aufgenommen.

Es war im Jahre 1952, an Heiligabend in Bethlehem: Pater Ernst Schnydrig, der Sohn eines Walliser Bauern, ist auf dem Weg zur Geburtskirche. Da sieht er, wie ein verzweifelter Vater sein totes Kind in der Nähe eines palästinensischen Flüchtlingslagers im Morast begräbt.

Schnydrig war tief erschüttert und handelte sofort. Er mietete ein Haus, stellte 14 Betten hinein und nannte das Haus «Caritas Baby Hospital». Nie wieder sollte einem Kind am Geburtsort Jesu medizinische Hilfe verwehrt bleiben. In der Schweiz gründete Schnydrig dann die «Kinderhilfe Bethlehem» als unabhängigen Verein, um die Arbeit in Bethlehem finanziell zu sichern.

Auch heute noch – 53 Jahre später – ist das «Caritas Baby Hospital» das einzige auf Kleinkinder spezialisierte Spital im Westjordanland und im Gaza-Streifen. In Palästina leben eine halbe Million Kinder, die jünger als vier Jahre sind.

Krankenschwesternschule –
Mütterschule – Sozialstation

Das anfängliche Provisorium entwickelte sich zu einem modernen Kinderkrankenhaus. 1978 wurde ein Neubau mit 82 Betten, einer Isolier- und einer Neugeborenen-Station eingeweiht. Pater Schnydrig blieb es jedoch verwehrt, diesen Festtag mitzuerleben. Er starb wenige Tage vorher. Später wurden dem Spital ein Ambulatorium, eine Krankenschwesternschule, eine Mütterschule und eine Sozialstation angegliedert.

Das «Caritas Baby Hospital» ist ein Zeichen christlicher Präsenz im Heiligen Land. Die Familien wissen, dass niemand abgewiesen wird. Das Haus steht besonders Bedürftigen offen, die sonst keine medizinische Hilfe finden. «Gerade an diesem symbolträchtigen Ort, an dem ein Kind einst keine Herberge fand, sollen die Kinder des heutigen Bethlehems eine offene Tür finden», schreibt die Kinderhilfe Bethlehem.

Das Spital wird von Spenden (Geld und Medikamente) aus der Schweiz, Österreich, Italien und Deutschland getragen. il

Infos und Spenden: «Kinderhilfe Bethlehem» Wesemlinstrasse 2, 6000 Luzern. Tel.041 420 57 88; PK 60-20004-7; kinder

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