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Kein Fall «Carlos» im Kanton Freiburg

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Es brodelt unter den Jugendstrafrechtlern in der ganzen Schweiz. Der Fall «Carlos» um einen jugendlichen Zürcher Delinquenten, der mit fragwürdigen und teuren Therapiemassnahmen auf den rechten Weg gebracht werden soll, schlägt hohe Wellen.

«Zum Fall ‹Carlos› werden keine Fragen beantwortet», stellte der Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Jugendstrafrechtspflege, Marcel Riesen-Kupper, gestern an einer Pressekonferenz zum Auftakt der Jahrestagung in Freiburg klar. «Wir sprechen am Rande der Tagung sicher auch über das, was in Zürich passiert ist», sagte aber Sandrine Boillat Zaugg, Präsidentin des Jugendgerichts Freiburg. So war zu vernehmen, dass unter dem Eindruck des Falls «Carlos» von den Tagungsteilnehmern Zahlen über Massnahmenprogramme aus ihren jeweiligen Kantonen verlangt wurden.

«Wir ordnen auch in Freiburg Unterbringungsmassnahmen an», so Boillat Zaugg. «Aber es gab bei uns sicher keine solche Extremmassnahme wie in Zürich.» Es existierten keine vorgefertigten Massnahmen, sondern man müsse von Fall zu Fall Lösungen in Zusammenarbeit mit offenen und geschlossenen Anstalten ausarbeiten, so die Jugendgerichtspräsidentin.

«Schwierig, sinnvoll, teuer»

Arthur Lehmann, Präsident des Freiburger Jugendgerichts, lieferte Zahlen zu Massnahmen, die in Freiburg bis zum jetzigen Zeitpunkt des Jahres laufen: Sechs Jugendliche sind unter Beobachtung gestellt, 18 sind vorsorglich in eine offene oder halb offene Anstalt eingewiesen, zehn sind nach einem Urteil definitiv in einer Anstalt untergebracht. «Diese 34 von 1230 Fällen stellen eine Minderheit dar, aber sie kosten mehr als die Norm», so Lehmann. «Die Massnahmen für diese Jugendliche kosten: Eine Tagespauschale reicht von 400 bis 900 Franken.»

Sandrine Boillat Zaugg ergänzt, dass es Jugendliche gibt, die vielleicht nur ganz leicht delinquent werden, aber mit grossen Familienproblemen konfrontiert sind. Solche Jugendliche werden oft zivil gecoacht, und da entstehen durch Therapien ähnlich Kosten. Arthur Lehmann fasste zusammen: «Das Jugendstrafrecht will junge Täter wieder auf den rechten Weg bringen. Die Erziehung steht im Vordergrund, nicht die Strafe. Das ist schwierig, sinnvoll und teuer.»

 Die beiden Präsidenten des Freiburger Jugendgerichts zogen an der Pressekonferenz ebenfalls eine Bilanz, wie die neue Jugendstrafprozessordnung sich im Kanton Freiburg ausgewirkt hat. Boillat Zaugg sagte, dass man mit der Neuregelung viel vor Formalitäten gemahnt hatte. Die Regeln der Prozedur seien wohl anspruchsvoller als vorher. Beispielsweise durch den «Anwalt der ersten Stunde» herrsche mehr Kommunikationsbedarf als früher. «Deswegen findet aber nicht weniger Wahrheitsfindung statt», so die Gerichtspräsidentin. Die Verfahren seien jedenfalls nicht verlangsamt worden, befindet sie.

Ebenfalls wurde die Befürchtung geäussert, dass durch die Strafbefehle die Justiz verschriftlicht und anonymisiert werde, sagte sie: «Es ist wichtig, dass die Jugendlichen ihre Richter sehen. Ich glaube nicht, dass dies weniger der Fall ist als vorher.»

Kritisch äusserte sich Arthur Lehmann gegenüber den Freiburger Nachrichten darüber, dass die neue Jugendstrafprozessordnung in Freiburg wie auch in den anderen Westschweizer Kantonen die Gewaltentrennung zwischen Instruktion, Urteil und Vollzug nicht eingeführt hat. Freiburg beharrt auf dem Jugendrichtermodell. Beim Erwachsenenstrafrecht habe ein Bundesgerichtsurteil die Gewaltentrennung verlangt, im Jugendstrafrecht ist das aber noch nicht der Fall.

Das Programm

200 Fachleute drei Tage in Freiburg

200 Teilnehmer aus der ganzen Schweiz nehmen an der Jahrestagung der Schweizerischen Jugendstrafrechtspflege teil, welche von gestern bis morgen Freitag in Räumlichkeiten der Universität Freiburg stattfindet. Dabei handelt es sich um Jugendrichter, Jugendanwälte, Staatsanwälte, Polizisten, Erzieher, Therapeuten, Ärzte, Heimdirektoren oder Mediatoren. Anlässlich der Tagung wird erstmals Bilanz gezogen über die Jugendstrafprozessordnung, die am 2011 eingeführt wurde. Während der erste Tag von Referenten wie dem Präsidenten des Kinderrechtsausschusses, Jean Zermatten, bestritten wurde, stehen heute Workshops auf dem Programm. Morgen folgt ein Blick ins europäische Umfeld. Aus Freiburg sprechen Justizdirektor Erwin Jutzet, Syndic Pierre-Alain Clément und Staatsanwalt Fabien Gasser.uh

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