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«Kinder ohne Rast und Ruh»

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«Kinder ohne Rast und Ruh»

Ein Wissenschaftliches Café befasst sich am Donnerstag mit dem Thema Hyperaktivität

Ritalin: Wundermittel gegen Hyperaktivität oder ein einfacher Weg, lebhafte Kinder ruhig zu stellen? Diese Debatte nimmt das Wissenschaftliche Café vom kommenden Donnerstag auf.

Von CAROLE SCHNEUWLY

Mit dem verkürzten Titel «Ritalin und Hyperaktivität», den die Organisatoren dem Wissenschaftlichen Café gegeben haben, ist Kinderpsychiater Patrick Haemmerle, einer der Teilnehmer des Cafés, nicht ganz glücklich. Der Leiter des kinder- und jugendpsychiatrischen Dienstes des Kantons Freiburg beschäftigt sich seit langem mit dem so genannten kindlichen Psycho-Organischen Syndrom (POS). «Die vereinfachte Verbindung zwischen Ritalin und Hyperaktivität wollen wir Kinderpsychiater eben gerade nicht», so Haemmerle. «Es geht hier schliesslich um Kinder und darum, wie ihre Umgebung auf sie reagiert.»

Möglicherweise liege gerade hier ein Grund dafür, dass die kindliche Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung in den letzten Jahren vermehrt zum öffentlichen Thema geworden sei. «Es scheint, als sei die Gesellschaft heute weniger tolerant gegenüber lebhaften Kindern.» Solche «Kinder ohne Rast und Ruh» seien nicht unbedingt pathologische Fälle. «Hyperaktivität ist eine Verhaltensweise, keine Krankheit.»

Genetische Veranlagung

Für Kinderpsychiater sei es deshalb umso wichtiger, bei jedem untersuchten Kind den differenzialdiagnostischen Raster anzuwenden: Es müsse jedes Mal die ganze Palette möglicher Ursachen für aufmerksamkeitsgestörtes und hyperaktives Verhalten durchgespielt werden. Solche Ursachen können etwa sein: Depression, gestörte familiäre Beziehungen, Misshandlungs- oder Missbrauchserfahrungen, eine organische Störung oder eine geistige Behinderung.

Auch wenn heute vermehrt von Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) gesprochen wird, hält Patrick Haemmerle die Bezeichnung Psycho-Organisches Syndrom für treffend, weil darin sowohl der psychologische als auch der organische Bereich angesprochen werden. Psycho-soziale und biologisch-medizinische Faktoren stünden nicht im Ge-
gensatz, sondern in einer Wechselbeziehung zueinander. Die Veranlagung zum POS sei nach heutigem Wissensstand wahrscheinlich genetisch bedingt; die Ausprägung des Syndroms könne sehr unterschiedlich sein.
Dementsprechend unterschiedlich sei auch die Behandlung der einzelnen Patientinnen und Patienten. Die Frage sei nicht pro oder contra Ritalin, sondern welche Therapieform einem bestimmten Kind zu einem bestimmten Zeitpunkt am meisten nütze. Nebst der medikamentösen Form komme zum Beispiel eine Psychotherapie (Verhaltens-, Spiel- oder Gruppentherapie) in Frage, die Begleitung der Eltern, Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen, die Strukturierung des Lebensalltags oder auch eine homöopathische Therapie.

Wissenschaftliches Café zum Thema «Ritalin und Hyperaktivität»: Do., den 17. Februar, von 18 bis 19.30 Uhr im Restaurant Central, Freiburg. Ausser Patrick Haemmerle nehmen teil: Armand Eichenberger, Arzt, Pascale Pillet, Schulkrankenschwester, und Sophie Le Garrec vom Departement für Sozialarbeit und Sozialpolitik der Uni Freiburg.
Ritalin ist seit 1944 bekannt

Ritalin ist keineswegs eine neue Erfindung: Schon 1944 hat Leandro Panizzon, ein Chemiker der ehemaligen Ciba, Methylphenidat, das spätere Ritalin, synthetisiert. Der Markenname Ritalin ist übrigens eine Abwandlung des Vornamens von Panizzons Frau Marguerite, genannt Rita. Sie soll die «anregende und muntermachende Wirkung» von Ritalin vor allem vor Tennisspielen genutzt haben.

Seit etwa 25 Jahren wird das Medikament bei der Behandlung von Kindern mit Konzentrationsstörungen und hyperaktivem Verhalten eingesetzt. Zur Anwendung kommt es daneben auch bei Narkolepsiepatienten (Schlafanfälle).
Auch wenn Patrick Haemmerle seinen kleinen Patienten gegebenenfalls Ritalin verschreibt, macht ihm eine «Entwickung à l’américaine» Angst: In den USA soll heute bereits jedes vierte Kind unter Ritalin stehen. «Bei solchen Zahlen ist das Problem sicher nicht mehr ein medizinisches», so Haemmerle. «Aber eine Pillenschachtel aus der Schublade zu holen braucht eben weniger Zeit als eine Psychotherapie.» cs
Therapie mit Neurofeedback

Es gibt neben der medikamentösen Behandlung von Aufmerksamkeitsstörung mit/ohne Hyperaktivität (ADHS) auch nicht-medikamentöse Therapien. Das Neurofeedback ist eine davon.

Die Kinder- und Jugendpsychologin Renate Kleinsmiede-Artz vergleicht Ritalin mit einer Lesebrille: «Ich sehe scharf, solange ich sie trage. Wenn ich sie weglege, so sehe ich wieder verschwommen.» Sie anerkennt, dass eine Behandlung mit dem Medikament den Familien und dem Umfeld zwischenzeitlich und als Krisenintervention kurzfristig Entlastung und Ruhe verschafft. Doch langfristig erachtet sie Verfahren wie Neurofeedback als nachhaltiger. Um ADHS-betroffenen Kindern zu helfen, arbeitet die Psychologin in ihrer Praxis unter anderem mit Neurofeedback. Diese Therapie kann als eine zielgerichtete Lernmethode für das Gehirn angesehen werden, bei dem ADHS-spezifische, physiologische Abweichungen verbessert werden, indem dem Kind beigebracht wird, die Aufmerksamkeit zu steigern und gleichzeitig körperlich ruhig zu bleiben. Elektroden messen Hirnströme von körperlichen Prozessen und melden diese über einen Bildschirm zurück. Das Hirn lernt allein durch die Rückmeldung, welche auf dem Bildschirm sichtbar gemacht wird. Das Programm analysiert dabei die Hirnwellen und steuert zum Beispiel ein kleines Spiel. Ist das Kind konzentriert, so läuft das Spiel. Lässt die Konzentration nach, so gerät das Spiel ins Stocken. Renate Kleinsmiede-Artz betont, dass bei dieser Therapie keine elektrischen Ströme in das Gehirn geleitet werden.

Neurofeedback ist kein Wunder- und auch kein Allheilmittel, sondern eine Lernmethode, wie etwa das Erlernen einer Sprache, eines Musikinstrumentes oder einer Sportart. Wie bei jedem Lernen hängt der Erfolg zentral von der Motivation ab.

Wie lange dauert eine Therapie
mit Neurofeedback?

Das Training mit Neurofeedback kann verglichen werden mit z. B. dem Erlernen des Schuhbindens. Man braucht eine gewisse Zeit, aber einmal gelernt, wird es nicht mehr vergessen.

Neurofeedback ist ein Training, bei dem Fortschritte mit der Zeit erzielt werden. Durchschnittlich muss man mit 20-40 einstündigen Sitzungen rechnen. Danach bleiben die gelernten Verbesserungen in der Regel stabil. Lediglich ein kleiner Prozentsatz braucht zu einem späteren Zeitpunkt eine Auffrischung. jlb

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