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Kolumne: Von Passatwinden und Unterwasserwelten

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Seit dreissig Jahren komme ich auf die Insel. Die letzten drei Wochen hatte der starke Wind kein Ende. Lanzarote ist Wind, Lanzarote ist hart im Geben. Vor allem im Norden, wo ich fern vom Badetourismus gern lebe, kann es starke Nord-Ost-Passatwinde geben.

Man wird gestossen, zurückgeworfen, stolpert über Böen, die Kleider flattern wie Segel am Körper, hohe Palmen sind fliegende Bündel, der Wind kappt Atem und Stimme, gar starre Kakteen zittern.

Turmhohe Wellen donnern an Mauern, an welchen ich sonst stehe und aufs Meer schaue, seinem ruhigen Aus- und Einatmen in Wellen zusehe. Jetzt tost und klatscht es in den Ohren, absichtslos die Geräusche. Das ist kein Lärm, ich höre den Planeten, ich höre das Universum in tausend Chören, je länger ich stehe… Oder ist da jemand wütend?

Es stellt sich das Oben-Unten-Empfinden ein: oben das Universum, der Himmel, unten das Universum, das Wasser. Freude und Panik. Sichtbares und Unsichtbares. Ich an der Schneide stehe dazwischen, kleiner Mensch.

Was ich gerne tue, ist diesmal nicht gut möglich. Auf Vulkane steigen, über Hügel gehen und von oben auf die Erde schauen. So bleibe ich diesmal näher am Meer und möchte vieles über dieses ozeanische Universum wissen. Was tut sich alles in dieser Unterwelt? In welchen Landschaften leben die Wesen dort?

Aus siebzig Prozent Wasser besteht der Planet, wie ich selber auch, und ich habe nur eine kleine Ahnung von diesen Zuständen. In meiner Lektüre gibts zum Glück einiges zum Lesen. Mindestens die Welt der Wissenschaft und der Legenden lassen mich ahnen, wovon wir gewöhnlich Sterbliche eben keine Ahnung haben.

Wie mag das tönen in den Untiefen, wo Millionen Lebewesen sich aufhalten? Unsere Ohren vermögen es nicht zu hören. Meeresbewohner kommunizieren auf unglaubliche Art und Weise stets miteinander. Nichts da vom stummen Fisch, beispielsweise!

Es sei ein Reden, ein Singen, ein Fragen, Warnen, Angreifen, Helfen, Kämpfen, mit Fühlern und Körperteilen musizieren, Charakter zeigen, ein sich Erkennen, ein Fressen und Gefressen werden… Eine riesengrosse, uns verborgene Akustik herrscht in diesem unterseeischen Universum. Wie sich beispielsweise Fischschwärme organisieren, sich mit Gesten und kurzen Blicken oder anhand von Körperflecken verständigen und erkennen, sich ohne die geringsten Zusammenstösse wie ein einziges Wesen bewegen, finde ich grossartig. Dabei ist die Dichte der Schwärme viermal grösser als diejenige von Menschen in einer U-Bahn zur Hauptverkehrszeit. In perfekter Synchronisation schwimmen unter vielen anderen die Sardinen. Andere Schwärme geben auch Tonsignale.

Kurz vor dem Zusammenbruch der UdSSR war in der schwedischen Marine Panik ausgebrochen, als die Sonargeräte der Deckoffiziere ein unbekanntes und unerklärliches Tonsignal aufnahmen und nicht analysieren konnten. Ich lese diese Ereignisse nach und kann mich daran erinnern. Die Schweden waren sich sicher, es mit einem Feind zu tun zu haben. Das Tonsignal trat im selben Frequenzbereich auf wie das Geräusch von Schiffsrotoren. Die «goldenen Ohren» der schwedischen Marine befürchteten damals ein russisches U-Boot, das sich in baltischen Gewässern bewegte. Man schickte Leute, später auch U-Boote zur Erkundung und Kontaktnahme aus.

Alles war vergebens. Die Tonsignale wurden zwar weiterhin von verschiedenen Einheiten, sogar von Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen, erkannt und aufgenommen, man konnte jedoch keine Urheber, geschweige denn eine Kontaktaufnahme finden. Alle Einheiten berichteten auch von aufsteigenden Luftblasen an die Wasseroberfläche, überall dort, wo sie das Signal empfingen. Der schwedische Premierminister schrieb an Boris Jelzin und warf ihm vor, die Bewegungen seiner U-Boot-Flotte nicht unter Kontrolle zu haben. Schweden stand an der Schwelle eines diplomatischen Zwischenfalls mit der ehemaligen UdSSR, die bestritt, durch baltische Gewässer zu fahren.

Wann immer die Geräusche und Blasen in den folgenden Jahren erneut auftauchten, verbreiteten sie Panik und Wut, bis man die unter Geheimhaltungspflicht stehenden Signale von Bioakustikern prüfen liess. Und die Wissenschaftler konnten den Feind tatsächlich ausfindig machen. Kein U-Boot, sondern ein Heringsschwarm. Diese Verwandten der Sardinen leben auch in Schwärmen. Wenn sich die Heringe abends treffen, senden sie rhythmische Schallimpulse, indem sie Gas ausstossen aus ihrem Schwimmblasensystem. Die Blasenvorhänge, die dabei entstehen, sorgen dafür, dass die Fische nachts zusammenbleiben.

Ich stelle mir Fischsignale und im Abendschimmer aufsteigende Luftperlen vor, die in falschen Vermutungen doch beinahe einen Krieg ausgelöst hätten in Nordeuropa.

Die Passatwinde werden weiter blasen. Unser Wissen grösser werden.

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