Als Kind war mein Lieblingsspielzeug Kugelbahnen, genauer gesagt in verschiedensten Variationen zusammensteckbare Murmelbahnen. Täglich bastelte ich eine neue Bahn. Danach gab ich den Murmeln Namen bekannter Skirennfahrer, stoppte jeweils mit einer Stoppuhr ihre benötigte Zeit für einen Durchgang und erstellte entsprechende Ranglisten.
Ungefähr 25 Jahre später besuche ich regelmässig mit unserer zweieinhalbjährigen Tochter den Gurten, den sogenannten Berner Hausberg (in Wahrheit ein Hügel, wo die Migros mit Familien gutes Geld verdient). Zu Fuss oder mit der Bahn oben angekommen, stürmt die junge Dame zuallererst an der Kleineisenbahn und dem Spielplatz vorbei zur Kugelbahn. Die Kugelbahn sieht aus wie eine Tinguely-Maschine. Dabei müssen Kunststoffkugeln, ungefähr in der Grösse von Pétanque-Kugeln, durch Hebeln, Drehen, Kurbeln und Rütteln via verschiedenster Hindernisse und Mechanismen durch den Parcours geschleust werden. Ich gebe es ja zu, das macht nicht nur Klein, sondern auch Gross enorm Spass.
Neulich in den Ferien in Ascona ging es um die Gestaltung des Tagesprogramms. Dank meinen unzähligen Trainingslagern im Centro Sportivo in Tenero kenne ich die Magadinoebene und das Valle Maggia bestens. Weniger interessant, da zu steil und steinig, war damals das Valle Verzasca. Also informierte ich mich ein wenig über dieses Tal, das definitiv mehr zu bieten hat als nur eine eindrückliche Staumauer, die als Schauplatz für den legendären Bungee-Jump von James Bond im Film «Golden Eye» diente. Auf zwei Wanderungen von je rund fünf Kilometern dem Fluss Verzasca entlang hat es bei insgesamt 23 Stationen ausgeklügelte Kugelbahnen aus Holz. Die dazu benötigten Kugeln aus lokal gefertigtem Kastanienholz können an verschiedensten Verkaufsstellen im Tal für neun Franken bezogen werden. Das Ganze nennt sich Boccia al Bosco (oder kurz Bobosco) und verleiht diesen relativ einfachen Wanderungen in wunderschöner Natur einen zusätzlichen Spassfaktor.
Es wäre ein bisschen übertrieben, Kugelbahnen als roten Faden meines Lebens zu bezeichnen. Trotzdem bin ich gespannt, welcher Kugelbahn ich als Nächstes über den Weg laufe.
Der Heitenrieder Läufer und ausgebildete Betriebsökonom Andreas Kempf arbeitet im HR bei Climeworks. Der ehemalige Schweizer Meister über die 5000 m hat 2016 an der Leichtathletik-EM mit der Schweiz Team-Gold im Halbmarathon gewonnen und hält die Freiburger Rekorde über die Halbmarathon- sowie Marathondistanz.
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