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Künstlerin mit Mut, Kraft und Humor

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Sie gehört zu den schillerndsten Künstlern des 20. Jahrhunderts, zählte als einzige Frau zu den Nouveaux Réalistes und ist vor allem mit ihren bunten, oft überdimensionalen «Nana»-Figuren und dem Tarot-Garten in der Toskana einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Dennoch habe man Niki de Saint Phalle als Künstlerin lange unterschätzt, sagt Catherine Francblin. Die französische Kunsthistorikerin hat soeben die aufwendig recherchierte Biografie «Niki de Saint Phalle–la révolte à l’oeuvre» veröffentlicht.

Es ist die erste grosse Biografie über die Künstlerin überhaupt–erschienen mehr als elf Jahre nach ihrem Tod. Es sei, so Catherine Francblin, als habe sich nie jemand richtig zuständig gefühlt für Niki de Saint Phalle: «In ihrer französischen Heimat galt sie als Amerikanerin, weil sie in den USA aufgewachsen war und ihre letzten Lebensjahre in Kalifornien verbrachte. In den USA sah man sie immer als Französin. Und in der Schweiz, wo sie nach der Heirat mit Jean Tinguely 1971 eingebürgert wurde, war sie in erster Linie die Frau an Tinguelys Seite.»

Um die Lücke zu schliessen, hat sich Catherine Francblin drei Jahre Zeit genommen. Im Laufe ihrer Recherchen ist sie auch nach Freiburg gekommen, wo sie den Fonds Rico Weber des Museums für Kunst und Geschichte durchforstet hat. Die Hinterlassenschaft des langjährigen Assistenten und Freundes von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely habe viel dazu beigetragen, ihr Bild von Niki zu vervollständigen, so Francblin. Auch deshalb hat sie das Buch vergangene Woche im Espace Jean Tinguely–Niki de Saint Phalle in Freiburg persönlich vorgestellt. Am Rande der Veranstaltung hat sie sich Zeit für ein Gespräch mit den FN genommen.

 

 Catherine Francblin, in Ihrer Biografie über Niki de Saint Phalle spürt man eine tiefe Sympathie und Verbundenheit mit der Künstlerin. Was zieht Sie an ihr so an?

Ich habe sie persönlich nicht gekannt, habe sie nur einmal kurz bei einer Vernissage getroffen. In den Neunzigerjahren habe ich ein Buch über die Nouveaux Réalistes geschrieben. Niki de Saint Phalle hat darin nur eine kleine Rolle gespielt, aber sie hat mich schon damals interessiert. Ich sah sie als sympathische und humorvolle Frau, aber auch als eine mutige Künstlerin von einem Format, das es nur selten gibt. Mich faszinieren ihre sehr direkte Art, in der sie sich selber und die Frauen inszeniert, die jugendliche Frische in ihrer Arbeit und die Freude, die aus ihren Werken spricht, auch wenn es ihr selber gesundheitlich oft nicht gut ging.

 

 Das Projekt einer Biografie ergab sich also fast von selbst?

Zuerst wollte ich mich auf das Werk von Niki de Saint Phalle konzentrieren. Doch dann rückte rasch die Idee einer Biografie in den Vordergrund, weil mir Nikis Leben so interessant schien. Eine Biografie ist wie ein Brief an einen guten Freund, in dem man einfach über alles schreibt: über den Beruf, die Familie, die Freizeit, die Gesundheit …

 

 Für diese vielschichtige Arbeit haben Sie sich viel Zeit genommen.

Ich habe drei Jahre an dem Buch gearbeitet. Allein in den Archiven der Niki-de-Saint-Phalle-Stiftung in Kalifornien habe ich einen Monat lang täglich zehn Stunden verbracht. Die Sammlung ist enorm: Briefe, persönliche Aufzeichnungen, Notizen, Fotografien, Film- und Tonaufnahmen … Dann habe ich mit vielen Menschen gesprochen, die Niki gekannt hatten: Familie, Freunde, Assistenten, Konservatoren und Sammler aus Europa und den USA.

 

 Welche neuen Seiten haben Sie im Verlauf dieser Recherchen an Niki entdeckt?

Etwas, was mich sehr überrascht hat, war das Ausmass ihrer Krankheit. Während ihres ganzen Lebens ging es ihr oft gesundheitlich nicht gut. Das hat mich erschüttert, weil es in einem so starken Gegensatz steht zu ihren fröhlichen, farbigen Werken. Eine weitere Entdeckung war Nikis Sinn für Humor. Den sieht man in ihren Werken, aber er zog sich durch ihr ganzes Leben. Wenn es ihr nicht gut ging, veranstaltete sie oft Treffen mit Freunden, um gemeinsam zu lachen. Sie sagte, sie wolle sich durch das Lachen heilen.

 

 Bei diesen Lachsitzungen war auch ihr Freiburger Assistent Rico Weber oft dabei. In seinem Nachlass, der nach seinem Tod 2004 an das Museum für Kunst und Geschichte Freiburg ging, finden sich zahlreiche Dokumente über Niki de Saint Phalle. Wie wichtig waren diese für Ihre Arbeit?

Im Fonds Rico Weber habe ich viele wertvolle Fotos und Filmaufnahmen gefunden. Sie zeigen unter anderem, wie Nikis monumentale Werke entstanden sind. Beim Tarot-Garten zum Beispiel war Rico Weber von Anfang an dabei und hat schon die ersten Materiallieferungen dokumentiert. Das Material aus Webers Nachlass hat mich vor allem deshalb berührt, weil man spürt, dass es von jemandem stammt, der Niki sehr nahestand.

 

 Rico Weber war für sie also mehr als ein Assistent.

Rico Weber hat ab 1966 mit Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle gearbeitet und blieb bis zu Nikis Tod 2002 an ihrer Seite. Er war eng mit dem Paar befreundet. Dazu kommt, dass Niki ihn immer auch als Künstler gesehen und unterstützt hat. Sie fragte nach seiner Arbeit und bestärkte ihn darin. Und Rico war Nikis Verbindung zu Jean und zur Schweiz. Er besuchte sie regelmässig in Kalifornien, wo sie seit 1993 lebte. Er war auch dort, als sie 2002 starb.

 

 Als Ehefrau von Jean Tinguely ist Niki de Saint Phalle auch ein bisschen zur Freiburgerin geworden. In Ihrem Buch schreiben Sie, Tinguely sei «der Mann ihres Lebens» gewesen, auch als die beiden längst getrennt waren. Warum war er für sie so wichtig?

«Mon copain, mon amour, mon rival»: So pflegte Niki Jean zu bezeichnen. Diese drei Worte sagen alles. Die beiden verband eine echte Freundschaft mit vielen tiefen Gesprächen; eine grosse Liebe, auf die sie bis zum Ende zählen konnten; und eine künstlerische Rivalität, mit der sie sich gegenseitig stimulierten und vorantrieben.

 

 Gleichzeitig blieb Niki de Saint Phalle oft im Schatten von Jean Tinguely. Wie hat sie nach Ihrer Meinung als eigenständige Künstlerin die moderne Kunst beeinflusst?

Dass sie neben ihren Männern kaum wahrgenommen wurden, erlebten damals viele Künstlerinnen, die mit Künstlern liiert waren. Trotzdem glaube ich, dass Niki mit ihrer Ästhetik, ihrer unmittelbaren Art, ihren starken Farben und ihrer Verspieltheit viele inspiriert hat. Auch ihre Vorliebe, mit anderen zusammenzuarbeiten, war ein Vorbild: Sie hat das schon bei ihren Schiessbildern getan und später bei ihren monumentalen Projekten wie dem Tarot-Garten, wo sie sich als eine Art Baustellen-Leiterin sah.

 

Niki de Saint Phalle hatte offensichtlich keine Angst vor solchen Grossprojekten. War sie diesbezüglich auch ein Vorbild als starke Frau?

Auf jeden Fall! Sie hat gezeigt, wie stark und unabhängig Frauen sein können. Auch als Partnerin von Jean Tinguely ist sie immer ihren Weg gegangen–auch wenn ihm etwas nicht gefallen hat. Trotzdem war sie keine Feministin im engeren Sinn: Sie sah die Männer nicht als Gegner, aber sie mochte die Konfrontation mit ihnen, weil diese sie weiterbrachte. Sie wollte nicht gleichgestellt sein, sie wollte besser sein!

 

 Wie hat sich die Rezeption von Niki de Saint Phalle in den letzten Jahren verändert?

Ich glaube, dass man gerade dabei ist, sie in ihrer ganzen Komplexität neu zu entdecken, nachdem man lange nur einzelne Werke von ihr wahrgenommen hat. Die Anerkennung wächst. Für nächstes Jahr ist zum Beispiel eine grosse Ausstellung im Grand Palais in Paris geplant: die erste Ausstellung in Paris seit langem.

Catherine Francblin: «Niki de Saint Phalle–la révolte à l’oeuvre» (448 Seiten, Editions Hazan). Eine deutsche Übersetzung des Buchs ist in Planung.

Rico Weber und Niki de Saint Phalle beim Bau von «Le Dragon» inKnokke-le-Zoute; im Hintergrund Auftraggeberin Fabienne Nellens.Niki de Saint Phalle 1968 in Soisy bei der Konstruktion einer «Nana», fotografiert von Rico Weber. Bilder Fonds Rico Weber, MAHF 

Biografie

Niki de Saint Phalle: ein Künstlerleben

Niki de Saint Phalle wurde am 29. Oktober 1930 als Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine geboren. Als sie drei Jahre alt war, zog die Familie nach New York. Mit elf Jahren wurde sie von ihrem Vater sexuell missbraucht. Dieses Erlebnis mag mit ein Grund für ihre späteren psychischen Probleme gewesen sein. Mit 18 Jahren heiratete sie den gleichaltrigen Harry Mathews, der später Schriftsteller wurde. 1951 und 1955 kamen ihre Kinder Laura und Philip zur Welt. 1953, die junge Familie lebte inzwischen an der Côte d’Azur, kam Niki zum ersten Mal in eine psychiatrische Klinik: Sie litt an Depressionen und hatte versucht, sich das Leben zu nehmen. In der Klinik entdeckte die junge Frau die Kunst. Sie malte und machte Collagen, brachte sich das Handwerk selber bei. Reisen mit ihrem Mann waren eine wichtige Inspiration. 1960 liess sich Niki von Harry Mathews scheiden und zog mit Jean Tinguely, den sie 1955 kennengelernt hatte und 1971 heiraten sollte, nach Paris. Das schillernde Künstlerpaar feierte fortan grosse Erfolge. Ab 1964 entstanden Nikis «Nanas». Sie nahm an zahlreichen Ausstellungen teil und erhielt viele Aufträge. Von 1979 bis 1998 arbeitete sie am Tarot-Garten in der Toskana. 1993 zog Niki, die immer stärker an Atemwegs- und Lungenproblemen litt, nach Kalifornien. Dort starb sie am 21. Mai 2002. Einen Grossteil ihrer Werke vermachte sie dem Sprengel-Museum in Hannover.cs

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