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Lag der Prophet falsch oder ist Gott gnädig?

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Wort zum Sonntag

Lag der Prophet falsch oder ist Gott gnädig?

Autor: Hans-Ulrich Steymans

Liest man die Lesung aus der Amosschrift, wie sie für die Messe ausgeschnitten ist (Am 7,12–15), wird man Zeuge der Ausweisung des Propheten Amos, der im 8. Jh. v. Chr. in Israel gewirkt hat, durch den Priester des Tempels von Bethel, einer Stadt etwa 30 km nördlich von Jerusalem. Der Priester meldet König Jerobeam II. von Israel, dass Amos Propaganda mache mit dem Drohwort: «Durchs Schwert wird Jerobeam sterben, und Israel wird ganz bestimmt aus seinem Land gefangen wegziehen» (Am 7,11).

Diese Prophetie hat sich nur halb erfüllt. König Jerobeam II. ist nach Mitteilung der Königsbücher friedlich entschlafen. Dort heisst es über ihn: «Jerobeam wurde König in Samaria und [regierte] 41 Jahre. Er stellte das Gebiet Israels wieder her nach dem Wort des Herrn, des Gottes Israels. Denn der Herr sah das überaus bittere Elend Israels, und dass der Unmündige dahin war und dahin der Mündige und dass kein Helfer da war für Israel. Der Herr hatte nicht gesagt, dass er den Namen Israels unter dem Himmel auslöschen wolle. So rettete er sie durch die Hand Jerobeams. Und Jerobeam legte sich zu seinen Vätern, zu den Königen von Israel. Und sein Sohn Secharja wurde an seiner Stelle König» (2 Kön 14,23–29).

Während Amos die Herrschaft Jerobeams kritisch beurteilt und ihm ein gewaltsames Ende voraussagt, können die Verfasser der Königsbücher nicht leugnen, dass es Israel unter Jerobeam gut ging. Die Erfolge des Königs führen sie auf die Gnade Gottes zurück, der das Elend Israels sieht und seinem Volk hilft, da sonst kein Helfer da ist. Amos kritisiert am Königtum Jerobeams die gesellschaftliche Gewalt, die Wohlstand der Mächtigen durch Unterdrückung der Schwachen schafft.

Wenige Jahrzehnte später führen die Assyrer Israel gefangen weg. Die zweite Vorhersage des Amos bewahrheitet sich. Seine Prophetie für Jerobeam II. war falsch. Sie lag aber nur knapp daneben, denn alle Nachfolger Jerobeams sterben durchs Schwert.

Indem die Bibel den Widerspruch zwischen der Vorhersage des Amos und dem wirklichen Ableben des Königs verzeichnet, entlarvt sie die menschliche Neigung, andere zu verurteilen, als negativ, selbst wenn Propheten dies tun.

Zugleich wird klar, wie Offenbarung funktioniert. Der Prophet muss die Ahnung, die ihn überkommt, deuten. Er kann sie missdeuten. Der Erfahrung Gottes wird man sich immer erst im Nachhinein gewiss. Es ist ein Zurückblicken und ein Gewahrwerden: Da war Gott am Werk. Er hat sich offenbart, er hat gnädig gerettet, wo kein Helfer war.

Der DominikanerHans Ulrich Steymans ist Professor für Altes Testament und Biblische Umwelt an der Universität Freiburg (Schweiz) und lebt im Kloster St. Hyazinth in Freiburg.

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