Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

O Tannenbaum

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Rasch, noch bevor der letzte Weihnachtsbaum entsorgt oder gar öffentlich hingerichtet beziehungsweise verbrannt sein wird, und bevor der Osterhase bereits wieder Eier sammelt, eine kleine Geschichte im Nachhinein. Nicht darüber, wie wir vor langer Zeit den Weihnachtsbaum entsorgten, sondern wie wir früher überhaupt zu einem Bäumchen kamen.

Damals gab es noch keine professionellen Baumhändler, und in den Dorfläden (Bäckerei, Käserei, Metzgerei und das Konsum) konnte man zur Weihnachtszeit bestenfalls geräucherte Heringe (30 Rappen die grossen) kaufen, aber sicher keine Bäume. Und unter einem «Nordmann» stellte ich mir eine Art Polarforscher vor, der, erschöpft vom unerbittlichen Kampf gegen Kälte, Hunger und Eisbären, mit letzter Kraft eine arg mitgenommene, blutbefleckte Landesflagge in den Nordpol rammt. Tannen kamen in diesen Geschichten selten vor.

Einen Baum erstand, wer einen Waldbesitzer kannte oder selber ein Stück Wald besass. Wir im Unterdorf «kannten weder, noch besassen wir». So waren wir, wie so oft, gezwungen, erfinderisch zu sein und das Heft (in diesem konkreten Fall die Säge) selbst in die Hand zu nehmen. Weihnachten ohne Krippe und ohne reichlich geschmückten Baum: unvorstellbar.

Diese Aufgabe übernahm jeweils mein Vater, und ich erinnere mich genau, als ich endlich gross genug war, um ihn zu begleiten. An einem der frühen Vorweihnachtsabende, die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, war es so weit: «Bub, mach dich fertig, die Zeit ist günstig, wir machen uns auf den Weg.» Das war einer der schönsten Momente in meinem kleinen Leben, und ich platzte fast vor Stolz. Mutter äusserte, wie immer in ähnlichen Situationen, und deren gab es viele, schwere Bedenken: «Muss der Bub unbedingt mit, was ist, wenn sie euch erwischen?» Vater brummte, nahm mich an der Hand, unseren kleinen Hund mit dem wenig schmeichelhaften Namen Lumpi an die Leine, und schon stapften wir durch den glitzernden Schnee Richtung Moos. Es war kalt, der Mond hatte schon deutlich abgenommen und schickte nur noch ein spärliches Licht.

«Papa, warum nehmen wir Lumpi mit?» «Zur Sicherheit.» Ich schaute Vater fragend an. «Wie du weisst, ist Lumpi ein Weibchen.» Mein Fragezeichen wurde noch grösser. «Ich weiss», fuhr Vater fort, «dass der Hund des Försters ein Rüde ist. Sollten wir das Pech haben, dass der Förster uns ‹abpasst› und vielleicht sogar mit seinem Hund verfolgt, lassen wir unseren Hund frei, und der Försterhund wird sich nur noch um Lumpi kümmern, die zudem den Anschein macht, dass sie ‹läufig› ist.» Vater hatte wirklich an alles gedacht.

Wir liefen weiter, die Strasse meidend, querfeldein, durchs Schilf über die gefrorenen Moosweiher und befanden uns schon bald im Wald. Vater hatte ihn schon Tage zuvor erkundet und wusste genau, wo das auserwählte Bäumchen wuchs.

Wir hatten den Fuchsschwanz schon angesetzt, da näherte sich auf der nahen Strasse ein Auto. Nach kurzer Prüfung stand fest: der Förster! Wir duckten uns hinter einen Stapel Holz, ich drückte mich ganz tief in den Schnee, das Herz pochte bis zum Hals und so laut, dass ich Angst hatte, es könnte unser Versteck verraten. «Ganz ruhig», flüsterte Vater, «er hat uns nicht gesehen und fährt vorbei.» Er fuhr nicht vorbei, im Gegenteil, er hielt an, liess bei laufendem Motor die Scheinwerfer leuchten. Ich wagte kaum noch zu atmen.

Der Förster schien unsicher, spähte in verschiedene Richtungen. Dann öffnete er die Hecktüre, sein Hund, noch an der Leine, sprang heraus, fing sofort an, zu schnüffeln, zu winseln und zu bellen, und zerrte mit aller Kraft an der Leine. Vater flüsterte Lumpi, die auch unruhig wurde, leise ins Ohr: «Lauf nach Hause, Lumpi, lauf!» Er liess sie von der Leine, und schon stob sie los.

Der Förster, durch das Verhalten seines Hundes argwöhnisch, ahnte wohl, dass da etwas «im Busch war» und liess nun auch seinerseits den Hund von der Leine. Dieser hatte rasch Witterung aufgenommen und rannte los, getrieben von der Hoffnung auf eine kleine Romanze. Da unsere Hündin aber bereits einen beträchtlichen Vorsprung gewonnen hatte, preschte er ziemlich weit an unserem Versteck vorbei und liess uns, nur noch das «eine» im Kopf, unbeachtet links liegen. Das Bellen, Kläffen und Winseln der beiden entfernte sich rasch, und dann war es wieder still. Der Förster aber rief und pfiff und schimpfte, sein Hund kam nicht zurück. Nun stieg er wieder ins Auto, unterbrach jedoch immer wieder die Fahrt, um erneut nach seinem Hund zu rufen.

Wir warteten, bis er ausser Sichtweite war, dann ging alles ganz schnell: Rasch die Säge ansetzen, nach wenigen Zügen fiel der Baum. Vater packte ihn unter den Arm, und eilig verliessen wir «den Ort des Verbrechens». Wir liefen nun einen anderen Weg, schnurstracks zu einem nahen Bauernhof, wo ein Freund von uns hauste. Dieser schien nicht sonderlich erstaunt, als zwei dunkle Gestalten samt Bäumchen vor seiner Tür auftauchten, und lud uns rasch in die Küche ein. Im Herd glomm noch ein Feuer, es roch nach Rauch und wohliger Wärme. In einer Ecke hatten Hühner Schutz vor der Kälte gesucht, glucksten zufrieden und träumten wohl von farbigen Eiern. Spuren ihrer «Hinterlassenschaft» waren in der ganzen Küche malerisch verstreut.

Aus einer anderen Ecke behändigte Klöusi, so hiess unser Bauer, eine riesige Korbflasche, und rasch waren zwei Gläser gefüllt (Häppere, selbst gebrannt, was sonst?). Gläser, die wohl schon ewig auf dem Tisch standen, vom fleissigen Gebrauch und vom seltenen Waschen blind geworden. Ich erhielt in einem ähnlichen Glas eine Art Hollersirup und war einfach glücklich, «dabei zu sein». Mitten unter echten Männern fühlte ich mich selber als Mann.

Vater schilderte unser Abenteuer in allen Farben geschmückt mit unzähligen, frei erfundenen Details. Es fehlte nur noch, dass er erzählte, er hätte den Förster in einem wilden Ringkampf niedergerungen, geknebelt und mit letzter Kraft an einen Baum gefesselt. Mit der Anzahl der Schnapsgläser wurden die Schilderungen noch bunter, noch dramatischer, bis endlich der Schnaps und die Wärme ihre Wirkung taten und die Müdigkeit uns auf die Heimkehr drängte. Vater verabschiedete sich mit den Worten: «Der Förster wird wohl jetzt auch zu Hause sein oder sucht immer noch, halb erfroren, nach seinem Hund!» Die Erwachsenen fanden das sehr lustig.

Wir nahmen wieder den Weg durchs Schilf, übers Eis, querfeldein. Kurz vor unserem Haus kam auch schon Lumpi angerannt und freute sich offensichtlich, dass auch wir den Weg zurück gefunden hatten.
Mutter war etwas strenger: «Warum so spät? Ist etwas passiert? Der Bub sollte schon längst im Bett sein, und überhaupt, irgendwie ist es nicht ganz richtig, was ihr da tut.» Wie auch immer, Mutter bestand darauf, dass wir zur Beichte gehen. Vater protestierte, weil wir es ja ausschliesslich zum Andenken an die Geburt des Jesuskindleins getan hatten, und darum könne das nie und nimmer Sünde sein, im Gegenteil, eher eine gute Tat, eine Art Geburtstagsgeschenk für das Kind in der Krippe. Es kam, wie es immer kam, wenn Vater sich «durchsetzte»: Am folgenden Samstag gingen wir gemeinsam zur Beichte. Das heisst, ich ging zur Beichte in die Kirche, und Vater tat Busse im Ochsen.

Am Weihnachtsabend war der Baum geschmückt. Für mich war es der schönste Weihnachtsbaum aller Zeiten, und auf meinen Vater war ich sehr, sehr stolz.

PS: Ungefähr zwei Monate später brachte Lumpi vier wunderschöne, gesunde und kräftige «Försterwelpen» zur Welt. Besagt nicht ein altes Sprichwort «Der Hund ist oft klüger als sein Meister»? In diesem Fall war er vielleicht nicht klüger, aber mit Sicherheit erfolgreicher und viel nachhaltiger.

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema