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Olivier Küttel: «Der Forschungsplatz Schweiz leidet unter der Isolation»

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Der Tafersner Olivier Küttel war die letzten zehn Jahre an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne für Internationale Beziehungen verantwortlich. Vor seiner Pension spricht er mit den FN über seine abwechslungsreiche Arbeit, die ihn in die ganze Welt geführt hat.

Wie entstehen an einer Schweizer Universität Kontakte zu Hochschulen im Ausland? Wie kommt man als Uni zu europäischen Forschungsaufträgen, und wie macht man die eigene Hochschule auch in Asien oder Afrika bekannter? Dafür hat die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne einen Verantwortlichen für Internationale Beziehungen. In den letzten zehn Jahren hatte der in Tafers geborene und aufgewachsene und mittlerweile in Schmitten lebende Olivier Küttel diesen Posten inne. Im Gespräch mit den FN erzählt der 65-Jährige von prägenden Begegnungen und den Schwierigkeiten der Forschungsdiplomatie.

Olivier Küttel, wie sind Sie zur ETH in Lausanne gekommen?

Ich habe in Freiburg das Kollegium besucht und hier an der Uni Physik studiert. Nach meinem Doktorat ging ich für zwei Jahre für ein Postdoc nach Montreal. Anschliessend war ich bis 1999 an der Universität Freiburg in der Forschung tätig. Ich habe dann Eurosearch aufgebaut, eine vom Bund finanzierte Organisation, welche Forschenden aus Wissenschaft und Wirtschaft hilft, an europäischen Projekten teilzunehmen. Durch diese Stelle, die ich zwölf Jahre lang innehatte, wurde Patrick Aebischer auf mich aufmerksam. Der Freiburger war damals Präsident der ETH Lausanne, und er fragte mich, ob ich für die Hochschule arbeiten möchte.

Was waren an der ETH Lausanne Ihre Aufgaben?

Die ersten fünf Jahre war ich verantwortlich für die Beziehungen zur EU, vor allem im Bereich der europäischen Forschungsprogramme. Ich war sehr oft in Brüssel, wo die ETH, zusammen mit fünf weiteren Universitäten vor Ort, mit einem Kontaktbüro präsent ist. Dort haben wir Events organisiert, um mit anderen Hochschulen und EU-Kommissionsmitgliedern den Dialog zu forschungsrelevanten Themen zu pflegen. Man kann das Ganze schon als Diplomatie bezeichnen. Denn es ging zum Beispiel darum, über zukünftige Forschungsprogramme der EU Bescheid zu wissen, damit wir mit der ETH genügend Zeit hatten, uns auf eine Ausschreibung vorzubereiten. Andererseits haben wir es aber auch geschafft, bestimmte Forschungsbereiche in die EU-Programme zu bringen, auf welche wir an der ETH spezialisiert sind.

Und da herrscht dann wohl ein grosser Konkurrenzkampf zwischen den Hochschulen?

Ja, natürlich. Jede grosse Hochschule hat dort Vertreterinnen und Vertreter. Viele Lobbyorganisationen sind vor Ort. Da geht es um sehr viel Geld. Das EU-Forschungsprogramm beläuft sich auf 12 bis 13 Milliarden Franken pro Jahr. 

Da sind immense Summen im Spiel, und alle wollen natürlich ein Stück vom Kuchen.

Nach dem Schweizerischen Nationalfonds stellen die EU-Forschungsprogramme die zweitwichtigste Quelle für Forschende in der Schweiz dar.

Ist Ihnen ein Projekt, das Sie in Brüssel beschäftigt hat, besonders in Erinnerung geblieben?

Eine grosse Sache war sicher, die Digitalisierung von grossen Bibliotheken und Museen auf das europäische Parkett zu bringen. Dafür habe ich mich rund zwei Jahre lang eingesetzt. Wir hatten zuvor mit der ETH Lausanne schon das Projekt «Venice Time Machine» gestartet, bei dem es darum geht, das Staatsarchiv von Venedig zu digitalisieren. Diese Bibliothek ist in Europa einzigartig, weil sie 1000 Jahre alt ist und nie abgebrannt ist oder sonst irgendwie stark beschädigt wurde. Eine ähnliche Vorgehensweise wollten wir auch auf andere Bibliotheken und Museen ausweiten. Das Thema der digitalen Geisteswissenschaften gab es aber bis damals in der EU nicht. Ich habe, zusammen mit Forschenden der ETH Lausanne, mit viel Lobbyarbeit erreicht, dass die EU-Kommission schlussendlich das Thema aufgenommen hat.

Olivier Küttel, der Verantwortliche für Internationale Beziehungen an der ETH Lausanne, wird pensioniert.
Charles Ellena

Wie sehr sind Schweizer Unis noch in Brüssel involviert, jetzt da die Schweiz aus Teilen des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe ausgeschlossen ist?

Heute ist die Situation tatsächlich kompliziert. Die Schweiz ist nach wie vor in Brüssel präsent, ist aber nicht mehr dabei, wenn in der EU über Forschung diskutiert wird. Als wir noch assoziiert waren, konnten wir zwar nicht mitentscheiden, waren aber zumindest als Beobachter Teil der Diskussion. Heute sind wir in für uns wichtigen Teilen dieser jährlichen 12 bis 13 Milliarden schweren Programmen ausgeschlossen; zum Beispiel dem Europäischen Forschungsrat, welcher einzelne Forschende unterstützt. Sie können da ihr Forschungsthema selbst bestimmen und erhalten – falls erfolgreich – 1,5 bis 2,5 Millionen Euro für das Projekt. Zudem sind solche Projekte mit einem grossen Prestige verbunden. Es ist quasi die Champions League. Forschende, die ein solches Projekt realisieren konnten, sind in der internationalen Szene angesehen, und ihnen bieten sich weitere Möglichkeiten. Forschende aus der Schweiz sind zur Zeit von diesem Programm ausgeschlossen.

Was sind die Konsequenzen dieses Ausschlusses?

Das Ansehen der Schweizer Hochschulen sinkt. Denn es ist ein Wettbewerb unter den europäischen Hochschulen, wie viele Mitarbeitende der jeweiligen Unis solche Programme des Forschungsrats erhalten haben. Der Nationalfonds hat zwar ein alternatives Programm auf die Beine gestellt – es ist also nicht eine Geldfrage, sondern es geht um das Renommee, welches verloren geht. Von gewissen Themen wie Quantenphysik oder Weltraumtechnologie sind wir als sogenannter Drittstaat vollständig ausgeschlossen.

Der Forschungsplatz Schweiz leidet sehr, und es bleibt zu hoffen, dass die Politik möglichst schnell eine Lösung herbeiführen kann.

In den vergangenen fünf Jahren waren Sie auch verantwortlich für die Internationalen Beziehungen der ETH Lausanne ausserhalb Europas. 

International ist es vor allem unser Ziel, unsere Universität bekannter zu machen. Denn verglichen mit der Qualität der ETH Lausanne, die regelmässig bei den Ranglisten der besten Universitäten der Welt auf einer Topposition abschneidet, sind wir in gewissen Teilen der Welt noch relativ unbekannt. Cambridge, Oxford oder MIT kennen alle, uns weniger; und das versuchen wir zu ändern. Wenn wir bekannter sind, werden wir auch attraktiver für junge Talente. Wir haben zum Beispiel ein grosses Förderprogramm in Afrika, zusammen mit einer Uni in Marokko, aufgebaut. Ein Ziel dabei ist die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit jungen, talentierten Forschenden aus Afrika. Wichtig bei solchen Projekten ist dann natürlich auch immer die Finanzierung. Es gehört auch zu meinen Aufgaben, die entsprechenden Mittel zu beschaffen. Sei es bei Stiftungen, Mäzenen oder anderen Institutionen.

In diesen zehn Jahren bei der ETH Lausanne haben Sie viele Länder besucht und Persönlichkeiten getroffen. Welche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Da war etwa der Besuch des damaligen Präsidenten von Frankreich François Hollande an der ETH Lausanne. Er hat uns bei seiner Visite gesagt, er wolle mal mit eigenen Augen sehen, wohin seine besten jungen Leute zum Studium hingehen. Das hat uns dann doch etwas stolz gemacht. Oder als in Polen die Gesetze angepasst wurden, um die Situation der dortigen Unis zu verbessern, besuchte uns der polnische Präsident Andrzej Duda, weil die ETH Lausanne als eines der Vorbilder für die Reform diente. Bei einer anderen Gelegenheit waren wir beim Präsidenten von Benin, Patrice Dallon, eingeladen, weil er von unserem Engagement in Afrika erfahren hatte und mehr über das Programm wissen wollte. Aus der Privataudienz von geplanten 30 Minuten wurde dann ein angeregtes Gespräch von eineinhalb Stunden.

Seit einigen Jahren ist die ETH Lausanne auch in Freiburg am Smart Living Lab in der Blue Factory beteiligt.

Für uns war es wichtig, in der Westschweiz auch ausserhalb Lausanne präsent zu sein und mit der Privatwirtschaft und Start-ups zusammenzuarbeiten. Das Smart Living Lab in Freiburg bietet dafür eine sehr gute Gelegenheit. Allerdings ist der Standort noch etwas klein und könnte noch ausgebaut werden. Ich hoffe, das gelingt uns in den kommenden Jahren noch. 

Nun gehen Sie bald in Pension. Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?

Zuerst einmal, dass die ETH Lausanne ein wunderbarer Ort ist, um zu arbeiten. Der Job bietet einen enormen Gestaltungsspielraum. Ich hoffe, dass es gelingt, die ETH Lausanne weltweit als Marke zu positionieren, um weiterhin Toptalenten eine Entwicklungsmöglichkeit zu bieten. Das wird der Schlüssel sein für den zukünftigen Erfolg.

Olivier Küttel, der Verantwortliche für Internationale Beziehungen an der ETH Lausanne, wird pensioniert.
Charles Ellena

Eidgenössische Technische Hochschule 

Das Polytechnikum der Westschweiz

Im Jahre 1969 wurde die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Lausanne in ihrer heutigen Form gegründet. Der Campus befindet sich ausserhalb des Stadtzentrums Lausanne in unmittelbarer Nähe des Genfersees und schliesst direkt an den Campus der Universität Lausanne an – zusammengenommen das grösste Bildungs- und Forschungszentrum der Schweiz.

Die ETH Lausanne ist in sieben Fakultäten gegliedert und bietet 13 Bachelor-Studiengänge und 29 Master-Studiengänge an. Um die 350 Professorinnen und Professoren und über 2400 Doktorierende sind für die ETHL tätig. Mit rund 12’000 Studierenden und Doktorierenden aus über 120 Ländern und mehr als 370 Labors betreibt die ETH Lausanne Spitzenforschung in Bereichen wie erneuerbare Energien, Medizintechnik, Neurotechnologien, Materialwissenschaften und Informationstechnologien.

Seit 2014 ist die ETH Lausanne auch in Freiburg vertreten. Zusammen mit der Universität Freiburg und der Hochschule für Technik und Architektur betreibt sie in der Blue Factory das Smart Living Lab, in welchem das nachhaltige Bauen der Zukunft erforscht wird.

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