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Rebekka Salm zum neuen Roman: «Dieses Gnusch macht mir Spass»

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Nach ihrem Erfolgsdebüt «Die Dinge beim Namen» erscheint dieser Tage der zweite Roman «Wie der Hase läuft» der Oltner Autorin. Im Gespräch verrät sie biografische Parallelen zu den schmerzhaften Lücken in der Familiengeschichte ihrer Romanfiguren.

Vor zwei Jahren war Rebekka Salm noch eine literarische Newcomerin, 43-jährig, ohne Literaturinstitut im Rucksack, aber mit einer starken, eigenwilligen Stimme. Die Literaturwelt staunte und jubelte über ihr Überraschungsdebüt «Die Dinge beim Namen». Es ist ein virtuoses Verwirrspiel um eine Vergewaltigung einer Jugendlichen nach einem Dorffest, ein pralles Sittenbild mit scharf gezeichneten Figuren. Sie nennt es ein «Gnusch», also ein Durcheinander von Verdächtigungen und Heimlichkeiten, Gewalt und Scham, das entwirrt werden will. Über den multiperspektivisch erzählten Roman mit einer überraschenden Pointe schrieb Schriftstellerkollege Alex Capus begeistert: «Schuld und Sühne auf dem Dorfe – die Schweiz hat eine neue Erzählerin.» Nach rund 120 Lesungen und 5000 verkauften Büchern (die Taschenbuchausgabe erscheint gerade im Kampa Verlag) geht die literarische Karriere von Rebekka Salm nun in die zweite Runde.

Diese Karriere kommt von aussen gesehen überraschend. Die Stationen: aufgewachsen in einem Baselbieter Dorf im Arbeitermilieu, dann Banklehre, Zweitwegmatura, Studium der Islamwissenschaften und Geschichte, seit Jahren nun Job in der Kommunikation bei der Asylorganisation Zürich. Mit ihrer zehnjährigen Tochter lebt Rebekka Salm in Olten. «Als Wohnort war das ursprünglich ein Kompromiss», sagt sie, weil ihr damaliger Partner in Basel, sie in Zürich arbeitete. «Ich brauchte lange, um hier anzukommen, als Alleinerziehende mit einem Säugling war das schwierig, aber jetzt würde ich nicht mehr weg von Olten», erzählt sie. Neue Freundinnen haben geholfen, und der Oltner Verleger Thomas Knapp, in dessen Verlag ihre beiden Romane erscheinen. Letztes Jahr hielt sie die Turmrede bei den Oltner Kabarett-Tagen. Rebekka Salm ist unterdessen in Olten fast schon eine Berühmtheit.

Rebekka Salm: Wie der Hase läuft. Roman. Knapp Verlag, 195 S.
Bild: pd

Die schmerzhaften Lücken in der Familiengeschichte

Wie beim Debüt «Die Dinge beim Namen» geraten die Romanfiguren in «Wie der Hase läuft» in ein Gnusch von vermeintlichen Wahrheiten. Sie suchen verbissen nach Erklärungen für schmerzhafte Lücken in der Familiengeschichte. Der Titel «Wie der Hase läuft» ist dabei bereits ein Signal. Da meint jemand, Bescheid zu wissen, aber die Wahrheit gerät immer gleich wie ein im Zickzack fliehender Hase aus dem Blick. Die Devise scheint: Misstraut den Geschichten, die euch erzählt werden und die ihr euch selbst so zusammenreimt.

Und wenn Teresa, die Hauptfigur im Buch, die Möbel in ihrem Brockenhaus verkaufen will, weiss sie: Die Leute kaufen nur, wenn man ihnen dazu eine Geschichte auftischt. Bedeutung bekommen Objekte erst durch solche Geschichten. Teresa denkt zwar: «Die Wahrheit ist auch nur ein Märchen.» Trotzdem spinnt sie lose Fäden aus ihrer Familiengeschichte, bis sie an eine beklemmende Schuld ihrer Vorfahren glaubt.

Bildhaftigkeit als grosse literarische Stärke

Schon bei ihrem Debüt hatten Salms Umgang mit Leitmotiven und Zeitsprüngen, ihr doppelbödiger Plot, ihre szenische Präzision und die Freude an bildhafter Sprache beeindruckt. Ihre Lust an Metaphern lebt sie auch im neuen Roman aus. Da ist die Haut des toten Bäckers «wie Milchbrot», der Schmerz geht auf «wie ein Hefeteig» und Gott habe anstelle eines Herzens «einen harten Laib Brot in der Brust». Salm lacht: «Ja, meine Lektorin hat die Metaphern kritisiert. Aber ich liebe es.» Und die starke Bildhaftigkeit passt ja auch zu Emmas Sehnsucht nach ihrem ermordeten Bäcker-Ehemann Cees.

Ihr Grossvater war deutscher Soldat im Zweiten Weltkrieg

Während sich Rebekka Salm im Debüt auf dem vertrauten Terrain des Dorfes bewegte, führt sie nun einen Erzählstrang bis in die Nazizeit zurück. Im besetzten Amsterdam wird Bäcker Cees, der Juden versteckt, 1943 von einem jungen deutschen Soldaten mit Namen Wedekind erschossen. Cees’ Frau Emma flieht daraufhin zu ihrer Patentante in die Schweiz, kehrt aber Jahrzehnte später wieder nach Amsterdam zurück. Wie sich ihre Nachkommen mit einer anderen Familie vermeintlich schicksalhaft verhaken, bringt Salm in ihrem Roman in einer episodenhaften, spannenden Geschichte zusammen.

Das mag wie ein überdramatisierter Plot tönen, ist jedoch im Kern autobiografisch fundiert: «Mein deutscher Grossvater wurde 1943 als 17-Jähriger in die deutsche Wehrmacht eingezogen. Er hat aber nie darüber gesprochen, wo er stationiert war und was er erlebt oder getan hatte», erzählt Salm. «Ein Grossonkel hingegen hat lauter Heldengeschichten erzählt über seine Einsätze als Kampfpilot im Zweiten Weltkrieg.»

«Jeder braucht eine Geschichte über sich und seine Herkunft»

Zwischen Schweigen und Idealisierung, Verdrängung und obsessiver Rückschau, Vergessen und Grübeln bewegen sich auch die Figuren in «Wie der Hase läuft». Teresa glaubt allmählich, ihr Grossvater habe diesen Cees 1943 getötet, den ersten Ehemann der Grossmutter ihres Freundes Mirco. Zu alledem habe ihr Vater Mircos Mutter im Suff mit dem Auto überfahren. Eine gewaltige Familienschuld scheint also auf ihrer Beziehung zu lasten. Mirco jedoch will nur vorwärts schauen, ein Kind zeugen. Beide vereint, dass sie vaterlos aufgewachsen sind. Lauter Leerstellen also, über die ihre Mütter und Grosseltern jedoch eisern schweigen.

Rebekka Salm greift damit ein klassisches Identitätsproblem auf. Max Frisch hat das einst so gesagt: «Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.» Salms Roman weitet dieses Bedürfnis auf die Familiengeschichte aus: «Jeder braucht eine Geschichte über sich und seine Herkunft. Aus Erinnerungen und Erzähltem nähen wir uns ein Bild, mit dem wir leben können», sagt sie. Ihre Romanfigur findet schliesslich ein lebbares Fazit, frei vom Wahn, überall Schuldige zu sehen.

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