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Sandoz baut Europas letzte Antibiotika-Fabrik aus – mildert das auch die Engpässe in der Schweiz?

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Lebensrettende Antibiotika sind derzeit Mangelware. Der Schweizer Generikakonzern Sandoz hat deshalb seine Produktion ausgebaut. Ein  Besuch in der letzten Penicillinfabrik Europas.

Wählerisch waren sie nicht, die Pioniere der europäischen Penicillinproduktion. Als sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung eines französischen Besatzungsoffiziers anschickten, im österreichischen Kundl eine stillgelegte Brauerei zu einer Antibiotikafabrik umzubauen, blieb ihnen auch nichts anderes übrig. Sie mussten sich damit begnügen, was nach Kriegsende im verheerten Land noch da war.

So nutzte der Trupp aus Militärs und Angestellten der lokalen Brauerei ausrangierte Panzermotoren zur Belüftung, verwandelte die Treibstofftanks von Hitlers vermeintlicher «Wunderwaffe» V2 kurzerhand in Flüssigkeitsbehälter und schaffte Rohrleitungen aus einem ausgebombten Innsbrucker Café herbei.

Das Ziel: Statt Bier wollte man in Kundl fortan lebensrettendes Penicillin herstellen, um die damals grassierenden tödlichen Krankheiten wie Diphtherie, Tuberkulose oder Scharlach zu bekämpfen. Rund zwanzig Jahre zuvor hatte der Brite Alexander Fleming entdeckt, dass ein spezifischer Schimmelpilz einen Stoff herstellt, der Bakterien abtötet. Es war der Pilz Penicillium Chrysogenum, auf den die Industrie nach wie vor setzt.

Vom Pilz bis zur Verpackung

Heute erinnert auf dem weitläufigen Produktionsgelände in Kundl nichts mehr an diese bescheidenen und improvisierten Anfänge. Das frühere Brauereigebäude ist verschwunden, stattdessen steht im Schatten der Tiroler Berge eine hochmoderne Antibiotika-Fabrik. Es ist die letzte vollintegrierte Anlage in Europa.

Das heisst, im Tiroler Unterinntal wird Antibiotika von Grund auf hergestellt, von der Züchtung des Penicillin-Pilzes über die Wirkstoff-Extraktion bis zu Verpackung und Versand. Von hier aus deckt der Basler Generikahersteller Sandoz, der den Standort betreibt, rund 60 Prozent der weltweiten Nachfrage ab.

Dementsprechend eindrücklich sind die Dimensionen im Herstellungsprozess. Statt wie früher in ausrangierten Raketentanks reift der Penicillin-Pilz mittlerweile in 15 Meter hohen Stahlbehältern, die 250’000 Liter fassen.

Darin produziert er mithilfe von Zucker, Stickstoff, Sauerstoff, Energie und einigen geheimen Nährstoffen das begehrte Penicillin. Nach der Fermentation entsteht ein Brei, der zu einem weissen Pulver weiterverarbeitet und schliesslich zu Tabletten gepresst oder als Granulat in Fläschchen gefüllt wird.

Bekenntnis zu Kundl dank Staatshilfe

Bisher stellte Sandoz in Kundl jährlich 200 Millionen Packungen her. Kürzlich hat der Pharmakonzern die Kapazität um 40 Millionen gesteigert. Bei den Trockensäften, die beispielsweise Kinder bei Mittelohrenentzündungen benötigen, hat sich die Menge gar verdoppelt. Möglich macht es eine neue Abfüllanlage auf 3000 Quadratmetern, die Sandoz Mitte März eingeweiht hat. Kostenpunkt: 50 Millionen Euro.

Ein seltener Blick ins Innere der neuen Anlage zeigt, wie automatisiert die industrielle Penicillinproduktion abläuft. An fast jedem Arbeitsschritt ist ein Roboter beteiligt, sei es bei der Tablettenpresse, der Filmbeschichtung oder an der Verpackungslinie. Unermüdlich und präzise verrichten die Roboterarme ihre Arbeit. Es ist diese perfekt getaktete Maschinerie, die dafür sorgt, dass pro Jahr eine Milliarde Tabletten zusätzlich die neue Anlage verlassen.

Gänzlich alleine gestemmt hat Sandoz die Investition über insgesamt 200 Millionen Euro allerdings nicht. Die österreichische Regierung sowie das Land Tirol haben 50 Millionen Euro beigesteuert. Dieses Geld floss in den Ausbau der Wirkstoffproduktion, also jenen Arbeitsschritt, wo der Pilz die Hauptrolle spielt. Die Anlagen nahm Sandoz bereits letzten Herbst in Betrieb. Die neue Abfüllanlage hat Sandoz aus eigenen Mitteln finanziert.

Der Standort Kundl ist mit seinen über 2000 Arbeitsplätzen nicht nur für die Region Tirol von Bedeutung. Für die Einweihungsfeier sind auch der österreichische Wirtschaftsminister Martin Kocher und Sandoz-Präsident Gilbert Ghostine angereist. Vor der versammelten europäischen Presse versicherten sie: Kundl bleibt die letzte Hochburg der europäischen Antibiotikaproduktion und sichert die Unabhängigkeit von der Konkurrenz in Asien. Dass die ehemalige Mutterfirma Novartis noch kurz vor der Pandemie die Wirkstoffproduktion nach Fernost auslagern wollte, ist vergessen.

Sagenhafte Steigerung der Effizienz

Am Rande der Eröffnungsfeier sitzt Rebecca Guntern und nippt an einem Espresso. Die Walliserin ist Europachefin von Sandoz und versprüht eine ungekünstelte Begeisterung, wenn sie über Penicillin und seine Bedeutung für die moderne Medizin spricht.

«Es gibt zwei Entdeckungen, die unsere Lebenserwartung massiv gesteigert haben: Impfungen und Penicillin», sagt Guntern. Tatsächlich starben Menschen vor der Entdeckung des Penicillins etwa 20 Jahre früher als heute – oft an Infekten wie Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen.

Von den experimentellen Anfängen bis zur industriellen Produktion war es allerdings ein langer Weg. Das erste Penicillin aus Kundl war fragil, es konnte nur intravenös verabreicht werden, weil es die Magensäure bei oraler Einnahme sonst zerstört hätte. Hier schaffte wiederum eine Erfindung aus Tirol Abhilfe: Im Jahr 1952 entdeckte der Chemiker Ernst Brandl sogenanntes säurestabiles Penicillin und legte den Grundstein für die Tablettenproduktion.

«Das war eine weltweite Sensation, weil es die Einnahme von Antibiotika stark vereinfachte», erklärt Guntern. In den folgenden Jahren kamen weitere Verbesserungen hinzu, etwa die Züchtung eines immer effizienteren Penicillin-Pilzes. So stieg die Produktionskapazität in den vergangenen Jahrzehnten um sagenhafte 2700 Prozent an.

Trotz dieser Erfolgsgeschichte sind Medikamente mit dem wichtigsten Penicillin-Wirkstoff Amoxicillin derzeit knapp, auch in der Schweiz. Der Engpass hat verschiedene Gründe. Zuerst ist da der Preis: Eine Packung kostet oft weniger als eine Packung «M&M’s» am Kiosk. Zu solch ruinösen Preisen, so murrt die Industrie schon lange, könne man lebensrettende Antibiotika nicht mehr kostendeckend produzieren. Die Preisspirale nach unten hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Sandoz’ Konkurrenz ihre Antibiotika entweder vom Markt genommen oder die energieintensiven Arbeitsschritte wie die Fermentation nach Asien verlagert hat.

Den Engpass zusätzlich verschärft hat ein zweiter Faktor. Nach der Pandemie ist die Nachfrage nach Antibiotika sprunghaft angestiegen. Als die Maskenpflicht fiel, hatten bakterielle Erreger ein leichtes Spiel. Dies bekam Sandoz unmittelbar zu spüren. Zwischen 2020 und 2023 kletterte die Zahl der in der Schweiz verkauften Packungen um 50 Prozent auf über 5 Millionen Stück. Ein Drittel dieser Menge lieferte Sandoz. Die Knappheit zusätzlich verschlimmert hat die Tatsache, dass es immer weniger andere Hersteller gibt, die die gestiegene Nachfrage hätten auffangen können.

Preise sinken

Mildert die zusätzliche Produktionskapazität in Kundl nun die Versorgungskrise in der Schweiz? Schliesslich stammt ein Grossteil der hierzulande verkauften Sandoz-Antibiotika aus dem Werk in Österreich. «Das ist sicher ein erster Schritt», sagt Rebecca Guntern. Versprechen will sie allerdings nichts. Sie betont, dass es weitere Schritte brauche, um die Antibiotika-Produktion langfristig attraktiver zu machen. Die Walliserin spricht sich beispielsweise für einen Mindestpreis aus, gekoppelt an einen Teuerungsindex.

Bisher kennen die Preise für patentfreie Medikamente nämlich nur eine Richtung: nach unten. Das Bundesamt für Gesundheit setzt die Arzneimittelpreise fest und senkt sie regelmässig – auch bei jenen Präparaten, die bereits vergleichsweise günstig sind. Während andere Firmen beispielsweise die steigenden Energiekosten direkt auf die Kundschaft überwälzen konnten, blieben Anbietern von Generika hier die Hände gebunden. Die Margen schmolzen dahin.

«Es braucht wieder ein Bewusstsein dafür, was für einen Wert lebensrettende Antibiotika haben», sagt Guntern. Sie spüre immerhin, dass hier auch beim Bundesrat und bei den Behörden ein Umdenken stattgefunden habe. Auch im Parlament sind die Medikamentenpreise ein Thema: Es diskutiert derzeit über die Möglichkeit, bei günstigen Medikamenten auf Preissenkungen zu verzichten.

Der Pilz mag Laktose noch lieber als Zucker

In Kundl stand am Anfang eine stillgelegte Brauerei. Sie war für die Penicillin-Produktion geeignet, weil auch im Brauwesen die Fermentation eine zentrale Rolle spielt. In gewisser Weise wiederholt sich nun die Geschichte. Als im Zuge des Ukraine-Kriegs die Zuckerpreise in die Höhe schossen, suchten die Experten bei Sandoz nach alternativer Nahrung für ihren Schimmelpilz. Sie wurden wie vor 77 Jahren in der Region fündig. Seither liefert eine nahe gelegene Molkerei Laktose, ein Nebenprodukt aus der Käseproduktion. Wie sich herausstellte, bekommt das dem Penicillinpilz noch besser als herkömmlicher Zucker.

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