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Scharfe Kritik an Notfallstrategie

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Es ist ein Albtraum, den ein älterer Mann aus dem Sense-Oberland vergangene Woche durchlebte. Mitten in der Nacht weckte ihn seine langjährige Lebenspartnerin. Es war ihr nicht wohl, und sie hatte Atemnot. Der Mann handelte so schnell es ging: Er fuhr seine Lebenspartnerin zum Spital Tafers. Auf dem Weg dahin verlor sie ihm Auto das Bewusstsein.

Beim Notfall des Spital Tafers stiess der Mann auf geschlossene Türen. Denn der Notfall ist seit Beginn der Corona-Krise nachts geschlossen. Der Mann fand keinen Notfallknopf, fuhr zum Empfang, doch auch dort fand er keine Klingel. Verzweifelt begann der Mann zu rufen und zu hupen, bis schliesslich eine Pflegerin und ein Assistenzarzt zu Hilfe eilten. Sie begannen mit Reanimationsmassnahmen, riefen die Ambulanz und den Mobilen Dienst für Notfallmedizin und Reanimation (Smur). Doch die Hilfe kam zu spät für die Frau, sie verstarb.

Der Hausarzt Paul Mülhauser machte die FN auf den Fall aufmerksam. Die Familie der Verstorbenen willigte ein, dass die FN anonym darüber berichten. Die Tochter des Mannes schilderte den FN, was passiert ist. «Mein Vater leidet ex­trem», sagt sie. «Er stand in Panik vor dem Spital und erhielt einfach keine Hilfe.»

Die Familie fordert, dass der Notfall in Tafers so schnell wie möglich auch nachts wieder öffnet. «Gerade ältere Menschen sind noch sehr auf Tafers ausgerichtet. In solch einer Extremsituation kann man doch nicht von einem älteren Mann wie meinem Vater verlangen, dass er in die Stadt hineinfährt, wo er sich nicht auskennt.» Und die Ambulanz habe in der Nacht von Wünnewil auch mindestens 20 Minuten, bis sie im Sense-Oberland sei. «Es muss doch am Spital Tafers mindestens eine Klingel geben, mit der man Hilfe anfordern kann», sagt die Tochter weiter. Der Notfall-Knopf sei mit Corona-Infoblättern überklebt gewesen.

Der Forderung nach einer baldigen Öffnung des Notfalls auch nachts schliessen sich die Sensler Hausärzte an, wie Paul Mülhauser gegenüber den FN sagt. Er kritisiert, dass nicht genügend über die nächtliche Schliessung informiert worden sei. «Viele Leute wissen das nicht.» Die Wiederaufnahme des Nachtbetriebs ist spätestens für Anfang 2021 geplant, wie das HFR im Juli mitgeteilt hatte.

Keine Anästhesisten

Mülhauser und auch Manfred Kamps, der 20 Jahre lang Abteilungsleiter der Anästhesiepflege in Tafers war, kritisieren, dass mit dem Wegfall von Operationen in Tafers auch keine Anästhesie-Fachleute mehr vor Ort sind. Manfred Kamps erklärt, warum diese wichtig sind: «Ihre Aufgabe ist die Aufrechterhaltung lebenswichtiger Systeme, also der Atmung und des Kreislaufs. Sie kennen sich mit künstlicher Beatmung aus.» Sie seien während Operationen im Einsatz und bei Notfällen. Als es in Tafers noch eine Anästhesiepflege-Abteilung gegeben habe, sei eine Anästhesie-Fachperson in 30 Sekunden vor Ort gewesen. Nun müsse erst jemand aus Freiburg nach Tafers fahren. Diese Situation entspreche nicht den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin.

«Eigentlich dürfte man den Notfall in Tafers gar nicht Notfall nennen», sagt Kamps. «Damit wird eine Sicherheit vorgegaukelt, die es gar nicht gibt», sagt er. Er weist daraufhin, dass Leute aus ländlichen Gegenden oft mit dem Auto ins Spital fahren und nicht die Ambulanz rufen. «Gerade im Sense-Oberland denken viele, dass sie schneller im Spital sind, als auf die Ambulanz zu warten, die von Wünnewil kommt.» Wenn dann der Notfall nicht sofort adäquate Hilfe leisten könne, sei das ein Problem.

Notfallhilfe zu spät

Zwar gibt es im ganzen Sensebezirk ein Netz mit sogenannten First Respondern, die in Notfällen vor Ort eingreifen können, bis die Ambulanz da ist. Der Hausarzt Paul Mülhauser wendet ein: «Wenn man nachts in Panik vor dem Spital Tafers steht, dann denkt man da nicht dran. Denn man denkt, im Spital sind ja Leute, die mir helfen können.» Im Spital Tafers arbeiten viele Assistenzärzte in ihren ersten Ausbildungsjahren. «Mit solchen Situationen sind sie überfordert», sagt Paul Mülhauser. Da brauche es Anästhesie-Fachpersonen – und wenn diese erst aus Freiburg kommen müssten, werde es brenzlig. Bei einem Herzstillstand sinke die Überlebenschance mit jeder Minute um zehn Prozent. Wenn die Notfallhilfe also länger als zehn Minuten braucht, kommt sie zu spät.

So wie es geschehen ist im Fall der Familie, die ihre Angehörige letzte Woche verloren hat. Die Enkelin sagt den FN am Telefon: «Klar wissen wir nicht, wie es ausgegangen wäre, wenn schneller Hilfe gekommen wäre. Aber es muss doch eine Anlaufstelle geben, wo einem in solchen Situationen geholfen wird.»

Reaktion

Das sagt der medizinische Direktor zur Kritik

Die FN haben Ronald Vonlanthen, den medizinischen Direktor des HFR Freiburg, um eine Stellungnahme zum tragischen Ereignis und zur Kritik gebeten. Zum konkreten Fall kann Vonlanthen aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes nichts sagen. Man schliesse sich dem Beileid für die betroffene Familie an und habe mit ihr Kontakt aufgenommen. Vonlanthen sagte zudem, dass der Notfallknopf nicht hätte überklebt werden dürfen. «Wir werden das beheben.»

Vonlanthen kündigte an, dass in den nächsten Wochen Defibrillatoren am Eingang des Spital Tafers installiert würden. Wenn diese benützt werden, wird gleichzeitig ein Alarm an die Notfallnummer 144 ausgelöst. Das sei schon länger geplant gewesen.

«Breitflächig kommunizieren»

Hat das HFR zu wenig gut kommuniziert, dass der Notfall in Tafers nachts geschlossen ist? «Wir haben unser Möglichstes gemacht», sagt Ronald Vonlanthen. Neben Medienmitteilungen seien in mehreren Zeitungen Inserate geschaltet worden. Das werde auch in den nächsten Wochen wieder geschehen. «Die einzige Möglichkeit ist, immer wieder und breitflächig zu kommunizieren», sagt die stellvertretende Kommunikationsbeauftragte des HFR, Daniela Wittwer.

«Grundsätzlich empfehlen wir in medizinischen Notfällen zunächst die Nummer 144 anzurufen», sagt Ronald Vonlan­then. Zwar könne es eine Weile dauern, bis die Ambulanz im Oberland sei. Doch mit 144 würden auch die First Responder alarmiert, ausgebildete Rettungsfachkräfte, die in jeder Gemeinde rasch zur Stelle seien und die Zeit bis zum Eintreffen der Ambulanz überbrückten.

Es sei tatsächlich so, dass der Notfall in Tafers eher schwach besetzt sei. Dass nur ein Assistenzarzt und Pflegefachkräfte in der Nacht dort seien, sei aber schon früher so gewesen. Zwar habe es eine Zeit lang nachts auch ausgebildete Anästhesie-Pflegefachkräfte gegeben. «Doch ich glaube nicht, dass eine Anästhesie-Pflegefachkraft so einen grossen Unterschied macht», sagt Vonlan­then. Die Anästhesisten seien zu wenig im Einsatz gewesen im Tafers. Sie zu beschäftigen sei nicht sinnvoll, auch weil die Infrastruktur und das Team gefehlt hätten. Und es sei schwierig, Anästhesisten für ein kleines Landspital zu finden.

Die Assistenzärzte am HFR Tafers seien tatsächlich jung: Von den 18 Assistenzärzten, die momentan dort arbeiten, sind acht im ersten Jahr; kommen also direkt von der Universität. Das sei in allen Landspitälern so, sagt Vonlanthen. «Die grossen Spitäler nehmen nur Assistenzärzte, die bereits etwas Erfahrung haben. Diese Erfahrung sammeln sie in den kleinen Spitälern. Assistenzärzte sind aber nicht auf sich alleine gestellt, sie arbeiten unter Aufsicht eines Kaderarztes der immer via Pikett erreichbar ist.»

Die Medizin habe sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt, so dass bei Notfällen viel mehr gemacht werden könne als etwa noch vor 30 Jahren, erklärt Vonlanthen. Doch diese Infrastruktur gebe es nur in den grösseren Spitälern, weil es dafür auch genug und spezialisiertes Personal braucht. Auch die Ambulanzen seien heute nicht nur Transportunternehmen, sondern verfügten über eine rollende Intensivstation. Darum sei es sinnvoll, sie zu rufen, auch wenn sie etwas länger bräuchten. Sie führen bei schweren Fällen in ein grösseres Spital und informierten die Spezialisten dort, damit diese alles für die Ankunft des Patienten vorbereiten könnten.

Ambulante Behandlungen

Auch wenn der Notfall in Tafers schwierige Fälle direkt an das Spital in Freiburg überweisen müsse, sei seine Existenz gerechtfertigt, sagt Vonlan­then. Zum einen, weil es ein wichtiges Angebot für die deutschsprachige Bevölkerung sei. Und zum anderen, weil die überwiegende Mehrheit der Fälle, die in den Notfall kämen, ambulant behandelt werden können. «Oft sind das Menschen, die keinen Hausarzt haben und wegen kleineren Sachen direkt in das Spital kommen.» Diese könne man pro­blemlos versorgen.

nas

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