Vom Fensterreinigen bis zu Elektrizitätsarbeiten: Mitarbeiter des Unternehmens Pro Access erledigen in der ganzen Romandie Arbeiten in der Höhe. Die FN haben die Seiltechniker bei einem Einsatz begleitet und mehr über ihren Beruf erfahren.
Auf dem Dach des Theaters Equilibre geht es geschäftig zu und her. Zwei Männer mit roten Helmen überprüfen vier Seile, bringen die Auffangsicherung an und sichern ihr Klettergeschirr an den Seilen. Als alles erledigt ist, knien sie sich auf den Rand des Dachs, drehen sich um – und schon beginnt der Abstieg. Bevor sie hinter der Dachkante verschwinden, greifen sie nach dem roten Eimer mit dem Werkzeug. Die zwei Männer seilen sich an der rückseitigen Fassade des Equilibre ab und reinigen, mehrere Meter über dem Boden hängend, die grossen Fenster.
Akrobatische Arbeiten
Die exakte Bezeichnung für diesen Beruf ist Seiltechniker und nicht Fensterreiniger, erklärt Erich Fracheboud. Er ist Geschäftsführer von Pro Access, der Firma, die sich um die Fensterreinigung des Equilibre kümmert. Er führt aus:
Der Beruf des Seiltechnikers gehört zu den Arbeiten in der Höhe, die auch als akrobatische Arbeiten bezeichnet werden.
Das liege daran, dass sie manchmal in unnatürlichen Positionen arbeiten müssten. Das beweist einer seiner Mitarbeiter, als er sich in den Seilen fast in eine waagrechte Position bringen muss, um eine kleine Fensterecke zu erreichen.
Um die Fenster des Equilibre zu reinigen, müssen die Seiltechniker akrobatische Positionen einnehmen.
Aldo EllenaDer Beruf des Seiltechnikers gehört zu den Arbeiten in der Höhe.
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Fenster zu reinigen sei nicht das Einzige, was sie machen, erklärt der Chef: «Wir kümmern uns auch um die Taubenabwehr, Maurer- oder Elektrizitätsarbeiten.» In seiner Firma gibt es zwei verschiedene Tätigkeiten: die akrobatischen Arbeiten und die Sicherungsarbeiten. Bei Letzteren installieren seine Mitarbeiter beispielsweise Absturzsicherungen und selbsttragende Geländer auf Dächern.
Nie alleine arbeiten
Auf dem flachen Dach mit Kieselsteinen liegt einiges an Material herum. Zur Standardausrüstung der Seiltechniker gehören Klettergeschirr, Helm, Auffangsicherung, ein hölzerner Sitz für den Komfort, Karabiner und ein Abseilachter. Aber nicht nur das Werkzeug muss stimmen, erklärt Eric Fracheboud. Beim Abstieg benutzen sie jeweils zwei Seile:
Das erste Seil ist das Arbeitsseil und das zweite ein Sicherheitsseil für den Fall, dass das erste reisst.
Diese Seile werden jeweils an zwei zuverlässigen Fixpunkten festgemacht. Die Fixpunkte dienen als Absicherung. Denn sollte ein Fixpunkt oder ein Seil versagen, könnte dies für die Seiltechniker schwerwiegende Konsequenzen haben.
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Alle Geräte, Werkzeuge und Fixpunkte, die sie benutzen, sind zertifiziert, kontrolliert und entsprechen den einschlägigen Normen. Die Arbeit als Seiltechniker dürfe man aus Sicherheitsgründen allerdings nicht alleine verrichten: «Man muss immer mindestens zu zweit sein und ein Auge auf den anderen haben.»
Als Seiltechniker sollte man keine Höhenangst haben.
Aldo EllenaNach jeder Passage werden die Auffangsicherungen kontrolliert und zum Teil neu eingerichtet.
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Eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Beruf: «Man sollte keine Höhenangst haben.» Zusätzlich sollte man manuelle Arbeiten bevorzugen und gewissenhaft arbeiten. Denn diese Arbeit könne schnell monoton und somit gefährlich werden.
Maximum sechs Stunden
Der Ablauf sei eigentlich immer gleich, erklärt Fracheboud. Zuerst gebe es eine Besichtigung vor Ort, bei der die Mitarbeiter eruieren, welche Arbeiten zu erledigen sind. Danach erstellen sie ein Sicherheits- und Arbeitsprotokoll. Letzteres definiert die Arbeitsmethode und wie sie die Fixpunkte anbringen werden. Auf der Baustelle angekommen, montieren die Seiltechniker die Fixpunkte, legen die Seile an und beginnen mit der Arbeit.
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Die Seiltechniker arbeiten höchstens sechs Stunden pro Tag in der Höhe. Der Grund dafür: «Wir sitzen die ganze Zeit, und die Durchblutung könnte unterbrochen werden.» Sie werden zwar durch eine Art Sattel und Gurt unterstützt, aber sechs Stunden zu sitzen, sei schon ausgesprochen unbequem.
Um die Fenster des Equilibre zu reinigen, brauchen seine zwei Mitarbeiter ungefähr einen Tag. Es gebe aber auch andere Gebäude mit 10’000 Quadratmetern Fenster, bei denen sie mit fünf Seiltechnikern fast einen Monat gebraucht hätten. Zum Vergleich: Die Fenster des Equilibre umfassen ungefähr 112 Quadratmeter.
Seiltechniker dürfen nie allein arbeiten. Sie müssen immer mindestens zu zweit sein.
Aldo EllenaDie Besucherinnen und Besucher der Bar im dritten Stock des Equilibre können die Seiltechniker bei ihrer Arbeit beobachten.
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Sein Beruf ist anstrengend, trotzdem gefällt es Eric Fracheboud: «Ich mag die Vielfalt, denn jedes Projekt ist anders.» Vor 20 bis 30 Jahren waren diese Arbeiten in der Höhe noch ein Randberuf. Inzwischen ist dieses Arbeitsgebiet professionalisiert worden. Dies weiss er sehr zu schätzen.
Die Seiltechniker seilen sich ab, bis sie unten ankommen. Dann geht es wieder aufs Dach des Equilibre für einen erneuten Putzdurchgang.
Zum Beruf
Mindestens eine Woche Ausbildung
2010 hat Eric Fracheboud seine Firma Pro Access in Bulle gegründet, damals noch unter dem Namen Acrofil. Der 41-Jährige ist eigentlich gelernter Konditor, hat sich dann aber als Seiltechniker weitergebildet. Er hat neun Jahre Erfahrung als Helfer auf Baustellen in verschiedenen Berufsgattungen des Bauwesens gesammelt. Sein Unternehmen zählt inzwischen fünf Mitarbeitende, die das ganze Jahr tätig sind, und bis zu zehn Mitarbeitende in der Hochsaison.
Wer den Beruf als Seiltechniker ausüben möchte, muss eine Ausbildung machen, die mindestens eine Woche dauert. Diese Ausbildung wird von der Unfallversicherung Suva und dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) verlangt, erklärt Eric Fracheboud. Es gebe immer einen Kurs pro Niveau – insgesamt gibt es drei Niveaus. Diese können mit einer gewissen Anzahl Arbeitsstunden erreicht werden. Das erste Niveau beinhaltet die Arbeit mit den Seilen. Beim zweiten Niveau lernen die Seiltechniker, wie sie Fixpunkte setzen. Wer das dritte Niveau erreicht, lernt, eine Baustelle zu beaufsichtigen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. agr
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