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Sichere Fahrt durchs Uferlose

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die Bad Bonn Kilbi vermag viel zu geben – aber sie verlangt einem auch einiges ab: Die eklektische Irrfahrt über alle Stilgrenzen, die zu besonders schönen Übergängen oder zu besonders krass anmutenden Stilbrüchen führt, kann an die Substanz gehen – aber auch unerwartete Zusammenhänge offenbar machen oder unversehens Wohlgefallen provozieren.

Von Kirke und Flaute

Der freitägliche Wiedereinstieg nach dem (für manche wohl allzu) kurzen Fronturlaub gelingt geschmeidig: Caterina Barberi, klassisch ausgebildete Komponistin, die sich aber elektronischer Mittel bedient, schafft mit ihren hypnotischen Synthie-Patterns mit Marianengraben-Hall bei völligem Verzicht auf Perkussion eine somnambule Monotonie (im besten Wortsinn), die sich wohlig an Schlafmangel und Restalkohol schmiegt. «Guter Morgentechno», lautet der lakonische Kommentar einer Besucherin – um halb fünf nachmittags notabene: Die Uhren der Kilbi ticken notgedrungen etwas anders.

Deutlich bewegungsfreudiger geht es bei Lido Pimienta zu, die sich – im siebten Monat schwanger – als veritable Rampensau entpuppt, und um keinen Spruch verlegen ist: «My songs are about being a badass woman in this world. I am like Adele, but without the money», tönt es von der Bühne («Meine Lieder handeln davon, in dieser Welt eine knallharte Frau zu sein. Ich bin wie Adele, nur ohne das Geld.»).

Hier geht’s zur Bildergalerie der Kilbi 18.

Die Mischung aus lateinamerikanischer Perkussion und elektronischen Elementen, welche die beeindruckende Stimmperformance tragen, weiss zu überzeugen – der zwischen verstaubten Beziehungskisten und Schuhklischees oszillierende Doktor-Sommer-Feminismus legt allerdings davon Zeugnis ab, dass die Sängerin die klassischen Geschlechterrollen doch noch nicht so überwunden hat, wie sie von sich selber zu glauben scheint. Bleibt nur zu hoffen, dass die etwaige Ironie in der babylonischen Sprachverwirrung von Deutsch, Spanisch und Englisch verloren ging.

Nach einem Ausflug in den Punk mit hohem Energie­level und Spassfaktor, aber kurzer Halbwertszeit, kommt dann der vertonte Stillstand: Mit Uralt-Instrumentarium versehen dröhnen die Zeitlupen-Crescendos von La Tène unaufhaltsam durch die Kilbilandschaft. Der gnadenlos repetitive Steinzeit-Drone walzt alles nieder, bleibt aber in seiner Urgewalt unheimlich fesselnd – auch wenn er unaufhaltsam auf einen Höhepunkt zu­steuert, der nie kommt. Stattdessen gewähren diesen dann James Holden & The Animal Spirits, die mit ihrem Folk-Trance die dereinst unüberwindbar geglaubten Ozeane zwischen Krautrock, Jazz und elektronischer Musik mit ebenso eingängigen wie komplexen Kompositionen quasi spielerisch durchkreuzen.

Von Sirenen und Elektro-Hades

Am Samstag stellt sich der Beginn durch sperrige Noise-Improvisationen und Free Jazz als nicht ganz so einfach heraus, doch spätestens bei Injury Reserve ist die Menge versöhnt – oder endgültig an die Bar verjagt: Das amerikanische Trio überzeugt vor einem pittoresken Landschaftsbild mit Hip Hop, der – manchmal heftig, manchmal geradezu unerhört smooth – alte und neue Schule meist erfolgreich vereint; jedenfalls immer mit zwingendem Groove und Flow – von den Auto-Tune-Orgien einmal grosszügig abgesehen.

Von der Hüfte ins verzweifelt zählende Hirn verlegen die Polyrhythmik-Fetischisten von Horse Lords dann den Fokus, deren hochkomplexe Musik trotz kompositorischer Abgehobenheit erstaunlich mitreissend ist.

Doch auch am Samstag kommt trotz der Beteuerung, auf Headliner verzichten zu wollen, einer der Höhepunkte eher am Schluss: Sevdaliza garniert ihren Hochglanz-Pop im Bermudadreieck zwischen souliger Stimme, neoklassischen Melodien und Massive-Attack-Anklängen mit einer für Kilbi-Verhältnisse ungewöhnlich durchchoreografierte Bühnenshow inklusive Tänzer, was in der Summe überzeugend daherkommt, aber kaum zu den anderen Acts passen will – und es gerade deswegen tut.

Wer nach dem Apokalypse-Soundtrack von Pan Daijing und dem elektronischen Bass-Sperrfeuer von Giant Swan noch Reserven mobilisieren kann, gibt sich bei DJ Marcelle und bei DJ Fett den Rest.

Alle andern zerstreuen sich auf Knien oder Zahnfleisch; todmüde, aber glücklich, wie man es nur nach der Kilbi ist, denn letztlich tut er eben doch immer wieder gut, der Blick über den Tellerrand in die fernen Horizonte der Musik. Bis nächstes Jahr in Ithaka!

Fazit

Der Morgen danach

Die 28. Bad Bonn Kilbi ist zu Ende – und damit fangen die Aufräumarbeiten an: «Am Freitagnachmittag machen wir wieder auf», sagt Patrick Boschung. Bis dahin muss Klarschiff gemacht werden.

Insgesamt sind für die Bad-Bonn-Kilbi jeweils circa 300 freiwillige Helfer im Einsatz; dazu kommen etwa 100 externe Personen für Verpflegung und dergleichen. Einige der Helfer opfern eigens ihre Ferientage für die Kilbi, aber es werde auch oft abends oder am Wochenende gearbeitet. Es hätten sich eingespielte Teams entwickelt, die für einen reibungslosen Ablauf der Auf- und Abbauarbeiten sorgten.

Die diesjährige Ausgabe sei – abgesehen von ein paar technischen Pannen wie etwa einem Stromausfall – ohne grössere Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Weder Sanität noch Security seien gross zum Einsatz gekommen; wie in den Jahren zuvor gab es keine ernsten Vorfälle. «Trotzdem ist man immer froh, wenn es fertig ist und nichts passiert ist; weil, ob mutwillig oder nicht, bei so vielen Leuten kann immer etwas passieren», lässt ein beruhigter Patrick Boschung von den Aufräumarbeiten verlauten.

tj

 

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