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Tweet von Trump oder seriöser Text?

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Ariane Schwab, der Vorlesewettbewerb wurde vor acht Jahren mit dem Ziel lanciert, bei Kindern und Jugendlichen das Lesen zu fördern. Wie kann der Wettbewerb das bewerkstelligen?

Indem er das Lesen feiert. Er gibt dem Lesen eine gesellschaftliche Bedeutung, gerade weil im Finale auch Eltern, Angehörige und Freunde der Kinder anwesend sind.

Verglichen mit Song-Contests im Fernsehen haftet einem Vorlesewettbewerb etwas Verstaubtes an.

Lesen hat lange Zeit ein verstaubtes Image gehabt. Das hat auch etwas mit dem leisen Lesen zu tun. In früheren Jahrhunderten wurde primär laut gelesen. Weil damals viele Menschen nicht lesen konnten, trugen Schriftgelehrte einem ausgesuchten Publikum Texte vor. Vor allem Kleriker hatten die Macht des Lesens inne. Es gab keine obligatorische Schulpflicht. Im 16. Jahrhundert verstand man es nicht als gesellschaftliche Aufgabe, den Menschen das Lesen beizubringen. Es fehlte an der Methodik.

Wie kam es denn dazu, dass die Menschen angefangen haben, still in ihrem Kämmerchen zu lesen?

Mit dem Buchdruck standen Texte plötzlich einer breiteren Masse zur Verfügung. Während zuvor die Bibel oder andere erbauende Texte rezitiert, auswendig gelernt und besprochen wurden, wurden Texte nun zur Ware. Im Zusammenhang mit dem 18. Jahrhundert spricht man sogar von einem neuen Lektüremodus. Weil Lesen neu der Informationsbeschaffung diente, machte es keinen Sinn mehr, etwa eine Zeitung laut zu rezitieren. Darum hat man eben angefangen, still zu lesen.

Mit Lesewettbewerben soll Lesen also öffentlich zelebriert und so eine Breitenwirkung erzielt werden. Um am Wettbewerb aber überhaupt eine Chance zu haben, müssen die Schüler schon sehr fit sein …

… das würde ich anzweifeln. In der neuen Kategorie «Lesetheater» lesen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen kleine Texte. Sie erwecken Texte mit Stimmführung und Mimik zum Leben. Das ist auch eine Art, wie man Lesen fördern kann, indem man kleine Passagen immer wieder übt.

Wann würden Sie denn sagen, dass eine Schülerin oder ein Schüler gut liest?

Gutes Lesen ist primär flüssiges Lesen. Das heisst, man muss nicht jeden Buchstaben entziffern, sondern erkennt grössere Textbausteine. Wenn ich das kann, heisst das auch, dass ich den Text verstehe. Das Verstehen gehört ebenso zu einem kompetenten Lesen. Dazu muss ich auch wissen, wo ein Satz endet und wann einer beginnt. Wenn ich allerdings wie ein Roboter lese, verstehe ich möglicherweise die Bedeutung des Textes nicht. Das ist auch das Problem des leisen Lesens, weil man von aussen nicht überprüfen kann, ob der Text wirklich verstanden wurde.

Ist Lesen wie Fahrradfahren: Wenn man es mal gelernt hat, kann man es immer? Oder anders gefragt: Die Teilnehmenden sind circa elf Jahre alt – ist da die Lesekompetenz schon gefestigt?

Nein. Man spricht in diesem Alter oft vom sogenannten zweiten Leseknick. In diesem Alter werden die Peers wichtig. Wenn sich die Schülerin oder der Schüler dann in Kreisen bewegt, in denen man nicht gerne liest, oder sich von den Eltern abgrenzen will, dann können die Lesekompetenzen einen Rückschlag erleiden. Wichtig ist dann vor allem, dass das Textmaterial stimmt. Wenn die Schüler nicht gelernt haben, den richtigen Lesestoff für sich auszuwählen, kann sich das negativ auswirken. Lehrpersonen sollten darum die verschiedenen Lesetypen bedienen: die Informations- und die Wissensdurstigen sowie jene, die Unterhaltung mögen.

Lesen Kinder und Jugendliche heute schlechter oder besser als früher?

Das kann ich nicht beantworten. Dafür gibt es keine Langzeitstudien. Ich finde es ehrlich gesagt auch undifferenziert, wenn durch Studien wie beispielsweise die Pisa-Studien solche Urteile gefällt werden, obwohl es dazu gar keine Vergleichsstudien gibt. Heute gibt es viel mehr Textmaterial, die Menschen lesen insgesamt häufiger.

Es gibt mehr Gelegenheiten. Werden sie aber auch genutzt?

Da kommen Sie gar nicht drum herum. Schriftliche Informationen begleiten uns ständig. Denken Sie nur an die Werbung am Strassenrand oder den Text auf dem Bildschirm im Bus. Etwas anderes ist die Frage, ob die Texte immer verstanden werden, etwa Wortspiele in der Werbung. Gerade in diesem Zusammenhang werden heute auch ganz neue Anforderungen an die Lesekompetenz gestellt. Leserinnen und Leser müssen sich überlegen: Ist der Textinhalt auch wahr? Handelt es sich um einen Tweet von Trump oder um eine Expertise? Das versucht übrigens auch der Lehrplan 21 aufzunehmen.

Es gibt immer wieder neue Methoden, um Kindern das Lesen beizubringen. Eine aktuelle Methode sind die sogenannten Leseschlau-Gesichter. Dabei lernen Kinder die Buchstaben mit Lauttafeln, auf denen gezeichnete Münder die Buchstaben formen. Haben sich die Methoden gegenüber früher verbessert?

Ich würde sagen, die Lehrpersonen schauen genauer hin. Und es gibt eine grössere Vielfalt an Methoden. Heute wird das Lesen in seinen verschiedenen Facetten gefördert, so wird beispielsweise auch stark auf Leseanimation gesetzt. So organisieren Schulen Lesenächte, und es werden Autorinnen und Autoren eingeladen.

Lehrpersonen geben den Schülerinnen und Schülern oft Texte mit, die sie dann zu Hause üben sollen. Was aber ist, wenn die Eltern sie dabei gar nicht unterstützen können?

Sie sprechen die Chancengleichheit an. Sie muss klar oberstes Ziel sein. Und natürlich ist das Engagement der Eltern wünschenswert, aber mehr im Sinne eines Sich-Informierens über die Themen und Texte, mit welchen sich die Kinder in der Schule beschäftigen. Das eigentliche Training des flüssigen Lesens kann als Hausaufgabe selbstständig von den Kindern durchgeführt werden. Leseförderung im Sinne eines unterstützenden Trainings muss aber vor allem in der Schule stattfinden, sonst wird die Chancenungleichheit möglicherweise gar zementiert.

Die Sprachkompetenz könnte unter dem Aufkommen von Internet und sozialen Medien leiden, wird immer wieder befürchtet. Wie haben sie unser Leseverhalten beeinflusst?

Wir müssen aufgrund des Informationsreichtums in den neuen Medien viel selektiver lesen. Auf der Suche nach einer Information lesen wir solange im Internet etwas nach, bis wir die Information gefunden haben. Dazu tragen auch die Hyperlinks bei. Das kann dazu führen, dass sich einige keinen langen Lese-Atem angewöhnen und somit wohl seltener im Garten sitzen und ein ganzes Buch lesen.

Ist das schlecht?

Nein, die Gesellschaft verändert sich und damit auch das Leseverhalten.

«Heute gibt es viel mehr Textmaterial. Die Menschen lesen insgesamt häufiger.»

Ariane Schwab

Dozentin an der PH

Vorschau

Leserinnen und Leser messen sich

Schülerinnen und Schüler des fünften Schuljahres aus Deutschfreiburg treten morgen im Finale des Vorlesewettbewerbs 2017 gegeneinander an. Sie geben Texte aus einem Kinder- oder Jugendbuch zum Besten, messen sich in einem Dichterwettstreit oder führen ein Lesetheater in kleinen Gruppen auf. Organisiert wird der Vorlesewettbewerb vom Amt für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht und dem Dokumentationszentrum der Pädagogischen Hochschule Freiburg (PH). Der Anlass findet in der Aula der PH Freiburg statt und dauert von 17 bis 19 Uhr.

rsa

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