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Unterwegssein als Zustand

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Er ist überall und nirgends zu Hause, ist ständig unterwegs und fühlt sich im Dorfleben ebenso wohl wie in der anonymen Grossstadt: Der Freiburger Performancekünstler Martin Schick ist dieses Nomadenleben seit vielen Jahren gewohnt. Sein Beruf bringt es mit sich, dass er von Projekt zu Projekt, von Bühne zu Bühne, von Stadt zu Stadt reist. Was lag also näher, als sich für das kantonale Mobilitätsstipendium zu bewerben, das 2015 erstmals vergeben wurde (siehe Kasten)?

Sein Projekt «Radical Living», bei dem er innovative Wohn- und Lebensformen auf der ganzen Welt erkundet, hat ihn seither unter anderem ins Silicon Valley, nach Christchurch und zuletzt nach Brasilien geführt. Von dort ist er soeben zurückgekehrt und hat eine wichtige Erkenntnis mitgebracht: «Ich habe mich gelöst von der traditionellen Idee des Daheimseins», sagt Martin Schick beim Treffen mit den FN anlässlich eines Zwischenstopps in Freiburg, bevor ihn seine Projekte nach Genf, Zürich oder Bern führen. «Ich habe das dauernde Unterwegssein zu einem Zustand gemacht. Ich gehe nicht mehr von der Idee aus, dass ich nach jeder Reise zurückkehre, sondern bewege mich direkt von Ort zu Ort.» Wenn er so denke, lasse er sich ganz anders auf die verschiedenen Orte ein, so der 38-Jährige. «Ich passe mich an und erfinde mich ständig neu. Jeder Ort wird identitätsstiftend und charakterbildend, weil ich keinen Erwartungen entsprechen muss, sondern jeden Tag ein anderer sein kann.»

Dieses Prinzip will Martin Schick nun auch vermehrt auf seine künstlerische Tätigkeit übertragen: «Ich will zum Beispiel Ausstellungsformen ausprobieren, die sich auf einen Ort, einen Kontext beziehen.» Diese Idee will er etwa bei der «Weltausstellung» umsetzen, mit der er im Juni in Schwarzsee das Projekt «Radical Living» abschliessen wird. Was genau das Publikum dann erwartet, will der Künstler noch nicht verraten. Ziel sei weniger, von konkreten Reiseerlebnissen zu erzählen, als das, was er herausgefunden habe, konkret und im lokalen Kontext anzuwenden.

In der «vertikalen Stadt»

Diesen Winter hat Schick seinen Forschungen rund um Wohn- und Lebensformen einige Kapitel hinzugefügt: von Le Corbusiers «Unité d’Habi­tation» in Marseille über die Planstadt Brasília bis zu den Favelas von Rio de Janeiro. Mit dem Aufenthalt im Corbusier-Haus, wo er via Airbnb für eine Woche eine Wohnung nutzen konnte, habe er sich einen Traum erfüllt, sagt Schick. Die Radikalität, mit der Le Corbusier seine «vertikale Stadt» gedacht habe, sei beeindruckend. Die «Cité radieuse» umfasst nicht nur über 300 Wohnungen, sondern auch ein kleines Hotel mit Restaurant, Geschäfte, eine eigene Schule und eine begehbare Dachlandschaft. «Die Architektur bringt die Leute dazu, sich zu treffen», so Schick. «Das Gebäude bildet so die Identität der Hausgemeinschaft.»

Von der Planstadt in die Favela

Die durchdachte Architektur des Corbusier-Hauses führte Schick anschliessend in die brasilianische Hauptstadt Brasília, eine eigentliche Planstadt, entstanden auf dem Reissbrett unter der Verantwortung des Architekten Oscar Niemeyer, eines Schülers von Le Corbusier. «Brasília ist das Gegenteil einer organisch gewachsenen Stadt», sagt Martin Schick, «irgendwie gruselig und genial zugleich. Es ist faszinierend, zu beobachten, was funktioniert und was nicht –und schön zu sehen, dass der Mensch sich nicht vollkommen planen lässt.»

Den totalen Gegensatz zur Planstadt erlebte der Künstler dann in Rio de Janeiro, wo er, wenn auch aus der Ferne, die Favelas studierte. «Ich wollte nicht als Tourist in die Favelas, darum habe ich sie aus der Distanz beobachtet», erklärt er. «Ästhetisch sind sie unheimlich beeindruckend und ein genauso schönes Extrem wie Brasília. Sie sind wie die Natur, wie ein Gewächs, das sich unkontrolliert ausbreitet.»

Als letzte Station in Brasilien reiste Martin Schick nach São Paulo, wo er sich mit alternativen Schulprojekten befasste, viele basierend auf Paulo Freires «Pädagogik der Unterdrückten», die durch die Alphabetisierung des Volkes zu Freiheit und Demokratie beitragen wollte. «Ich besuchte eine Schule, die einem botanischen Garten angegliedert ist», erzählt der Freiburger. «Dort werden die Kinder nicht mit standardisiertem Wissen gefüttert, sondern dazu ermutigt, selbst zu denken und Antworten zu finden.»

Leben in der Wildnis

Bevor das Projekt zum Abschluss kommt, hat Martin Schick noch eine letzte Etappe vorgesehen, inspiriert von einem Abstecher ins Amazonasgebiet: «Ich möchte in der Schweiz an einem Survival-Kurs teilnehmen, um das Thema ‹Leben in der Wildnis› auszuloten», sagt er.

Wieder ein radikaler Gegensatz zum bisher Erlebten, der gut zu Martin Schick passt, der lange in Berlin lebte und sich jetzt ein Standbein in Schwarzsee aufbaut. «In der Grossstadt interessiert es niemanden, ob du da bist oder nicht», sagt er dazu. Das könne schön sein, aber auch brutal. Darum geniesse er die Gegenwelt in Schwarzsee – eine Welt, die die Besucherinnen und Besucher seiner «Weltausstellung» im Juni ganz neu entdecken werden.

Die FN begleiten Martin Schick beim Projekt «Radical Living» mit einer losen Artikel-Serie.

Zahlen und Fakten

Für Kunstprojekte im Ausland

Das Projekt «Radical Living» realisiert Martin Schick im Rahmen des kantonalen Mobilitätsstipendiums. Zusammen mit dem bildenden Künstler Jacques Cesa war er 2015 der erste, der von dem damals neu geschaffenen Stipendium profitieren konnte. Dieses ist mit maximal 20 000 Franken dotiert. Der Kanton unterstützt damit Projekte von Freiburger Kunstschaffenden, die einen Aufenthalt im Ausland erfordern. Soeben hat er das Stipendium für 2017 an Marinka Limat und Florian Favre vergeben (siehe Artikel auf Seite 8). 2016 profitierten Isabelle Pilloud und David Brülhart. Martin Schick arbeitet derzeit an seinem Schlussbericht. Die abschliessende «Weltausstellung» in Schwarzsee wird am 26. Juni im Rahmen des Festivals Belluard Bollwerk International eröffnet.

cs

Martin Schick.

Bild ce/a

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