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Verschweizerung – aber richtig!

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Im Falle eines Weltuntergangs wäre ich am liebsten in der Schweiz», sagte Albert Einstein. «Dort geschieht alles etwas später.»

Hat Einstein recht? Wahrscheinlich würde der Weltuntergang in der Vernehmlassung zerzaust; spätestens jedoch im Parlament. Vielleicht wären aber auch die verschiedenen Vorstellungen über einen angemessenen Weltuntergang bereits im Bundesrat unüberbrückbar. Und dann das Volk! Man darf annehmen, dass es den Weltuntergang ablehnen würde.

Für einmal irrte Einstein also: Der Weltuntergang geschähe hierzulande nicht einfach später, er wäre völlig chancenlos.

Globaler Markt trifft auf direkte Demokratie

Aber der Zeitgeist ist schon eher pessimistisch. Die Zeitungen sind voll von geopolitischen Unsicherheiten, von der Krise der Mittelschicht, von Abstiegsängsten. Die unheilvollen Schlagzeilen vermehren sich, und das vor dem Hintergrund eines globalen Machtvakuums.

Wer regiert die Welt? Schwer zu sagen. Der amerikanische Politologe Ian Bremmer beispielsweise spricht von der «G-0». Man könnte auch sagen: Die stärkste Kraft ist die Globalisierung. Sie bringt grosse wirtschaftliche Chancen mit sich, aber auch eine tiefgreifende Verunsicherung. Das führt in vielen Ländern zu einem Rückzug auf das Eigene, Vertraute, Überschaubare.

Diese Dialektik ist auch in der Schweiz zu beobachten. Unser Land gehört zu den am stärksten globalisierten Ländern überhaupt–mit allen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen, die das beinhaltet.

In unserem Land–und nur hier!–treffen die globalen Marktkräfte auf die direkte Demokratie.

Die Schweiz ist «bottom-up» aufgebaut, während die Logik der globalen Wirtschaft stark «top-down» funktioniert. Das macht die Schweiz zu einem Sonderfall, was die gesellschaftliche Akzeptanz der Globalisierung angeht. Wir beurteilen auch an der Urne, ob die verschiedenen Prozesse der Internationalisierung uns eher bedrohen–oder ob doch die Chancen überwiegen.

Die heutige Schweiz mit ihrer im Weltmassstab überschaubaren Bevölkerung von acht Millionen erscheint in der Logik der internationalen Arbeitsteilung als ein einziger Wirtschafts-Cluster. Und als ein höchst erfolgreicher dazu. Und trotzdem: In Teilen der Bevölkerung herrscht ein gewisses Unbehagen gegenüber einer Wirtschaft, die als von den Menschen abgekoppelt wahrgenommen wird. Exorbitante Löhne, der Imperativ der ständigen Selbst-Vermarktung oder das Leben unter dem Damokles-Schwert der nächsten Restrukturierung–all diese Aspekte der globalisierten Wirtschaft stossen mit Kernwerten unseres Landes wie Bescheidenheit und Beständigkeit zusammen.

Und auch Ängste vor starker Einwanderung und kultureller Entfremdung haben sich deutlich manifestiert in letzter Zeit. Die Schweiz hat einen der höchsten Ausländeranteile der Welt. Fragen nach der nationalen Identität, nach dem Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden haben zurzeit Hochkonjunktur.

Fazit: Dass es im Gebälk des Schweizer Selbstverständnisses ab und zu knirscht, darf niemanden überraschen. Das häufig diagnostizierte «Unbehagen» trotz wirtschaftlichem Erfolg ist kein Mysterium. Es ist schlicht Ausdruck der Tatsache, dass die Schweiz demografisch ein Riesenzwerg–aber wirtschaftlich ein kleiner Riese ist.

Die Schweiz gibt komplizierte Antworten

Die Globalisierung und die Europäisierung–die ja nicht nur, aber auch eine Facette der Globalisierung ist–stellen unser Selbstverständnis infrage. Die einfachste Antwort wäre natürlich Nationalismus. Wir beobachten denn auch in etlichen Ländern den Aufstieg dieser Kräfte.

In vielen Ländern scheint die Identitätsfrage klar und eindeutig zu beantworten sein: «Wir sind wir!» Die kulturell und sprachlich vielfältige Schweiz kann diese einfache Antwort nicht geben. Wir lassen uns nicht auf einen gemeinsamen kulturellen Nenner bringen.

 

 Nous, ce sont aussi les autres. Ceux avec qui nous partageons un Etat et des valeurs-clé. Au cœur de notre identité, on trouve aussi la démocratie directe, le fédéralisme, le plurilinguisme, la diversité culturelle, le respect des minorités. Le nationalisme n’est donc pas seulement la mauvaise réponse. C’est aussi un danger pour notre pays. Notre patriotisme ne peut donc être qu’un patriotisme institutionnel.

C’est ce qui nous différencie de beaucoup d’autres pays. Un nationalisme ethnico-culturel s’adressant à un collectif homogène ne peut exister dans notre pays.

«Qui sommes-nous?» La Suisse est un pays qui ne peut donner qu’une réponse compliquée à cette question pourtant simple.

Confrontés aux différentes forces centrifuges qui agitent notre société, nous avons logiquement tendance à nous tourner vers ce que nous connaissons, ce qui nous est familier.

On ne renforce pas une identité avec des mots, mais bien avec des actes. Se dire patriote est une chose. Contribuer à la cohésion sociale, l’un des piliers de la réussite de notre pays, en est une autre.

Les ressources politiques et culturelles de la Suisse ne sortent pas d’une pochette surprise. On ne les trouve pas non plus dans le sous-sol de la prairie du Grütli. Nous les avons patiemment constituées. Nous les soignons grâce à notre capacité à trouver des compromis, à préserver l’équilibre entre les forces politiques et les différentes régions du pays.

L’histoire de la Suisse est pleine de ces ponts jetés au-dessus de nos fossés religieux, linguistiques, politiques ou sociaux. Je sais, le compromis a plutôt mauvaise presse, mais notre capacité à faire des compromis est un atout majeur. C’est cela notre véritable formule magique. Celle qui nous permet de trouver, encore et toujours, l’équilibre entre compétitivité et solidarité. Préserver cet équilibre est un défi de taille pour notre culture politique.

Il nous faudra parallèlement, et c’est le but du Conseil fédéral avec son Message culture, renforcer notre diversité. Renforcer notre diversité pour répondre à la mondialisation.

Je l’ai dit : résoudre les problèmes et jeter des ponts est inscrit dans notre ADN politique. Et heureusement, car le travail ne manque pas. Regardez le marché de l’emploi: nous devons absolument renforcer notre propre potentiel. On ne peut accepter que les femmes hautement qualifiées ne travaillent qu’à temps partiel parce que leur pays ne leur permet pas de concilier travail et famille. On ne peut accepter non plus, a fortiori dans une société vieillissante, que les plus de 50 ans craignent d’être exclus du marché du travail. Le culte de la jeunesse a ses limites. Celles du bon sens. Ces points de friction entre économie et société doivent être résolus au profit de la société, pour que l’économie renforce sa légitimité auprès de la population. Sinon, les votations tourneront systématiquement au règlement de comptes.

 Die Gesellschaft ist kein erweitertes Headquarter. Die Gesellschaft ist in mancherlei Hinsicht sogar das exakte Gegenteil eines Unternehmens. Die Unternehmen bevorzugen natürlich die Verfügbarsten, die Flexibelsten, die manchmal zugleich auch die Besten sind. Die Gesellschaft aber ist für alle verantwortlich, nicht nur für die jungen, gesunden, kinderlosen, hoch qualifizierten Spitzenkräfte.

In der Globalisierung wächst auch der Stellenwert der sozialen Sicherheit. Zum «Versprechen Schweiz»–zum politisch-psychologischen Vertrag zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern–gehört auch ein Alter in materieller Würde.

Die Reform der Altersvorsorge ist ein Lackmus-Test für unsere politische Kultur. Sie wird nur gelingen, wenn wir uns unserer Stärken besinnen: Kompromissfähigkeit, Pragmatismus, die Bildung breiter Koalitionen.

Wir müssen uns verstehen

Die Globalisierung–und mit ihr die Dominanz der Weltsprache Englisch–stellt eine Herausforderung dar für unseren nationalen Zusammenhalt. Unsere Landessprachen sind mehr als ein Kommunikationsmittel–sie sind das Eintrittsbillett zu einer ganzen Kultur. Wir müssen uns in der Schweiz gegenseitig gut verstehen, sonst funktioniert unser Land nicht.

Sicher, das bedeutet Arbeit. Und viele sehnen sich, verständlicherweise, nach Entlastung in einer ohnehin schon anstrengenden Zeit. Aber, um es mit G. K. Chesterton auf Frühenglisch zu sagen: «Do not free a camel of the burden of his hump; you may be freeing him from being a camel.» Ohne Höcker wäre das Kamel zwar entlastet, aber eben leider kein Kamel mehr. Und ohne Mehrsprachigkeit wäre die Schweiz zwar globalisierungsfähig–aber eben leider nicht mehr die Schweiz.

Zudem gilt es zu bedenken: Die Schweizer KMU, die über 99 Prozent der Unternehmen unseres Landes ausmachen, verlangen von ihren Mitarbeitenden meistens nach wie vor mehr als eine Landessprache. Erwähnenswert scheint mir auch, dass Frankreich Deutschland voraussichtlich bis zur Jahrhundertmitte demografisch überholen wird. Und so zum bevölkerungsreichsten Land auf dem Kontinent wird. Das dürfte auch kulturell und politisch nicht folgenlos bleiben.

Die Zeitung als Selbstgespräch der Nation

Sie sind wahrscheinlich schon etwas unruhig, weil Sie bisher nicht kritisiert worden sind. Ich muss Sie enttäuschen: Ich werde den Medien jetzt nicht Mainstream vorwerfen. Die Kritik am Medien-Mainstream ist ja inzwischen selber Mainstream–und aus diesem logischen Widerspruch finde ich nicht heraus.

Lassen Sie mich stattdessen sagen: Ich vertraue der Innovationskraft der Medienhäuser. Und ich bin mir sicher: Es wird immer hochwertigen Journalismus geben.

An der Nachfrage scheitert es jedenfalls nicht. Denn kaum je zuvor war eine gesamtgesellschaftliche Debatte wichtiger als heute. Und diese können nur gute Zeitungen leisten–ob online oder im Print. Denn was ist eine Zeitung? Der amerikanische Dramatiker Arthur Miller hat sie treffend so beschrieben: «Eine gute Zeitung ist das Selbstgespräch einer Nation».

Aus aktuellem Anlass stellt sich die Frage: Ist dieses Selbstgespräch in der Romandie gefährdet? In der französischsprachigen Schweiz hat der Umbruch in der Zeitungslandschaft in letzter Zeit an Fahrt gewonnen.

Ich beobachte diese Situation von Nahem und kenne die Befürchtungen vieler Romands im Zusammenhang mit dieser Entwicklung. Und ich teile die weitverbreitete Ansicht, dass die französischsprachige Schweiz regionale Zeitungen braucht und unbedingt auch weiterhin überregionale Zeitungen wie «Le Temps» oder «L’Hebdo».

Die Medien ermahnen uns Politiker ja–völlig zurecht–immer wieder, dass Macht auch Verantwortung mit sich bringt. Dasselbe gilt aber auch für die Medienbranche. Auch ihre Macht kann es nicht ohne Verantwortung geben.

Es ist deshalb wichtig, dass die Verlage–ich denke da etwa an Ringier und Tamedia–ihre Verantwortung in der Romandie auch in Zu- kunft wahrnehmen. Und dass die französischsprachige Schweiz also auch künftig publizistisch starke, eigenständige Zeitungen mit attraktiven Arbeitsbedingungen haben wird.

Das Gemeinwohl kann nicht auf hundert atomisierten Kanälen diskutiert werden–sondern nur in Diskussionsforen, die in die gesamte Gesellschaft ausstrahlen. Denn es reicht nicht, nur die eigenen gesellschaftlichen Kreise im Auge zu behalten. Wer es bis zur Finanz- und Schuldenkrise nicht geglaubt hat, der glaubt es seither: Eine Gesellschaft hat als Ganzes Erfolg–oder sie scheitert als Ganzes.

Ohne starke Medien wird uns die Entzifferung des grassierenden «Unbehagens» nicht gelingen. Und es wird uns auch nicht gelingen, dieses Unbehagen zu entschärfen, bevor es politikmächtig wird.

Wobei sich nicht jedes Thema brachial auf Pro und Contra herunterbrechen lässt. Gerade im binären Zeitalter gilt es dem binären Code zu widerstehen. Aber wenn ich die

 

 

 manchmal polarisierte Debatte in den Medien kritisiere, dann meine ich natürlich auch immer uns Politiker. Denn wir sind es ja, die wir uns in diesen Debatten häufig nur allzu gerne profilieren.

Für eine Renaissance der politischen Kultur

Die gegenwärtige Unsicherheit hat auch etwas Befreiendes; man darf wieder denken. Was vom «Washington Consensus» übrig bleibt, ist lediglich der Konsens, dass es keinen Konsens mehr gibt; dass jedes Land seinen eigenen Weg suchen muss, gemäss seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Institutionen, seinen eigenen Werten.

Die Schweiz ist innenpolitisch ein Sonderfall unter vielen. Gerade deshalb wird auch die Einordnung der Schweizer Politik in internationale Entwicklungen interessanter. Auch diese Einordnung können nur starke Medien leisten.

Die Globalisierung stellt uns im Bezug auf unsere politische Kultur, unsere Sozialpolitik und unsere kulturelle Identität infrage. Das heisst aber auch: Wir haben jetzt die Chance, unsere kreativen Energien zu mobilisieren. Wir müssen gute Lösungen suchen. Lösungen, die sich auf die reale Schweiz beziehen–nicht auf eine imaginäre Schweiz.

Die Schweiz ist von ihrem ganzen Staatsaufbau her völlig ungeeignet für nationalistischen Rückzug und kollektives Schmollen. Albert Einstein fühlte sich in unserem Land wohl, weil es Raum für Freiheit und Kreativität lässt, für Vielfalt und Eigensinn. Um ein bekanntes Diktum Einsteins zu paraphrasieren: Man soll es sich mit der Frage nach der nationalen Identität so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.

 

 Das Bewusstsein für die Schweiz wächst, indem das Bewusstsein dafür wächst, wie die Schweiz funktioniert. In diesem Sinne sage ich: Es wäre gut, wenn es uns gelänge, unser Land wieder ein wenig zu verschweizern.

Die Renaissance unserer politischen Kultur würde uns auf eine Weise stärken, die nachhaltig und substanziell ist. Und es wäre eine Art Aufbruch, eine Manifestation neuen Selbstbewusstseins–nach all den Jahren, in denen sich unsere auf Kompromisse ausgerichtete politische Kultur in Richtung Zentrifugal- Demokratie bewegt hat.

Man könnte entgegnen: Aber wir sind doch ein Hort der Stabilität! Ja, das sind wir–aber nicht, weil wir ein statisches Land sind. Sondern weil wir seit jeher ein dynamisches Land sind, das in einer dynamischen Umwelt nicht verhärtet, porös wird und schliesslich zerbricht.

 

 Eine Schweiz, die einfach nur die Schweiz ist, ist irgendwann nicht mehr die Schweiz. Die Schweiz bleibt nur die Schweiz, wenn sie immer wieder die Schweiz wird.

Qui sommes-nous? La Suisse ne peut donner qu’une réponse compliquée à cette question pourtant simple.

 

Es wäre gut, wenn es uns gelänge, unser Land wieder ein wenig zu verschweizern.

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