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Wie viel Biedermann…

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Wir – das sind die Mitglieder des neu aufgestockten Vorstands vom Kellertheater Murten – haben uns Grosses vorgenommen. Wir haben uns zu einer Klausurtagung zurückgezogen und wollen uns ausgiebig Zeit nehmen, auch über Themen zu sprechen und Entscheide zu fällen, die ausserhalb der üblichen Traktanden einer normalen Vorstandssitzung liegen. Unter vielem anderem geht es auch um die Zuordnung und Umverteilung der Ressorts. Den neuen Vorstandsmitgliedern sei dank können die vielfältigen Aufgaben neu auf mehr Schultern verteilt und der «alte» Vorstand entlastet werden.

Die Diskussionen sind angeregt und konstruktiv, und bald wird klar, dass für das Kinder- und Jugendtheater ein neues Ressort geschaffen wird. «Junges Kellertheater Murten» von neuen Händen geleitet. Grosse Erleichterung. Aber wie lange ist man Kind, wann gehört man den Jugendlichen an? Sollen wir der bisherigen Untergruppe einen neuen Namen geben? Moderner, pfiffiger, etwas spritziger und frecher? Wir brainstormen und schreiben alles auf. Auch unkonventionelle Namen, «hippe» Ausdrücke. Teeniesprache eben. Aber das gefällt nicht allen. Unser jüngstes Vorstandsmitglied – 25-jährig und selbst noch fast Teenie – kann sich damit nicht anfreunden. Findet es anbiedernd, wenn sich die Alten unbedingt der Jugendsprache anpassen müssen. Sich dem biologischen Prozess zum Trotz grösste Mühe geben, «in» zu bleiben. Er muss sich oft fremdschämen. Sagt er. Wir geben ihm recht und lassen es.

Nach langen, erfolgreichen Stunden und abgehandelten Traktanden ist für den Abend noch ein gemeinsamer Theaterbesuch geplant. «Biedermann und die Brandstifter» steht auf dem Plan. Eine tolle Inszenierung im Effinger-Theater, in der auch unsere Vorstandskollegin auf der Bühne steht. Und die zu Diskussionen anregt. «Wie viel Biedermann bist du?», fragt der Chor von der Bühne her. Wann lassen wir uns anbiedern, fragen wir uns. Wo werden unsere Grundsätze durch manipulative Auseinandersetzungen über den Haufen geworfen? Herr Biedermann, ein gestandener und zielgerichteter Bürger – eigentlich – verlässt seine in Stein gemeisselten Grundsätze und nimmt mehr und mehr den Modus der Brandstifter an. Biedert an, um zu überleben. Lässt sich über den gefährlichen Charakter seiner Gäste täuschen, weil er andernfalls den Mut aufbringen müsste, ihnen entgegenzutreten. Und stürzt sich damit unaufhaltsam erst recht ins Verderben. Lässt sich verleiten durch die scheinbare Freundlichkeit der Brandstifter, strengt sich an, zu gefallen, um der unausweichlichen Gefahr zu entgehen. Aber alle Mühen sind vergebens. Er sieht es kommen und ist trotzdem machtlos ausgeliefert. Er hat die unheilvolle Fähigkeit, eine erkennbar drohende Gefahr auszublenden und so dem Untergang mit offenen Augen entgegenzugehen. Biedert an und verdrängt aus Liebenswürdigkeit seine Einsichten. Das Schicksal nimmt unaufhaltsam seinen Lauf. Man sieht es voraus und fragt sich in diesem Augenblick: Was würde ich in dieser Situation machen?

Max Frisch bezeichnet seine Parabel als Lehrstück ohne Lehre. Wir treten – begeistert vom eben Gesehenen – auf die Strasse und fragen trotzdem unweigerlich: Wie viel Biedermann bin ich?

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