Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Zuerst nach den Ursachen suchen»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

«Zuerst nach den Ursachen suchen»

Der Neurologe Johannes Mathis spricht über das Volksübel Schlafstörungen

Für viele Menschen ist das Schlafen so selbstverständlich wie das Ein- und Ausatmen. Für einen Drittel der Schweizer Bevölkerung ist es das nicht – sie leiden unter Schlafstörungen. Johannes Mathis, Inselspital Bern, vermutet: Tendenz zunehmend.

Mit JOHANNES MATHIS* sprachen
URS EGGIMANN UND
ANGELICA SCHORRE

Schlaf vor Mitternacht sei der beste Schlaf, sagten unsere Grossmütter. Ist da was dran?

Unsere Grossmütter haben doch immer Recht … Meine persönliche Erklärung ist die: Unsere Grossmütter und auch Grossväter sind in der Regel zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett gegangen. Wenn Personen mit einer regelmässigen Bettzeit dann ein bis zwei Mal erst zwischen 1 und 3 Uhr ins Bett gehen, stimmt die innere Uhr nicht mehr. Dann bildet sich tatsächlich ein weniger tiefer und weniger erholsamer Schlaf aus. Diese Regel würde aber nicht zutreffen auf eine Person, die regelmässig erst um 2 Uhr, also nach Mitternacht, ins Bett geht. Die Frage ist dann, ob die Person am Morgen genügend lang schlafen kann.

Weshalb müssen wir Menschen eigentlich schlafen?

Der genaue Grund, weshalb wir schlafen, ist interessanterweise gar nicht so klar! Die Schlafforscher vermuten aber, dass der Schlaf eine Erholungsfunktion für den Körper, aber noch viel mehr für das Gehirn hat. Vermutet wird auch, dass der Schlaf dazu beiträgt, die aufgenommenen Informationen und Eindrücke abzuspeichern oder auch die unnötigen Informationen wieder aus dem Gedächtnis zu löschen.

Wer leidet unter Schlaflosigkeit?

Grundsätzlich leiden ältere Menschen und vor allem Frauen häufiger an Schlaflosigkeit als Männer. Als Risikogruppe könnte man Personen bezeichnen, die einer Schichtarbeit nachgehen oder aus anderen Gründen einen sehr unregelmässigen SchlafWach-Rhythmus einhalten. Schlaf-
losigkeit ist ausserdem ein sehr häufiges Symptom bei psychischen Krankheiten.

Warum leiden mehr Frauen als Männer?

Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als einfach. Offensichtlich schlafen vor allem ältere Frauen oberflächlicher als Männer. Bei den Frauen, die kleine Kinder haben, könnte dies sogar Sinn machen: Sie hören das Schreien eher. Frauen leiden aber auch häufiger an Depressionen, an Angsterkrankungen und am Restless-Legs-Syndrom – alles sehr häufige Erkrankungen, die zu Schlafstörungen führen.

Ist das Schlafbedürfnis wirklich individuell?

Ich denke schon. Studien zeigen eine so genannte Normalverteilung mit einem Mittelwert zwischen sieben und neun Stunden, aber einem Bereich von vier bis zehn Stunden. Eine umstrittene Studie hat gezeigt, dass diejenigen mit sieben bis neun Stunden Schlaf länger leben sollen. Das Problem hier ist, dass wir nicht wissen, ob nun das Huhn zuerst war oder das Ei. Es könnte ja auch sein, dass gesunde Personen eher eine Schlafdauer zwischen sieben und neun Stunden haben und dass Krankheiten entweder zu verlängertem oder zu verkürztem Schlaf führen.

Zeigt sich in Ihrer Praxis, dass Schlafstörungen tendenziell zunehmen?

Es ist zu vermuten, dass Schlafstörungen eher zunehmen. Die Schlaflosigkeit als häufigste Form hat ihre Gründe wahrscheinlich in der zunehmenden psychischen Belastung am Arbeitsplatz und auch in der persönlichen Umgebung. Die steigende Komplexität der Umwelt und das vielfältige Informationsangebot ist für viele Menschen kaum mehr zu verarbeiten. Der erhöhte Druck am Arbeitsplatz, aber auch die vielen Möglichkeiten die Freizeit zu verbringen gehen ebenfalls auf Kosten der Schlafdauer und Schlafqualität.

Was sollte man tun, wenn man vermutet, dass man ein Schlafproblem hat?

Sowohl Schlaflosigkeit wie auch Tagesschläfrigkeit, welche nicht ganz offensichtlich durch ein Fehlverhalten erklärt werden können und länger als sechs Monate andauern, sollten abgeklärt werden. Es wäre falsch, Schlafmittel einzunehmen, bevor man nach den Ursachen gesucht hat.

Welche Instrumente werden in der Diagnostik einer Schlafstörung eingesetzt?

Das wichtigste Instrument ist die gezielte Befragung des Patienten. Mit einer solchen Befragung lässt sich meist schon die korrekte Diagnose stellen. Bei Tagesschläfrigkeit stellt die Polysomnographie, eine Ganznachtabteilung mit Videoüberwachung, ein wichtiges Instrument dar. Mit ihr lassen sich die Atempausen beim Schlaf-Apnoe-Syndrom oder die unruhigen Beinbewegungen beim Restless-Legs-Syndrom einfach beobachten. Bei der Schlaflosigkeit wird unter anderem das Aktimeter eingesetzt. Dieses Gerät – eine Art Armbanduhr – wird während einer Woche Tag und Nacht am Handgelenk getragen. Es informiert darüber, wie regelmässig der Betroffene ins Bett geht, wann er aufsteht, ob er nachts oft unruhig ist und ob er tagsüber einschläft.

Ist Schlaflosigkeit nur mit Schlafmitteln zu behandeln?

Auf jeden Fall existieren andere Methoden. Schlaflosigkeit soll nur dann mit Schlafmitteln allein behandelt werden, wenn die Dauer der Störung – beispielsweise während einer Prüfungsperiode – kurz und voraussehbar ist. Jede Art von chronischer Schlaflosigkeit sollte nicht mit Schlafmitteln allein behandelt werden. Hier gilt es ein Gesamtkonzept zu planen, welches sich auf eine Verhaltenstherapie mit einem optimalen Tag-Nacht-Rhythmus und Entspannungsübungen sowie regelmässigen Gesprächen mit einem schlafmedizinisch erfahrenen Arzt stützt. Falls Medikamente für eine beschränkte Zeit nötig sind, sollten eher schlafanstossende Antidepressiva verwendet werden als gewöhnliche Schlafmittel.

Welche Auswirkungen haben Schlafstörungen auf das persönliche Unfallrisiko?

Interessanterweise trägt Schlaflosigkeit selten zu einem erhöhten Unfallrisiko bei. Ein banales Schlafmanko führt jedoch bei gesunden Personen zu Tagesschläfrigkeit und zu einem erheblichen Risiko im Strassenverkehr. Die zahlenmässig grösste Risikogruppe stellen dabei jeweils junge Männer am Wochenende dar, weil der Genuss von geringen Mengen von Alkohol mit einem erheblichen Schlafmanko zusammenfällt. Daneben haben Patienten mit «gefährlichem Schnarchen» ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Unfallrisiko im Strassenverkehr. Massnahmen wie Musik hören oder kalte Luft zeigen maximal während 15 Minuten eine Wirkung. Die einzige Lösung ist: an einer Raststätte anhalten, Kaffee trinken, kurz schlafen. Schläfrigkeit tritt nicht plötzlich auf. Jemand, der wegen Schläfrigkeit einen Unfall verursacht, wird wie bei einem Unfall unter Alkoholeinfluss bestraft.

Was machen Sie, wenn Sie nicht einschlafen können?

Ich bin deswegen absolut nicht beunruhigt. Ich freue mich über die gewonnene Zeit. Ich weiss genau, dass der Schlaf, wenn der Schlafdruck gross genug ist, irgendwann von selbst kommen wird. Ich stehe auf, lese Zeitung, sehe TV oder arbeite an etwas Banalem.

*PD Dr. med. Johannes Mathis ist leitender Arzt der Neurologischen Uniklinik und Leiter des Zentrums für Schlafmedizin des Inselspitals Bern sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Kampagne «Schlafstörungen und Tagesschläfrigkeit».

Beratung bei Schlafstörungen

Der Schweizerische Apo

Meistgelesen

Mehr zum Thema