Der Unterschied zwischen dem Garten und dem Parkplatz vor dem Haus ist, dass der Garten mit uns mitwächst. Je länger wir mit ihm zusammen und in ihm leben und arbeiten, desto mehr wird er unverkennbar der Unsere. Welchen Zweck er erfüllen soll, welche Pflanzen wir für ihn auswählen, ob und wie wir ihn mit Deko oder Nützlichem versehen, jede noch so kleine Entscheidung ist ein weiterer Schritt zu unserem ganz individuellen Lebensort. Aber denken Sie nicht, es seien nur Sie, die entscheiden. Auch Ihr Garten hat nicht wenige Wörtchen mitzureden; mit seiner Lage, seinem Boden und seinem Mikroklima entscheidet er darüber, was wie gedeihen wird. Überdies darf man den mitunter sturen Willen von Pflanzen nicht unterschätzen. Einige wollen trotz richtigen Standorts und liebevoller Pflege ums Verrecken nicht, während andere auch bei stiefmütterlichster Behandlung quietschfidel vor sich hinwachsen. So wird über die Jahre hinweg aus jedem Garten ein unverwechselbarer Einer, was man von Ihrem Parkplatz wohl nur bedingt sagen kann. Oder haben Sie schon mal gehört: «Zeig mir deinen Parkplatz und ich sage dir, wer du bist.»?
So sehr der Mensch als einzigartig wahrgenommen werden möchte, so sehr ist er Modeströmungen erlegen. Ab den 1970er-Jahren war dies das Rasenrechteck mit Thujahecke, inzwischen sind Steingärten dazugekommen. Abgesehen davon, dass die meisten von ihnen den Charme einer uninspirierten Grabbepflanzung versprühen, haben sie kaum etwas mit einem lebendigen, individuellen Garten zu tun und erfüllen das Versprechen «pflegeleicht» nur in den ersten paar Jahren: Sicher wie das Amen in der Kirche taucht irgendwann auch auf Geröllhalden Unkraut auf.
Ich mag Modegärten nicht verteufeln, Sie sollen auch existieren dürfen, solange es noch (künftige) Gartenbesitzer gibt, die den Mut haben, ihren ureigenen Garten zu haben. Solchen Gärten sei in diesem Jahr der FN-Gartenblog gewidmet. Sie haben oder kennen einen solchen und möchten ihn porträtiert wissen? Schreiben Sie mir!
Nicole Häfliger studierte Germanistik/ Anglistik und arbeitete fünfzehn Jahre als Gymnasiallehrerin in Freiburg. 2012 hat sie ihre lang gehegte Leidenschaft zum Beruf gemacht und verdient heute ihr Geld in den Bereichen Gartenberatung, -planung und -unterhalt. Im eigenen Garten zieht sie vor allem Stauden, Gemüse und Heil-/Gewürzkräuter. haefliger@gartenhaende.ch
«So sehr der Mensch als einzigartig wahrgenommen werden möchte, so sehr ist er Modeströmungen erlegen.»
