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«Tinguely hat mein Leben verändert»

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Freiburg im Jahr 1972: Der Künstler Jean Tinguely bietet der Stadt an, ihr eine Brunnenskulptur zu schenken. Diese soll ein Denkmal sein für Tinguelys Rennfahrer-Freund Jo Siffert, der im Jahr zuvor beim Formel-1-Rennen von Brands Hatch tödlich verunglückt ist. Doch die Stadtbehörden lassen Tinguely abblitzen–notabene zu einem Zeitpunkt, als dieser zwar noch nicht seine spätere Berühmtheit erlangt hat, aber längst internationales Ansehen geniesst. Der Durchbruch gelang ihm 1960 mit seiner «Homage to New York», und 1964 schuf er für die Landesausstellung in Lausanne die viel beachtete Grossplastik «Heureka». Doch in seiner Geburtsstadt Freiburg ist Tinguely als Künstler auch zehn Jahre später noch kaum anerkannt. «Unglaublich», sagt dazu Tinguelys Freund und Assistent René Progin. «Da hat Freiburg einen Künstler, der auf der ganzen Welt bekannt ist–und die Stadt hält es für unter ihrer Würde, sich von ihm einen Brunnen schenken zu lassen.» Dabei habe Tinguely damals bereits aus der ganzen Welt Anfragen für Brunnen erhalten. «Die meisten lehnte er ab, obwohl man ihm bis zu einer Million Franken bot.»

Den Jo-Siffert-Brunnen in Freiburg aber habe Tinguely «um jeden Preis» realisieren wollen. Jahrelang habe er dafür gekämpft–bis der Gemeinderat 1982 endlich Ja sagte zum Projekt auf der Schützenmatte. Den Brunnen habe Tinguely zusammen mit seinem Assistenten Seppi Imhof in kurzer Zeit gebaut, erinnert sich Progin. «Wie immer hatte er das Werk ganz genau im Kopf.» Am 30. Juni 1984 war es dann so weit: Die Einweihung des Brunnens geriet zum regelrechten Volksfest–ganz im Sinne von Jean Tinguely.

Ein besonderer Sponsor

Für René Progin ist die Geschichte des Jo-Siffert-Brunnens sinnbildlich für Tinguelys Persönlichkeit: für seine Hartnäckigkeit, seine Grosszügigkeit und seine bedingungslose Freundschaft. Hartnäckig sei Tinguely immer gewesen: «Hatte er sich etwas in den Kopf gesetzt, konnte ihn nichts und niemand aufhalten.» Er habe einfach losgelegt, unermüdlich gearbeitet und immer selber angepackt. «Bei dem Rhythmus kam sein früher Tod mit 66 Jahren nicht überraschend. Und wir, seine Freunde und Assistenten, konnten nicht mehr tun, als ihm so gut wie möglich zu helfen.»

Auch Tinguelys Grosszügigkeit hat René Progin am eigenen Leib erlebt: Der motorsportbegeisterte Künstler trug massgeblich zu Progins Karriere als Seitenwagen-Rennfahrer bei. 1987 lernten die beiden sich bei einer Motorrad-Ausstellung kennen, bei der Progin seinen Seitenwagen präsentierte. «Jeannot interessierte sich sehr für die Technik, und er machte mir eine Zeichnung, die ich verkaufen sollte, um mir neue Reifen zu kaufen», erinnert sich Progin. Das Geld, das er für die Zeichnung erhielt, war die wichtigste Einnahme des Jahres. Tinguely wurde damit zum Hauptsponsor und erhielt als solcher das Recht, die Farbe des Fahrzeugs zu bestimmen. «Doch er wollte den Wagen lieber selber bemalen», erzählt Progin. Das habe er dann von 1988 bis 1991 jedes Jahr getan. Aus dem Wagen von 1988 entstand später die Skulptur «Shuttlecock», die heute bei Progin zu Hause steht, zusammen mit den Rennanzügen, die Tinguely für ihn gestaltet hat.

Doch Tinguely war mehr als ein wohlmeinender Mäzen: «Er war ein Teil meines Teams», so Progin. Bei vielen internationalen Rennen sei er an vorderster Front dabei gewesen. Die Verbindung war so eng, dass Progin seine Karriere nach Tinguelys Tod im Jahr 1991 beendete. «Ich hätte weitermachen können», sagt er. «Die Finanzierung war geregelt, und Tinguelys Witwe Niki de Saint Phalle hätte in der nächsten Saison den Wagen gestaltet. Aber Jeannot hätte gefehlt, und ohne ihn wollte ich nicht weitermachen.»

«Er war ein Pionier»

«Die Begegnung mit Tinguely hat mein Leben verändert», sagt René Progin. Der gelernte Buchhalter fand durch Tinguely selbst zur Kunst und begann, Skulpturen aus Altmetall zu schaffen. Vor allem aber fand Progin in Tinguely einen Seelenverwandten und treuen Freund. Darum hat es sich der heute 64-Jährige zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, dass Tinguely in Freiburg endlich die Anerkennung erhält, die er verdient. Das Projekt «Tinguely 2016», das Stadt und Kanton dieses Jahr zum 25. Todestag des Künstlers durchführen, sei ein gutes Zeichen, sagt Progin. «Viele werden sich erst allmählich der künstlerischen Bedeutung Tinguelys bewusst. Er war ein Pionier–und nicht einfach ein Verrückter in Latzhose, der Altmetall verarbeitete.»

Der jahrelange Einsatz für seinen verstorbenen Freund ist für René Progin selbstverständlich: Tinguely habe das verdient, weil er selbst so viel gegeben habe, und zwar unabhängig vom Status einer Person. «Alles, was für ihn zählte, waren Aufrichtigkeit und Engagement.» Wie unwichtig Tinguely grosse Namen waren, illustriert Progin mit einer Anekdote: «Einmal erhielt er einen Brief des französischen Präsidenten François Mitterrand, der wohl mit der Schenkung des ‹Cyclop› zu tun hatte. Er hat den Brief ungeöffnet weggeworfen und gesagt, so wichtig werde es wohl nicht sein.»

Im Rahmen von «Tinguely 2016» finden das ganze Jahr über Anlässe statt. Am Mittwoch startet die Ausstellung «Künstlerische Umwege» im Gutenberg-Museum. Ganzes Programm: www.tinguely2016.ch.

1984: Letzte Handgriffe Tinguelys am Jo-Siffert-Brunnen. Bild A. Wicht/a

Zur Person

René Progin: Kunst und Motorsport

René Progin wurde 1952 in Freiburg geboren. Von 1980 bis 1991 war er als Seitenwagen-Rennfahrer aktiv. Seine grössten Erfolge waren ein Vize-Europameister-Titel im Jahr 1984 und in den folgenden Jahren mehrere sechste Plätze bei Weltmeisterschaften. Heute ist der gelernte Buchhalter hauptsächlich als Künstler aktiv und schafft Skulpturen aus Altmetall und Alltagsgegenständen. Er lebt mit seiner Frau Madeleine–seiner ersten Seitenwagen-Beifahrerin–in Corpataux-Magnedens.cs

Fakten

Ein neuer Standort für den Brunnen?

Der Jo-Siffert-Brunnen auf der Schützenmatte gehört der Stadt Freiburg, die auch für den Unterhalt zuständig ist. Im Winter steht der Brunnen still: Die Motoren werden ausgebaut und revidiert und um die Osterzeit wieder installiert. Im Rahmen der geplanten Neugestaltung des Perimeters um das Equilibre steht eine Versetzung in Richtung Tinguely-Platz und Bahnhofallee zur Diskussion, um den Brunnen besser sichtbar zu machen–eine Idee, die Tinguely laut René Progin gefallen hätte.cs

Tinguelys Geschenke: Der Transfer von Bykow und Chomutow

E in Pionier sei Tinguely gewesen, sagt René Progin, einer, der seiner Zeit voraus war und die Kunst des 20. Jahrhunderts prägte. Der Freiburger Künstler Olivier Suter sieht das genauso: «Tinguely ist der beste Künstler, den dieser Kanton je hatte», sagt er. Suter befasst sich seit Jahren mit Tinguelys Werk und hat letzten Herbst das Buch «Jean Tinguely – Torpedo Institut» über Tinguelys Projekt eines Antimuseums in La Verrerie bei Neyruz veröffentlicht (die FN berichteten).

Doch Jean Tinguely war nicht nur ein wegweisender Künstler, sondern auch ein ausserordentlich grosszügiger Mensch: Auch darin sind sich Progin und Suter einig. Das Geschenk des Jo-Siffert-Brunnens an die Stadt Freiburg und die Unterstützung von Progins Seitenwagen-Karriere sind dafür nur zwei Beispiele. Olivier Suter hat aus Anlass des 25. Todestages von Jean Tinguely dessen wichtigste Schenkungen zusammengetragen. Bemerkenswert sei etwa eine Spende von 130 000 Franken, die Tinguely 1990 dem HC Freiburg-Gottéron machte. Ohne diese Spende wäre möglicherweise ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des Hockeyclubs nie geschrieben worden. Tinguelys Beitrag habe den Transfer des russischen Duos Slawa Bykow und Andrei Chomutow ermöglicht, sagt Suter. Dies geht auch aus einem Dankesbrief hervor, den Gaston Baudet, Präsident des Unterstützungsclubs La Crosse d’ Or, am 5. Juli 1990 an Tinguely schrieb. «Cette somme permettra, entre autre, de payer en partie les transferts des deux nouvelles recrues du HC Fribourg-Gottéron, Slava Bykov et Andrei Khomutov», heisst es darin. Als Dank lud Baudet Tinguely im Brief zum Mittagessen anlässlich des Jahresausflugs von La Crosse d’ Or ein.

Als weitere Beispiele für Tinguelys Grosszügigkeit nennt Olivier Suter unter anderem die Spende von 436 000 Franken aus dem Erlös der Ausstellung «Moskau – Freiburg» von 1991 an den Staat Freiburg (deren Verwendung 2011 zu einer Anfrage Suters im Grossen Rat führte), den Plakatverkauf zur Eishockey-WM von 1990 in Freiburg, der rund eine Million Franken einbrachte, ein Ausstellungsprojekt für die Kunsthalle Fri Art – und nicht zuletzt das «Torpedo Institut», das nach Tinguelys Tod entgegen seinem testamentarischen Willen aufgelöst wurde. cs

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