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Bestandsaufnahme der kulturellen Errungenschaften

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Der ehemalige Kulturmanager der Bluefactory AG, Martin Schick, schaut mit dem Katalog «Culture Extended» auf das Kulturschaffen im Innovationsquartier der letzten fünf Jahre zurück – damit die Errungenschaften nicht verloren gehen.

Die Bluefactory AG hat Martin Schick im März 2018 als Kulturmanager eingesetzt. Letzten Juli verliess er den Posten. Am kommenden Freitag übernimmt Sarah Eltschinger seine Aufgabe. Was von Schicks Engagement und dem Schaffen unzähliger kultureller Akteurinnen und Akteure übrig bleiben wird, ist offen. Eine Art Bestandsaufnahme liefert der jüngst erschienene und originell gestaltete Katalog «Culture Extended». Herausgebracht hat ihn der Verlag Le Cric in Marly. Das grafische Konzept stammt vom Grafikerinnenbüro Enen.

Martin Schick, was hat Sie zu diesem Katalog motiviert?

Der Katalog ist ein Gemeinschaftsprodukt jener Menschen, die im Quartier Blue Factory Projekte realisiert haben. Wir wollten sichtbar machen, was im Quartier alles passiert ist. Denn in den vergangenen Jahren ist sehr viel geschehen, vieles davon war nicht immer übersichtlich. Der Fokus war allerdings auch nicht auf die Sichtbarmachung gerichtet, sondern darauf, dass überhaupt etwas gemacht wird, was das Quartier zugänglicher macht und die Menschen zusammenführt.

Sie haben versucht, das Flüchtige festzuhalten, damit es irgendwann eine feste Form annehmen kann?

Ja. Ich möchte, dass etwas von dem, was aufgebaut worden ist, auch längerfristig bestehen bleibt, im Sinne der Nachhaltigkeit.

Der Katalog gibt Zeugnis davon, was geschehen ist. Welche Bilanz kann man daraus ableiten?

Ich habe festgestellt: In Freiburg wird wahnsinnig viel Kultur gemacht. Dies, obwohl die Strukturen, welche die Kultur tragen und unterstützen sollten, unübersichtlich und holprig sind. Es ist sehr unübersichtlich, was der gemeinsame Plan ist. Die Kulturstrategie 2030 der Stadt Freiburg ist eine gute Vorlage, an die sich allerdings nicht alle Akteure halten.

Sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, im Quartier ein kulturelles Ökosystem aufzubauen. Ging es dabei vor allem ums Netzwerken?

Netzwerken ist eines der Prinzipien der Kulturstrategie 2030, die sogenannte OrganiCité. Das war es auch, was mich am meisten fasziniert hat. Menschen mit unterschiedlichen Anliegen kamen zu mir, um herauszufinden, wie man eine Idee auf dem Areal realisieren könnte. Wir haben immer versucht, den richtigen Ort mit den bestmöglichen Bedingungen zu finden oder zu schaffen. Manchmal ist das nicht ganz gelungen. Die Anwesenheit anderer Personen, die auf dem Gelände gerade etwas realisierten, hat das Manko aber oftmals wettgemacht, indem sie ergänzend wirkten.

Was war Ihnen bei der Auswahl von Projekten wichtig, gab es da einen roten Faden?

Es ist immer einfacher, ein grosses Festival mit einem klaren Thema zu kommunizieren, als viele kleine Dinge zu realisieren. Mir war es wichtig, möglichst viele Anfragen zu berücksichtigen, um zu schauen, was in dieses Quartier überhaupt und in welchen Raum passt, um zu erfahren, welche Bedürfnisse es gibt und wie man ihnen gerecht werden kann.

Ist es der Kultur zu verdanken, dass sich die Blue Factory als Technologiepark einer breiten Öffentlichkeit öffnen konnte?

Ich habe versucht, den Kulturbegriff auf diese Weise in das Innovationsquartier zu integrieren. Die ehemalige Cardinal ist ein Ort mit so vielen Potenzialen. Diese sind teilweise fast imaginär, weil es an allem fehlt. Und dennoch haben wir es geschafft, viele der Räume zu sichern und für einen bestimmten Zweck zu nutzen.

Aber was war das Ziel der Implementierung von Kultur an diesem Ort?

Mir war es immer wichtig, dass Kultur in einem Innovationsquartier eine gewisse Autonomie behält, dass sie so blühen und leben kann, wie sie möchte. Aber, dass sie aus ihrem Selbstverständnis heraus, klar auch die Öffnung und die Verbindung sucht. Es gibt so viele interessante Firmen im Quartier, die wenig Zeit und Kapazitäten haben, auf kulturelle Anstösse einzugehen. Dennoch kam es zu einigen Zusammenschlüssen.

Zum Beispiel?

Artist in business. Das war eine Residenz-Reihe. Ich habe Unternehmen angefragt, ob sie für einen oder zwei Tage jemanden aus der Kunst empfangen können, der oder die das Erlebte und Gesehene danach künstlerisch übersetzt. Daraus ist unter anderem eine Posterserie entstanden, die noch im Fermentarium, einem Vorraum des Swiss Bier Museum, zu sehen ist.

Besteht für Sie die Aufgabe der Kultur in der Schaffung von gesellschaftlichem Zusammenhalt? Dient sie als Medium für Botschaften aus anderen Bereichen?

Der Titel des Katalogs lautet «Culture Extended», weil er über einen eng gefassten Kulturbegriff hinausgeht. Ich habe die Nähe zur sozialen Kohäsion, zur Gemeinschaftsarbeit stark gesucht. Wo Innovation und ein gewisser Wirtschaftsgedanke präsent sind, ist die Zugänglichkeit eines Quartiers mitten in der Stadt über die Kultur fast nur mit einer sozialen Strategie möglich. Menschen, die aus finanziellen Gründen, Gründen der Herkunft, Bildung oder aufgrund körperlicher Eigenschaften keinen Zugang haben, sollen Zugang erhalten. Ich habe mich gefragt, wie können Menschen mit einer Behinderung, wie können ältere Menschen ins Quartier kommen? Die älteren Menschen habe ich über Pro Senectute geholt. Wir haben ihnen die Räume näher gebracht, aber ich bin auch zu ihnen ins benachbarte Wohnprojekt gegangen und habe mithilfe des Kulturvermittlungsnetzwerkes La Marmite mit ihnen gearbeitet, woraus Freundschaften entstanden sind, weshalb die älteren Menschen wiederum ins Quartier gekommen sind.

Es gibt die Auffassung, dass eine breite Unterstützung von Kultur nicht Aufgabe des Staates ist, weil sich wahre Kunst alleine durchsetzt. 

Wir leben in einem gewissen Missverständnis zwischen Kunst und Kultur. Es gibt ja nicht nur eine Kultur. Es wäre problematisch, wenn uns eine Kultur auferlegt würde. Es geht ja vielmehr um das Zusammenspiel verschiedener Kulturen, und dort spielt Kunst eine wichtige Rolle. Aber:

Kunst ist nicht gleich Kultur. Dieser Kulturbegriff hat etwas Altmodisches.

Eigentlich müsste unser Amt für Kultur eher Amt für Kunst heissen, während Kultur von allen gemacht wird, wo alle etwas dazu beitragen, auch die Wirtschaft, die Architektur, und viele mehr. Dabei kann aber nicht von einer sozialen Gemeinschaft ausgegangen werden, sondern es muss ein Nachteilsausgleich geschaffen werden, um die Situation einer sozialen Kohäsion herzustellen. Es gibt Menschen, die nicht den gleichen Zugang haben und es reicht nicht aus, Türen aufzumachen. 

Und hier kommt auch der Staat ins Spiel?

Ich bin überzeugt, dass ganz viele Abläufe, zum Beispiel in der Stadtplanung, über diesen Kulturbegriff begünstigt werden könnten, weil dank kurzem Mehraufwand nachhaltig Ressourcen gespart werden könnten.  

Ein transversales Verständnis von Kultur.

Ja. Beim Projekt «La durabilité pour l’oreille» haben wir beispielsweise zusammen mit dem Kanton die 17 Ziele der UNO für eine nachhaltige Entwicklung von Musikerinnen und Musikern aus der Region umsetzen lassen. Sie haben Songs komponiert, die man immer noch online hören kann. Mit dabei waren unter anderen die Gustav-Akademie, Crème solaire und Mirabelle Gremaud. Gerade Mirabelle Gremaud hat einen zu Tränen rührenden Song geschrieben, er ist wie ein Mahnmal. Ich denke schon, dass viele junge Menschen über Musik Zugang zu solch schwierigen Themen finden können.

Die Kultur hat das Blue-Factory-Quartier – abgesehen vom Museum für elektronische Musikinstrumente, Smem, und dem Swiss Bier Museum – nicht von sich aus in Beschlag genommen, sondern wurde dazu animiert. Hat Ihnen diese künstliche Vorgehensweise Mühe bereitet?

Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass die Kultur zu spät einbezogen wurde. Ich würde mir wünschen, dass zuerst kulturell gedacht wird. Ob so viel Baubestand so schnell abgerissen worden wäre, wäre dann vielleicht infrage gestellt worden. Es gab viele Gebäude, die man kulturell noch hätte nutzen können. Und ja: Ich bin die Kulturvereine, wie Association K – Verein C, tatsächlich proaktiv angegangen, um von dort aus Zusammenschlüsse zu initiieren. So ist etwa das Covid-Festival «Re» entstanden. Es hat vielen Kulturschaffenden geholfen, Vorurteile gegenüber dem Blue-Factory-Quartier abzubauen. 

Der Wertschöpfungsanteil der Kultur am Bruttoinlandprodukt wird oft unterschätzt, ist das der Grund, weshalb sie zuweilen stiefmütterlich behandelt wird?

Tourismus, Stadtmarketing und die Wirtschaft überhaupt könnten so viel über die Kultur einspielen. Doch die Verbindungen fehlen ganz klar, man ist sich sehr fremd. Und es gibt ein gewisses Machtverhältnis, das sich übers Geld ausdrückt, und die Kultur immer in die Position der Bittstellerin drängt. Der grösste Wirtschaftsfaktor vielleicht ist aber, wenn es den Menschen gut geht, weil es dann keine Nachfolgekosten gibt.

Wenn die soziale Kohäsion, die kulturelle Blüte, da ist und sich die Menschen wohlfühlen, dann gibt es mehr Beteiligung und weniger Arbeitslosigkeit, weniger Krankheiten, weniger Beschädigung.

Die kulturelle Experimentierphase ist mit Ihrem Weggang nun vorbei. Man hat das Gefühl, dass die Verantwortlichen der Bluefactory AG schon fast ein bisschen froh sind. 

Ich bin überzeugt, dass es am Anfang wichtig war, möglichst viel zu ermöglichen, weil es eine grosse Leerstelle mitten in der Stadt gibt. In diese notabene vorübergehende Leerstelle werden Kulturschaffende hereingeholt, die im besten Fall die langfristige Version des Ortes inspirieren. Dass die Behörden damit teilweise Mühe bekundeten, dass nicht sofort ein cleaner, offizieller Weg eingeschlagen wurde, kann ich nur bedingt verstehen. Das ist wie bei der Gestaltung eines Parks. Im Idealfall beobachtet man zuerst, wie sich die Menschen darin bewegen, und dann erst baut man die Wege. Im Blue-Factory-Quartier kam die Ordnung nach drei Jahren mit der Schaffung der Plattformen für Technologie und Kunst, Tear, der Plattform für Soziales und Innovation, Soin, sowie der Plattform für kulturelles Unternehmertum, Cent.

Zur Person

Der Freiburger Martin Schick ist 1978 geboren. Er ist Schauspieler, freischaffender Choreograf, Performer und Kulturmanager. Aktuell arbeitet er unter anderem für die Genossenschaft Kalkbreite in Zürich mit ihren drei Wohnprojekten mit Gewerbe und Kultur, wo partizipative Prozesse, soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sowie Innovation gelebt werden. (rsa)

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