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Chaos-Tage in der Schweizer Armee: Oberster Offizier in Erklärungsnot

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1,4 Milliarden Franken fehlen dem Militär, der Chef spricht von «Liquiditätsengpass» und wiegelt dann ab: Handelt es sich um einen Sturm im Wasserglas, oder könnte am Ende gar Thomas Süsslis Job gefährdet sein?

Führungskräfte lernen im Militär früh, was in unübersichtlichen Situationen zu tun ist: AEK!, lautet die Losung. Doch jetzt, wo es um eine hausgemachte Bedrohung geht, scheint die Armeespitze ihre eigenen Prinzipien vergessen zu haben.

AEK steht in der Kaderausbildung für ein dreistufiges Vorgehen. A bedeutet «Ausgangslage analysieren», E «Erkenntnisse ableiten» und K «Konsequenzen ziehen». Im Fall des Milliarden-Finanzlochs der Armee hapert es bereits bei der Analyse der Ausgangslage. Und das hat gravierende Folgen. Denn, so lernen es junge Offiziere: Wenn die Lage nicht geklärt ist, kann letztlich auch keine Handlungsanweisung erfolgen.

Zunächst eine kurze Manöverkritik. Am Freitag vor einer Woche hat die Armee kurzfristig zwei grosse Publikumsanlässe abgesagt – aus finanziellen Gründen. Die «Air Spirit 24», eine Leistungsshow der Luftwaffe in Emmen, angekündigt für August. Und die «Defense 25» der Bodentruppen im kommenden Jahr in Bière (VD). Damit stiess Armeechef Thomas Süssli seine engsten Verbündeten vor den Kopf: die Armeefreunde in der Bevölkerung.

Immer mehr in die Defensive gedrängt

Im Laufe der Woche wurden dann über Enthüllungen von Radio SRF akute Liquiditätsengpässe bei der Beschaffung von Rüstungsmaterial bekannt. Der Fehlbetrag stieg innerhalb von drei Tagen von 1 Milliarde auf 1,4 Milliarden Franken. Am Donnerstag mussten Verteidigungsministerin Viola Amherd und Armeechef Süssli dazu in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats Stellung nehmen. Gleichentags trat Süssli vor die Medien, um die Sachlage zu klären.

Doch der Ausbruch aus der Defensive misslang, wie sich am Freitag zeigte. Nicht nur waren die Kommentare in den Medien überwiegend negativ. Auch in der Politik war das Unverständnis über Süsslis Auftritt gross. So sagte etwa SVP-Nationalrat Thomas Hurter, ein ehemaliger Militärpilot, auf Anfrage: «Die Absage der Bevölkerungsanlässe und die Diskussionen um die Finanzen haben dazu geführt, dass Bevölkerung und Politik verunsichert sind.» Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein.

Bei genauem Hinsehen offenbart sich eine ganze Serie handwerklicher Fehler. So hatte Süssli in der ständerätlichen Sicherheitskommission am Donnerstag die wichtigsten Unterlagen über finanzielle Verpflichtungen der Armee und Zahlungsfristen nicht zur Hand. Er muss sie in der nächsten Sitzung nachliefern. Die nationalrätliche Sicherheitskommission wurde bis heute nicht offiziell über die Sachlage informiert: «Ich musste die Pressekonferenz online verfolgen», sagt Hurter. «Das geht doch nicht.»

Ähnlich ging es den Regierungsmitgliedern. Bundespräsidentin Viola Amherd verpasste es am Mittwoch, den Bundesrat mit den notwendigen Informationen zu den finanziellen Engpässen in der Armee zu versorgen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter sagte später an einem öffentlichen Podium, sie habe aus den Medien davon erfahren. Auch in andern Departementen wurden Mitarbeitende aus den bundesrätlichen Stäben detachiert, um Süsslis Pressekonferenz online zu verfolgen.

Wobei dessen Auftritt offensichtlich ungenügend vorbereitet war. Das Referat des Armeechefs war nicht frei von Widersprüchen. So redete er zunächst die finanziellen Probleme klein, um anschliessend den baldigen Zerfall der Schweizer Armee an die Wand zu malen. Wie improvisiert der Auftritt war, zeigt sich auch daran, dass die Medienmitteilung dazu erst vier Stunden später per Mail verschickt wurde. Üblicherweise liegen Medienmitteilungen zu Beginn der Pressekonferenz auf.

Der Schluss liegt nahe: Verteidigungsministerin Amherd und Armeechef Süssli haben die Aussenwirkung der finanziellen Lage der Armee komplett unterschätzt. Mit dem Ergebnis, dass der Sturm für sie noch lange nicht ausgestanden ist. So sagt Jakob Stark, Präsident der ständerätlichen Finanzkommission: «Ich will wissen, wie in der Armee die Kontrolle funktioniert: die Projektkontrolle, das Liquiditätsmanagement, die interne Finanzkontrolle.» Das Thema werde an der nächsten Kommissionssitzung traktandiert.

Stark sagt schon jetzt: «Wenn so etwas in diesem Ausmass passiert, dann liegt die Verantwortung auf den obersten Stufen, bei der Departementschefin, Frau Bundesrätin Amherd, und beim Armeechef, Herrn Korpskommandant Süssli.» Der Thurgauer SVP-Ständerat hält fest: «Sollte sich herausstellen, dass Herr Süssli seine Verantwortung nicht genügend wahrgenommen hat, könnte dies für seine Zukunft belastend sein.»

Noch halten sich Parlamentsmitglieder mit Rücktrittsforderungen zurück. Hinter vorgehaltener Hand wird aber Süsslis Tragbarkeit hier und da infrage gestellt. Der Armeechef hat in den letzten Tagen an Rückhalt und Ansehen verloren – und dies nicht nur bei den notorischen Militärkritikern der Linken, sondern auch bei den politischen Verbündeten der Truppe.

SP fordert Untersuchung

Für die SP ist das «Milliarden-Finanzdebakel» ein dankbares Thema. Keine 24 Stunden nach Süssli lud sie ebenfalls zu einem Pressetermin – und sparte nicht mit Kritik. Fabian Molina, seit vergangenem Dezember Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, forderte eine «lückenlose Aufklärung» der Armee-Finanzen. Einerseits soll dies durch die parlamentarischen Kommissionen geschehen, andererseits aber auch durch extern: mit einem Audit durch die Eidgenössische Finanzkontrolle.

Molinas Ärger rührt auch daher, dass die Sicherheitspolitische Kommission nur spärlich Informationen erhält. Gemäss Informationen dieser Zeitung hatte die Armeeführung der nationalrätlichen SIK lediglich ein 1,5-seitiges Faktenblatt mit einer groben Zusammenfassung der aktuellen Situation zugestellt. Kommissionspräsidentin Priska Seiler-Graf (SP) soll zudem von Bundesrätin Viola Amherd in einem Vier-Augen-Gespräch unterrichtet worden sein.

Auch bei den Kommissionsmitgliedern anderer Parteien ist der Unmut beträchtlich. FDP-Nationalrätin Maja Riniker sagt: «Wenn die Armee Verpflichtungen eingegangen ist, ohne dass das Parlament die Mittel dafür gesprochen hat, wäre das gravierend.» Die Aargauerin erwartet nun von Armeechef Süssli: Er solle umgehend prüfen, wie die Armee ihre Betriebskosten senken könne – ohne den Kernauftrag zu gefährden. «Wo besteht Spielraum? Ein Nachtragskredit kommt nicht infrage.»

Die SVP vertritt eine ähnliche Haltung. Nationalrat Mauro Tuena meint: «Die Schuldenbremse auszuhebeln, kommt nicht in Betracht.» Thomas Süssli solle in der Verwaltung der Armee sparen – und nicht bei der Sicherheit. FDP und SVP setzen den Armeechef unter Druck: Wenn ihm Geld fehle, müsse er bei der Administration seines Betriebs ansetzen.

Tuena betont: Das ganze Problem sei nur entstanden, weil die Mitte-Partei die eigene Bundesrätin, Viola Amherd, im Stich gelassen habe. «Die Mitte änderte plötzlich ihre Meinung und war für einen langsameren Ausbau der Armee.» Mitte-Ständerätin Marianne Binder hofft derweil, dass ihre Partei auf den Entscheid zurückkommt: «Das Bundesparlament sollte sich überlegen: Bewilligt es in der nächsten Budgetberatung im kommenden Dezember nicht doch mehr Geld für die Armee? Das Material ist veraltet. Es braucht schnell mehr Mittel, um die Sicherheit des Landes zu gewährleisten.»

Da sich die Lage des Bundeshaushalts aber weiter verschlechtert, kann die Armee nicht mit einer Aufstockung rechnen. Süssli muss mit den zugewiesenen Mitteln auskommen – und besser informieren über den finanziellen Engpass. Die Parteien und Interessensverbände, die hinter dem Aufwuchs der Armee stehen, wollen deren Chef vertrauen. Ist das nicht mehr gegeben, könnte bald die Forderung gestellt werden: Ein anderer soll es versuchen.

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