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Die Angst der Bergler vor dem Strom-Kolonialismus der Städter

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Der Ausbau der alpinen Solaranlagen ist zuletzt ins Stocken geraten. Mit schuld seien naive Stromkonzerne, sagt ein Experte, denn die Stromproduktion in den Alpen lasse alte Ängste hochleben. Umweltschutzorganisationen nutzen das geschickt aus.

Es war schon damals der Krieg, welcher der Schweiz ihre Abhängigkeit vom Ausland vor Augen führte: Weil während der Weltkriege die Versorgung durch Kohle versiegte, trieb die Schweiz die Elektrifizierung voran. Vor allem in den Städten stieg die Nachfrage nach Strom – was in den Wintermonaten ein Problem war. Auf der Suche nach Speicherkapazitäten wurden die Stromkonzerne in den Bergen fündig. Lange gingen sie unzimperlich vor: Dörfer wie das Bündner Splügen oder das Urner Urseren wären zugunsten von grossen Wasserkraft-Projekten geflutet worden, wären sie nicht an der heftigen Gegenwehr der Lokalbevölkerung gescheitert. «Licht, Kraft, Wärme und Arbeit», versprachen die Unterländer Konsortien, wie aus Propagandamaterial von damals hervorgeht. In Marmorera klappte schliesslich, was zuvor misslang, nicht zuletzt dank Drohkulissen von Enteignungen. 52 Ställe, 29 Wohnhäuser, ein Schulhaus und eine Kirche versanken 1954 im Stausee.

Die Turbinen der Kraftwerke befeuerten das Schweizer Wirtschaftswachstum. In den Städten hauptsächlich –aber auch die Berggemeinden profitierten. Wasserzinsen bescheren bis heute vielen Dörfern paradiesische Steuerfüsse; nicht selten sind Kraftwerke und lokale Energieversorger die wichtigsten Arbeitgeber weit und breit.

Der Argwohn vor den städtischen Stromkonzernen aber scheint den Wandel der Generationen überdauert zu haben. Das zumindest ist eine Lesart, warum der sogenannte Solarexpress ins Stocken geraten ist. Mit diesem – unter dem Eindruck einer nahenden Energiemangellage im Eilverfahren beschlossenen – Gesetz wollte das Parlament der Schweiz den Winterstrom sichern. Hochalpine Solarfelder, grosszügig bezuschusst durch den Bund.

Durch Innertkirchen wird kein Strom aus alpine Photovoltaik-Anlage fliessen, ein entsprechendes Projekt wurde abgelehnt. Im Bild: Trafostation der Kraftwerke Oberhasli KWO in Innertkirchen.
Archivbild: Keystone

Der Anfang war vielversprechend. Den vergangenen Sommer über sprachen sich die Bevölkerungen mehrerer Walliser, Berner, aber auch Bündner Gemeinden für Solarkraftwerke aus. Das grösste davon soll in Poschiavo zu stehen kommen: 128 Gigawattstunden Jahresproduktion soll «Berninasolar» dereinst liefern. Doch zuletzt scheiterten gleich reihenweise Projekte, welche kleinere und (vor allem) grössere Kraftwerke in den Alpen vorsahen: In Disentis, Ilanz und Surses im Graubünden, Meiringen im Berner Oberland und Albinen im Kanton Wallis schmetterten die Gemeindeversammlungen die Vorhaben ab. Den Lokalzeitungen ist zu entnehmen, dass sich die Wortmeldungen der Solar-Skeptiker von Kanton zu Kanton gleichen. Die «reichen, rot-grünen Städter» wollten sich an Hasliberg wohl eine «goldene Nase» verdienen, rapportierte der «Berner Oberländer» von einer Infoveranstaltung. Ein deutlicher Seitenhieb an die Verantwortlichen der Industriellen Werke Basel.

Das Interesse der Umweltverbände

Längst haben Umweltverbände entdeckt, dass sich ein Stadt-Land-Graben in der Energiepolitik auftut. Auf einem Flyer, der kürzlich für ein Nein zum Solarprojekt Ilanz warb, steht: «Graubünden produziert bereits heute 4-mal mehr Strom, als wir verbrauchen. Müssen wir unser Kapital (…) für Strom fürs Mittelland opfern?»

Es sind Sätze, wie man sie von der SVP kennt. Aber auf dem Papier prangen die Logos von Pro Natura und der Stiftung Landschaftsschutz. Das verfängt, manchmal sogar auch erst nach dem Abstimmungstermin. «Berninasolar» steht inzwischen trotz Volks-Ja auf der Kippe, weil sich die Energieversorger aus Sorge vor Umweltprotesten aus dem Projekt verabschiedet haben.

Aussprache geplant

«Die Argumente sind hanebüchen», sagt Ruedi Kriesi, Präsident der IG Solalpine, die Energieunternehmen bei der Umsetzung von Solarprojekten unterstützt. Kriesi, langjähriger Leiter der Energiefachstelle Zürich, hat den Verein zusammen mit anderen Fachleuten im November 2021 gegründet. Kriesi:

Noch immer ist sehr unsicher, wie gut eine Alpinsolar-Anlage rentiert, weil niemand die Strompreise der Zukunft kennt.

«Und es ist völlig normal in der Schweiz, dass Ressourcen nicht nur für den eigenen Kanton verwendet werden.» Kriesi zieht den Vergleich zum Universitätsspital: «Man stelle sich einmal vor, dieses würde nur Zürcher behandeln.»

Kriesi ist im regelmässigen Austausch mit Energieversorgern und Umweltverbänden. Diese Woche bringt er den Flyer auf den Tisch, um Lösungen zu suchen. Ins Gewissen reden wird er aber auch den Stromkonzernen. «Diese haben sich teilweise naiv, manchmal auch hochnäsig verhalten», sagt Kriesi. Nach jahrelanger Zusammenarbeit bei der Wasserkraft hätten sie mancherorts einfach darauf vertraut, dass die lokale Bevölkerung dann schon auch bei Solarprojekten einwillige. «Aber niemand weiss, wie tief die alte Kolonialismus-Angst sitzt. »

Wie die Realität aussehen kann, bewies kürzlich die Gemeinde Surses. Nicht nur lehnte sie einen geplanten Solarpark ab, dazu wies sie auch die eine Konzessionsverlängerung für ein Wasserkraftwerk zurück und probt den Heimfall: Dieses Recht besagt, dass nach Auslauf der Konzession für ein Kraftwerk alle mit dem Wasser in Berührung kommenden Teile gratis in Besitz der Gemeinde übergehen. Eine doppelte Schlappe für das Elektrizitätswerk Zürich (EWZ).

«Es läuft besser, als dargestellt wird»

Die Aargauer SP-Nationalrätin und Swissolar-Vizepräsidentin Gabriela Suter verfolgt den Ausbau der Solarkraft in den Alpen genau. In einer Excel-Tabelle trägt sie die Abstimmungsresultate der Gemeindeversammlungen ein. Sie ist sich sicher: «Der Solarexpress läuft wesentlich besser, als es dargestellt wird.» Die Bilanz werde durch die jüngsten Entscheide getrübt. «Von den 36 Projekten, zu denen es bis jetzt Volksabstimmungen gab, wurden 25 angenommen, nur 11 abgelehnt», rechnete Suter kürzlich in einem Gastbeitrag im «Tages-Anzeiger» vor.

Auch ihre Analyse fällt klar aus: Grosse Projekte hätten es generell schwer, fast unabdingbar sei aber der Einbezug lokaler Energieversorger und der Ansässigen. Beispielhaft sei das im Walliser Gondo geschehen.

Fast das ganze Dorf stand hinter der Anlage, auch weil die Bevölkerung von Anfang an involviert wurde.

Das sei halt schon ein anderes Vorgehen, als wenn «grosse Energieunternehmen aus dem Mittelland einfach mal drauflos planen», sagt Suter. Diese hätten mittlerweile aber auch dazugelernt.

Die Zusammenarbeit vor Ort ist ein Erfolgsfaktor – aber noch kein Garant dafür. Mitentscheidend ist die Höhe der Entschädigung. In Hasliberg hätte gemäss «Berner Oberländer» die Bevölkerung Ja gestimmt, wäre mehr für sie herausgesprungen – ungeachtet dessen, dass die IWB diesen Preis gar nicht bezahlt hätten. Und dann gibt es jene Orte, die sich auch von Geldsorgen nicht beirren lassen. Ilanz etwa wird nach dem Solar-Nein schon bald um eine Steuererhöhung nicht herumkommen. Traktandiert war sie bereits eine Gemeinderatssitzung nach dem Protest gegen das Unterland.

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