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Die Legislatur des Stillstands

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Leitartikel

Autor: Nicole Jegerlehner

Die Legislatur des Stillstands

Erstmals hat die Stadt Freiburg in den letzten fünf Jahren eine linke Regierung erlebt: Im fünfköpfigen Gemeinderat sassen drei linke Politikerinnen und Politiker zwei bürgerlichen Vertretern gegenüber. Die Linke feierte 2006 ihren historischen Sieg mit grosser Freude – und hegte grosse Erwartungen. Nun, nach Ablauf der Legislatur, stellt sich Ernüchterung ein. Selbst der erste SP-Syndic der Zähringerstadt, Pierre-Alain Clément, sagt, der Gemeinderat habe in den vergangenen fünf Jahren nicht anders politisiert als in früheren Legislaturen mit bürgerlicher Mehrheit.

Niemand hatte erwartet, dass die linke Mehrheit den politischen Alltag umkrempeln würde. Doch zumindest einige linke politische Anliegen hätte der Gemeinderat anpacken können. Er hat in der vergangenen Legislatur jedoch nur eines getan: gespart. Der Schuldenberg ist um 48 Millionen Franken kleiner geworden; er betrug Ende 2010 noch knapp 170 Millionen Franken. Darauf sind der Syndic und die Finanzdirektorin Madeleine Genoud-Page (CSP) stolz.

In seiner Zufriedenheit vergisst der Gemeinderat oft, dass er in den letzten fünf Jahren keinen einzigen wegweisenden Entscheid getroffen hat. Er hat Alltagsentscheide gefällt und bereits aufgegleiste Projekte aus früheren Legislaturen zu Ende gebracht. Initiativen aus dem Generalrat für vermehrte Integrationsarbeit, für mehr Plätze in Kinderkrippen oder für mehr Geld für Agenda-21-Projekte schmetterte der linke Gemeinderat ab – immer unter dem Motto «Dazu fehlt uns das Geld». Die Mittelknappheit hat den Gemeinderat gelähmt. Völlig unter ging die Sanierung und der Ausbau der Schulhäuser, welche für das zweite Kindergartenjahr unabdingbar sind. Als Legislatur der Konsolidierung bezeichnete Syndic Clément die letzten fünf Jahre. Zutreffender wäre Legislatur des Stillstands.

Auch auf Ebenen, die vorerst kein finanzielles Engagement brauchten, hat der Gemeinderat keine grossen Taten vollbracht. Die Diskussionen um die Fusion 2016 zwischen Freiburg, Villars-sur-Glâne, Marly, Granges-Paccot, Givisiez und Corminboeuf sind fürs Erste gescheitert. Der Gemeinderat hat in diesen Gesprächen nicht besonders gut abgeschnitten, zumindest nicht aus Sicht der kleineren – und reicheren – Gemeinden. Deren Gemeinderäte machen deutlich, dass der Freiburger Gemeinderat nicht auf ein Zusammengehen hingearbeitet hat, sondern auf einen Anschluss der anderen Gemeinden an Freiburg.

Auch wenn es den Städtern gut ansteht, selbstbewusst aufzutreten und nicht nur über Schulden, Zentrumslasten und Verkehrsprobleme zu jammern: Wer verhandeln will, muss auf die andern zugehen. Gerade auch, wenn sie kleiner sind und eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen.

Doch genau solches Verhandlungsgeschick ist nicht die Stärke des aktuellen Gemeinderats. Das zeigen schon die Beziehungen zum Generalrat. Anstatt den Parlamentsmitgliedern entgegenzukommen und sie in Entscheidungsprozesse einzubinden, stellt sie der Gemeinderat immer wieder vor vollendete Tatsachen. Ganz nach Reglement, wie er betont. Und ganz frustrierend, wie die Generalrätinnen und Generalräte feststellen müssen. Der Gemeinderat zeigt sich dann erstaunt, wenn er mit Kritik eingedeckt wird. Und vergisst, dass er als politisches Gremium seine Macht nicht abgibt, wenn er Sparmöglichkeiten oder Bauprojekte an einem runden Tisch mit Generalratsmitgliedern diskutiert.

Dieses politische Gespür, über die Parteigrenzen hinaus Allianzen zu schmieden, geht dem Gemeinderat ab. So entsteht oft der Eindruck, der Gemeinderat sehe sich als väterliche Regierung, die schon weiss, was das Beste fürs Volk ist. Und die darum nicht vom Generalrat kontrolliert werden muss.

Die Lage des Freiburger Gemeinderats ist tatsächlich schwierig: Die finanziellen Mittel sind beschränkt, der Grosse Rat senkt immer wieder die Steuern, so dass auch den Gemeinden und Städten Steuererträge entgehen. Die meisten Ausgaben sind gebunden, der Spielraum ist eng. Eine linke Regierung mit einer politischen Vision würde aber genau diesen kleinen Spielraum ausnutzen, um ihre Prioritäten zu setzen. Denn zukunftsträchtige Ideen können auch Schritt für Schritt konsequent umgesetzt werden, sie brauchen keinen grossen und teuren Wurf. An Visionen fehlt es aber den meisten Vertreterinnen und Vertretern im Gemeinderat – und zwar ob links oder bürgerlich.

Der Stadt Freiburg täte ein Wechsel im Gemeinderat gut. Ein neuer Blick von unbelasteten Politikerinnen und Politikern auf die alten Probleme könnte neuen Schwung in die Zähringerstadt bringen. Die anstehenden Wahlen werden aber kaum einen Wechsel bringen. Nicht nur, weil nur ein einziges Regierungsmitglied zurücktritt. Auch, weil die bürgerlichen Parteien es nicht geschafft haben, sich zu einer gemeinsamen Liste zusammenzuraufen. Die linken Parteien hingegen haben sich zusammengeschlossen: Die Stimmen ihrer Wählerinnen und Wähler werden nur auf eine Liste fliessen. CVP, FDP und SVP jedoch treten getrennt an: Die Stimmen des bürgerlichen Lagers verteilen sich auf drei Listen und konkurrenzieren sich. So ist die Mehrheit der Linken so gut wie gesichert. Damit wird aller Voraussicht nach das einzige frische Mitglied des Gemeinderats auf der linken Seite bestimmt: Dort wird der Platz von Marie-Thérèse Maradan Ledergerber (früher SP, heute parteilos) frei.

Die Herausforderungen des neuen Gemeinderats bleiben die alten: Er muss mit bescheidenen finanziellen Mitteln Verantwortung übernehmen und wegweisende Projekte an die Hand nehmen.

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