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Die Schweiz auf Glas: Eine Ausstellung zwischen Handwerk, Kunst und Wissenschaft

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Ausgerechnet zerbrechliches Glas wurde in den 50er-Jahren zum wichtigsten Datenspeicher des Bundesamts für Landestopografie. Eine Ausstellung im Vitromusée in Romont beleuchtet das unbekannte Stück Schweizer Geschichte. 

Eine dünne, leicht transparente Glasplatte in roter Farbe, übersät mit einem Geflecht aus feinen, weissen Linien: Was auf den ersten Blick wie abstrakte Kunst aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als topografische Karte, auf welcher der Verlauf der Saane sowie der Murtensee und ein Teil des Neuenburgersees detailgetreu eingezeichnet sind. Die Karte stammt aus dem Jahr 1960, weshalb die Betrachterin vergeblich nach dem Schiffenensee und der Staumauer sucht.

Die Glasplatte ist ein Teil der Ausstellung «Die Schweiz auf Glas», die ab dem 25. Februar im Vitromusée in Romont zu sehen ist. Sie ist aus einer Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Landestopografie Swisstopo und dem Museum für Glasmalerei entstanden und wird von Lukas Gerber, Historiker bei Swisstopo, sowie von Elisa Ambrosio, Konservatorin beim Vitromusée, kuratiert.

Die Ausstellung beleuchtet ein bisher kaum bekanntes Kapitel der Landestopografie, wie Lukas Gerber gestern an einer Medienkonferenz erklärte: «Ab 1953 gravierte das Bundesamt seine Kartenoriginale fast ein halbes Jahrhundert lang in eine farbige Lackschicht auf Glas. Diese Glasplatten dienten als Grundlage für die gedruckten Karten und stellten sicher, dass diese über Jahrzehnte nachgedruckt und aktualisiert werden konnten.» 

Sie sehen aus wie Kunstwerke: Die Glasplatten von swisstopo im Vitromusée in Romont.
Bild: Charles Ellena

Zerbrechliches Gut

Weshalb aber kam das Bundesamt auf die Idee, die wertvollen Kartenoriginale ausgerechnet auf zerbrechliches Glas zu gravieren? «Glas hat entscheidende Vorteile gegenüber anderen Materialien», sagte der Historiker. Zuvor wurden die Kartenoriginale auf Kupfer graviert. Als Swisstopo 1935 vom Bundesrat den Auftrag erhielt, ein neues Kartenwerk zu schaffen, geriet die Kupfergravur massiv in die Kritik. Gerber resümierte die damalige Situation: «Bei der Erstellung der neuen Landeskarte hinkte das Bundesamt dem vorgegebenen Zeitplan stark hinterher. Das war vor allem auf die zeitintensive Kupfergravur zurückzuführen.»

Als Simon Bertschmann 1952 neuer Direktor der Landestopografie wurde, war die Devise klar: Die Landeskarten sollten endlich zügiger erscheinen. Unter Bertschmann untersuchte das Bundesamt verschiedene Materialien, die für die Gravur infrage kamen. In der Verwendung von Glas fand man schliesslich eine Lösung für die Probleme. Obwohl das Material so zerbrechlich ist, hat es gegenüber Kupfer viele Vorteile, so Gerber:

Die Glasgravur ist deutlich schneller als die Kupfergravur. Und sie ist vor allem auch präziser. 

Ein weiterer Vorteil von Glas ist, dass es masshaltig bleibt, sich also bei unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen über die Zeit kaum verändert. 

Ein Frauenberuf

Das eigens vom Bundesamt entwickelte Verfahren war ein voller Erfolg: Die neue Landeskarte, die bis heute verwendet wird, konnte endlich fertiggestellt werden. Und: «Sowohl im In- als auch im Ausland erhielt die Karte damals Lob für ihr modernes Erscheinungsbild.» Firmen und Institute erwarben eine Konzession für die neuartige Gravur auf Glas. 

Kurator Lukas Gerber vor der Schweizer Landeskarte.
Bild: Charles Ellena

Trotz dieser Verbesserungen war die Herstellung der Karten noch immer sehr aufwendig. Bis aus den farbigen Glasplatten eine Karte entstand, waren mehrere Schritte notwendig. So mussten für die Erstellung von jeder Karte mehrere Glasplatten mit unterschiedlichen Informationen graviert werden. «Es wurden Platten für die Gewässer, die Wälder, die Höhenlinien, das Gebirge und für die Situation – also für die Gebäude, Strassen und Infrastrukturen – angefertigt», sagte der Experte. 

Mit einem komplizierten Kopierverfahren wurden die Glasplatten schliesslich zur finalen Karte gedruckt. «Insgesamt waren über 70 Kopiervorgänge nötig», fasst Gerber das Prozedere zusammen.

Am Schluss mussten die Karten noch beschriftet werden. Das war lange Zeit die Aufgabe von Frauen. Dies hatte einen konkreten Grund, erklärte Gerber: 

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Bund auf Sparkurs. Für die Beschriftungen der Karten wurden Frauen eingesetzt, weil man ihnen deutlich tiefere Löhne zahlen musste als den Männern.  

Man könne daher von einem «künstlich geschaffenen Frauenberuf» sprechen, hielt der Historiker fest. 

Opfer der Digitalisierung

Trotz dieser Erfolgsstory ereilte die Glasgravur am Ende dasselbe Schicksal wie zuvor die Kupfergravur. Lukas Gerber erklärte, wie das Handwerk der aufkommenden Digitalisierung zum Opfer fiel: Ab Ende der 1980er-Jahre wurde es erstmals möglich, die Kartenblätter digital nachzuführen. Nun war die Schichtgravur gegenüber den neuen technischen Möglichkeiten veraltet. «Im Jahr 2000 führte Swisstopo die computergestützte Kartografieherstellung ein. Die Zeit des Gravurhandwerks in der Kartenherstellung war nach über 160 Jahren endgültig vorbei», so das Fazit des Kurators.

Er betont zum Schluss: «Die künstlerisch anmutenden Glasplatten sind heute ein Stück Schweizer Geschichte und zeugen von schweizerischer Präzisionsarbeit.»

Kommentar (1)

  • 01.04.2024-Daniel Urwyler

    Als Kartograf arbeitete ich von 1977 – 2018 in der Swisstopo. Ich gehörte zu den letzten 4 Personen, die noch auf Glas gravierten, bevor wir auf die Computertechnologie umgeschult wurden.

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