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Direktorin der Murten Classics tritt zurück

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Nach 20 Jahren tritt Jacqueline Keller als Direktorin der Murten Classics zurück. Im Gespräch erzählt sie Anekdoten aus ihrer Amtszeit und ihrer unkonventionellen Laufbahn.

An einem trüben Augustabend in Murten: Jacqueline Keller, Direktorin der Murten Classics, verlässt gerade das Haus neben der Deutschen Kirche. «In der Toilette fehlt Papier», ruft sie einem Helfer zu. «Kannst du dich bitte darum kümmern?» Mit eiligen Schritten verschwindet sie in der Kirche.

20 Jahre lang sorgte Keller als Direktorin für die Organisation der Murten Classics. Nun ist Schluss: Jacqueline Keller wird nach einer Übergangszeit nach der Ausgabe 2024 den Stab weiterreichen. Ihre Nachfolge werden die Organisatoren später bekannt geben.

Dreh- und Angelpunkt

Die Episode mit dem Toilettenpapier zeigt anschaulich, wie die Organisation der Murten Classics funktioniert. Haben andere Festivals Scharen an bezahlten Mitarbeitenden, war und ist Jacqueline Keller Dreh- und Angelpunkt der Murten Classics. «Einmal schrieb mir ein Orchestermanager, ob es bei den Murten Classics mehrere Jacqueline Keller gebe. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ich mich um alles Mögliche kümmere.»

Dass bei ihr alle Fäden zusammenlaufen, habe durchaus Vorteile. «Ich antworte schneller auf Anfragen als dies grosse Festivals können.»

In den letzten Jahren zeigten sich aber auch die Schwächen des Modells. «Das Arbeitspensum ist gross. Das kann man nur bewältigen, solange keine zusätzliche Lawine kommt.»

Diese zusätzliche Lawine kam 2020 in Form der Coronapandemie. Sie brachte für Keller einen enormen Zusatzaufwand. «2020 war die Situation mit der Absage des Festivals schnell geklärt. Das Festival 2021 wollten wir unbedingt durchführen. Aber die Vorgaben waren komplex und änderten sich laufend. Ich schrieb zahlreiche Konzepte, die im Papierkorb landeten.»

Üble Beschimpfungen

Früh entschieden sich die Organisatoren, nur geimpfte, genesene oder getestete Besucher zuzulassen. Die Reaktionen waren heftig. Keller spricht von einem veritablen Shitstorm. «Ich wurde am Telefon als Nazi-Schwein beschimpft.»

Ich wurde als Nazi-Schwein beschimpft.»

Jacqueline Keller
Direktorin Murten Classics

Diese Erfahrungen hinterliessen Spuren: «Gegen Ende des Festivals merkte ich, dass mir die Murten Classics zusetzen. Da war mir klar, dass ich zurücktreten muss.» Nach 20 Jahren gebe sie das Festival aber gerne in jüngere Hände.

Ein Ostschweizer Herz

Der Dialekt verrät es: Jacqueline Keller stammt aus der Ostschweiz. In ihrem schnittigen Cabriolet hängt ein Wimpel des FC St. Gallen. Klassische Musik war in ihrem Elternhaus kein Thema. So fand sie auf Umwegen zur Musik.

Sie arbeitete als Reiseleiterin. «Das war die beste Vorbereitung für die Murten Classics. Ich erlebte so viel, dass mich nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringt.» Einmal fuhr sie in der Türkei mit einer Gesellschaft zum Flughafen, als sämtliche Reifen des Busses platzten. «Ein anderes Mal mussten wir in Kairo fluchtartig ein brennendes Hotel verlassen.»

Ich erlebte als Reiseleiterin so viel, dass mich nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringt.»

Jacqueline Keller
Direktorin Murten Classics

Eines Tages besuchte Keller eine Kundin in der Schweiz. «Sie hatte die Hand gebrochen. Sie bat mich, sie in die Gesangsstunde zu fahren.» Als die Gesangslehrerin Keller reden hörte, bat sie sie ans Klavier. «Ich sollte einige Übungen nachsingen.» Es stellte sich heraus, dass Keller eine Kontra-Alt-Stimme hat. Das ist die tiefste Stimmgattung der Frauen und dazu selten. «So rutschte ich mit knapp 30 Jahren ins Gesangsstudium.»

Doch für Kontra-Alt-Stimmen ist das Repertoire beschränkt. «Opern kamen nicht infrage.» So sang sie viel Oratorien. Zu ihren Höhepunkten zählt Beethovens neunte Sinfonie mit dem Orchestre de la Suisse Romande. Ihr Lieblingsrepertoire waren aber Lieder, etwa von Peter Tschaikowsky.

Zufällig rutschte Keller fast gleichzeitig in den Musikjournalismus: Beim heutigen Radio Swiss Classic katalogisierte sie zuerst neue Tonträger. Der Sender hatte damals noch ein journalistisches Programm im engeren Sinne. «Irgendwann fiel eine Moderatorin aus. So erhielt ich die Möglichkeit, mich am Mikrofon zu versuchen. Und einige Monate später interviewte ich an den Salzburger Festspielen die grossen Stars.» Keller stiess bei den Musikern auf Wohlwollen. «Sie schätzten, dass ich sie ausreden liess», sagt sie und lacht, denn: «Ich wagte einfach nicht, sie zu unterbrechen. Ich dachte, dafür verstünde ich zu wenig vom Thema.»

Eine Umstrukturierung bei den Sendern der SRG setzte ihrer journalistischen Laufbahn ein jähes Ende. Es folgten verschiedene kürzere Stationen. Unter anderem war sie Managerin des Orchesters der heutigen Berner Hochschule für Künste. Dirigent war Kaspar Zehnder, der schon damals die Murten Classics künstlerisch leitete. «Ich wusste von ihm, dass es in der Führung der Murten Classics Konflikte gab.» Eines Tages teilte er Keller mit, die Geschäftsführerin werde die Murten Classics verlassen. «Er sagte mir: Ich habe dich als Nachfolgerin vorgeschlagen. Ich brauche dein Dossier bis in fünf Stunden.»

Mit dem Antritt bei den Murten Classics im Jahr 2003 gab Keller ihre Karriere als Sängerin auf. «Ich werde nach meinem Rücktritt aber wieder singen», kündigt sie an.

2003 nahmen Jacqueline Keller und Kaspar Zehnder (Mitte) den «Prix Atec» für die Murten Classics entgegen.
Archivbild Charly Rappo

Ein Faible für Menschen

«Am liebsten mache ich die Arbeiten, die direkt mit Menschen und speziell den Musikern zu tun haben.» Dabei helfe ihr ihre Vergangenheit als Sängerin. «Musikerinnen und Musiker sind eigentümliche Menschen. Es hilft, dass ich ihre Welt und ihre Bedürfnisse kenne.»

Die Finanzierung des Festivals sei hingegen Knochenarbeit. Auch die vielen Sekretariatsarbeiten mochte sie weniger. «In 20 Jahren brachte ich 20 000 Pakete auf die Post.»

Jacqueline Keller 2022 mit Festivalpräsident Daniel Lehmann und dem künstlerischen Leiter Christoph-Mathias Mueller. 
Archivbild Aldo Ellena

Als Direktorin war sie schliesslich auch Spielverderberin. Sie musste jeweils prüfen, ob sich die Programmvorschläge des künstlerischen Leiters dem Publikum verkaufen liessen. «Diese Sitzung machte mir jedes Jahr Bauchschmerzen.» Es sei eine Tatsache, dass sich gerade moderne Musik schlecht verkaufe. «Das können wir nicht ignorieren, auch wenn wir künstlerisch gerne Grenzen verschieben würden.»

Es sei vor allem der Kontakt mit den Musikerinnen und Musikern, mit den Helferinnen und Helfern sowie dem Vorstand, der diese Arbeit spannend gemacht habe. «Das werde ich vermissen», so Keller.

Anekdoten

Von eingeschlossenen Solisten und offenen Hosenschlitzen

In 20 Jahren als Direktorin der Murten Classics hat Jacqueline Keller viel erlebt. Unvergessen sei ein Wetterumsturz während eines Schlosshofkonzertes. Musiker und Publikum mussten in die Deutsche Kirche zügeln. «Solche Zügelaktionen laufen generalstabsmässig ab. Innerhalb von 30 Minuten können wir das Konzert fortsetzen.» An diesem Abend ging dummerweise der Solist vergessen. Alleine blieb er in seiner Garderobe im Schloss. Irgendwann merkte er, dass etwas nicht stimmt. Er fand sämtliche Türen des Schlosses verriegelt vor. «Entgeistert erzählte er mir, wie er mit seinen Geigerhänden Geranien entfernen musste, damit er aus dem Fenster klettern kann.»

Ein weiteres Erlebnis hatte Keller mit einem Sänger. In einer halbszenischen Aufführung von Mozarts «Così fan tutte» sollte der Solist mit offener Hose erscheinen. Damit wollte der Regisseur illustrieren, dass sich der Herr hinter der Bühne gerade mit einer Frau vergnügt hatte. Doch das Konzert wurde ebenfalls in die Deutsche Kirche verlegt. Entsetzt meinte der gläubige Sänger, er könne unmöglich mit offener Hose in einer Kirche auftreten. «Ich erteilte ihm höchstpersönlich die Absolution», erzählt Keller unter schallendem Lachen. sos

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