Fotos und Videos von einem Wolf haben wir alle schon gesehen – wie es ist, dem Tier im Alltag zu begegnen, wissen nur wenige. Ein Plasselber hat diese Erfahrung letzte Woche gemacht.
Patrick Brunisholz steht auf dem Wanderweg, der direkt an seinem Wohnhaus vorbeiführt, und zeigt auf eine Stelle, die rund 50 Meter entfernt ist. «Dort stand der Wolf und spazierte entlang des Fusswegs», erzählt der Ingenieur und Landwirt. Er wohnt im Muelers in Plasselb und ist unter anderem Besitzer von Ziegen, Schafen und einigen Ponys. Letzte Woche staunte er nicht schlecht, als er und sein Vater am späten Nachmittag einen Wolf entdeckten, der in unmittelbarer Nähe des Hauses und der Tiergehege die Umgebung erkundete.
Weil es noch hell war, gelang es dem Plasselber, Fotos vom Tier zu machen. «Es war ein sehr eindrücklicher Moment», erzählt Brunisholz. Er sei von der Grösse des Wolfs überrascht gewesen, und auch sonst habe das Tier einen sehr majestätischen Eindruck gemacht.
«Schliesslich lief er an mir vorbei und spazierte auf dem Wanderweg in Richtung St. Silvester – ich folgte ihm ein wenig und sah, dass er zweimal über einen Zaun sprang», erinnert sich Brunisholz. Es habe ihn beunruhigt, dass der Wolf scheinbar keine Scheu gezeigt habe und dass das Tier problemlos Zäune überwunden habe. Patrick Brunisholz meldete den Vorfall anschliessend dem zuständigen Wildhüter Pascal Riedo.
Unbekannter Wolf
Im Gespräch mit den FN sagt Riedo: «Ich habe die Fotos ausgewertet und kann bestätigen, dass es sich um einen Wolf handelte.» Mehr wisse er über das Tier im Moment noch nicht. Seither habe es in der Region keine weiteren Sichtungen gegeben. «Der Wolf ist sehr wanderlustig, mittlerweile kann er schon Hunderte Kilometer weit entfernt sein», sagt der Wildhüter.
Dass sich der Wolf durch die Anwesenheit der Familie Brunisholz und deren Hofhund nicht sonderlich hat stören lassen, wertet der Wildhüter derweil nicht als unnatürliches Verhalten. «Einzig die Tageszeit ist speziell – wahrscheinlich wurde das Tier aufgeschreckt und war deshalb schon so früh unterwegs.» Ansonsten sei die Begegnung aber nicht ungewöhnlich gewesen. «Der Wolf ist in der Schweiz mittlerweile überall präsent – für uns sind solche Sichtungen normal.» Die Bevölkerung jedoch hätte den Umgang mit dem Raubtier verlernt. «Wir kennen nur noch die Märchen mit dem bösen Wolf – dieses Denken hat sich über Generationen verfestigt.» Darum sei es wichtig, viel Aufklärungsarbeit zu leisten, sagt Pascal Riedo.
Wie verhält man sich richtig?
Für den Fall, dass man einem Wolf begegnet, rät der Wildhüter: «Man sollte Ruhe bewahren und auf sich aufmerksam machen – zum Beispiel mit ihm sprechen. Sollte sich das Tier danach weiter annähern, soll man in die Hände klatschen, laut schreien und sich so gross wie möglich machen.» Das sei aber kaum nötig, betont Riedo. «Höchstens ein Jungtier würde sich einem Menschen so nähern und dies nur aus Neugierde.»
Dass der Wolf in Plasselb aber mehrere Zäune überwunden haben soll, wertet Pascal Riedo als potenziell problematisch. Er sagt:
Für uns ist das ein Zeichen, dass es im Zusammenhang mit diesem Wolf eventuell zu Problemen kommen könnte.
Man werde die Lage weiterhin beobachten. «Und falls es wirklich der Fall ist, dass der Wolf hierbleibt und weiterhin Herdenschutzmassnahmen überwindet, haben wir gesetzliche Grundlagen, die wir nützen können.»
Mehr Informationen gefordert
Patrick Brunisholz wünscht sich derweil eine aktivere Informationspolitik der Wildhüter. «Ich fände es wichtig, dass andere Tierhalter in der Region über solche Sichtungen und das Verhalten des Wolfs informiert werden, damit sie wissen, welchen Herdenschutz sie anwenden müssen», so Brunisholz. Dies werde auch er tun. «Ich werde mich jetzt noch intensiver um die Prävention kümmern», sagt Brunisholz. Im Sommer seien die Tiere nachts draussen. Er sagt:
Nach diesem Erlebnis muss ich damit rechnen, dass der Wolf auch eine Herde angreifen würde, die in unmittelbarer Nähe eines Wohnhauses ist.
Kommentar (1)
Es braucht endlich einen Absch(l)uss mit diesen Thema
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