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Externe Juristen als Staatsanwälte: Die Bundesanwaltschaft in der Kritik

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Jahrelang hat die Bundesanwaltschaft externe Juristen mit der Leitung von Strafverfahren betraut. Ob diese Praxis rechtmässig war, muss nun das Bundesgericht entscheiden.

Es ist ein Grundpfeiler von Rechtsstaat und Demokratie: Das Legalitätsprinzip soll das Individuum vor staatlicher Willkür schützen. Demnach dürfen Private alles tun, was vom Gesetz nicht ausdrücklich verboten ist. Amtspersonen benötigen hingegen eine ausdrückliche Erlaubnis, also eine Rechtsgrundlage für ihr Tun. In der Bundesverfassung heisst es dazu klipp und klar: «Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.»

Nun gibt es den Verdacht, dass ausgerechnet die Bundesanwaltschaft (BA), die oberste Anklagebehörde im Land, diese Säule des Rechtsstaats jahrelang missachtet hat. Ob dem tatsächlich so war, wird das Bundesgericht zu entscheiden haben. Denn gegen ein für die BA vernichtendes Urteil* des Bundesstrafgerichts in Bellinzona haben sowohl Anwälte der Beschuldigten als auch die BA selbst Beschwerde eingelegt.

Schallende Ohrfeige für die BA

Dabei geht es um die grundsätzliche Frage, ob die BA externe Personen als ausserordentliche Staatsanwälte mit der Führung bestimmter Strafverfahren betrauen darf.

Im konkreten Fall hat die Bundesanwaltschaft 2015 den Solothurner Rechtsanwalt Daniel Vögeli beauftragt, ein seit 2010 vor sich her dümpelndes Strafverfahren als externe Person zu leiten. Ziel war es, einen grossen Betrugsfall mit einer Deliktsumme von mehr als 300 Millionen Franken in Bellinzona zur Anklage zu bringen. Die Berufung erfolgte, um «kurzfristige Belastungsspitzen abzumindern», wie die BA auf Anfrage mitteilte.

Aber war das auch legal? Der 25-seitige Beschluss der Berufungskammer in Bellinzona hört sich teilweise wie eine schallende Ohrfeige für die Staatsanwälte in Bundesbern an: «Für den Einsatz von Rechtsanwalt Daniel Vögeli als ausserordentlicher Staatsanwalt (…) lag (…) keine formell-gesetzliche Grundlage vor. Diese Kategorie von ausserordentlichen Staatsanwälten des Bundes war und ist zurzeit in keinem Gesetz im formellen Sinne vorgesehen.» Das Gesetz erlaubt es nämlich einzig der Aufsichtsbehörde über die BA (AB-BA), ausserordentliche Staatsanwälte zu ernennen, und auch dies nur in Verfahren, in denen Staatsanwälte der BA beschuldigt werden.

Nicht legitimiert

Zwar hat die BA ihr internes Organisationsreglement im Verlauf des Strafverfahrens angepasst und damit Vögelis Posten nachträglich legitimiert. Die Berufungskammer kritisiert das aber mit deutlichen Worten: Das Reglement sei «keine taugliche Rechtsgrundlage». Der Gesetzgeber habe der BA keinen Spielraum eingeräumt, «als weitere Kategorie diejenige des ausserordentlichen Staatsanwalts des Bundes zu schaffen».

Vielmehr widerspreche der betreffende Paragraf der gesetzlichen Ausgangslage. Sämtliche von Vögeli seit seiner Einsetzung im Jahr 2015 getätigten Verfahrenshandlungen seien deshalb von einer sachlich und funktional unzuständigen Person ausgegangen.

Das ist starker Tobak. Nach Ansicht von Bellinzona hat sich die Bundesanwaltschaft damit seit Jahren ausserhalb des Gesetzes bewegt. Auf Anfrage erklärt die Bundesanwaltschaft, dass die Anpassungen oder Präzisierungen des Reglements im Laufe der Zeit durch die sich weiter entwickelnde Organisation und das sich wandelnde Umfeld notwendig geworden sei.

Wie die Anklagebehörde weiter mitteilte, hat sie seit 2019 insgesamt fünf ausserordentliche Staatsanwälte des Bundes eingesetzt. Nur in dem von Vögeli geleiteten Fall kam es bisher zu einem Gerichtsurteil, das aber noch nicht rechtskräftig ist. Alle anderen von ausserordentlichen Staatsanwälten geführten Strafverfahren wurden sistiert, eingestellt oder nicht anhand genommen.

Eine Frage von staatspolitischer Bedeutung

Aber warum sollte es überhaupt ein Problem sein, wenn die BA externe Rechtsanwälte mit Strafverfahren beauftragt? Der Gesetzgeber wollte eine von der Exekutive unabhängige BA, also eine Anklagebehörde, die nicht auf politischen Druck reagiert. Darum sind die Staatsanwälte des Bundes jeweils auf vier Jahre gewählt. Sie sind in ihrer Amtsdauer also relativ unabhängig.

Dies gilt für einen extern beauftragten Rechtsanwalt aber nicht. Denn wenn er wieder einmal ein Mandat der BA möchte – und wie im Fall pensionierter oder selbstständiger Juristen vielleicht sogar von solchen Aufträgen finanziell abhängig ist –, könnte er sich politischem Druck oder der Staatsraison beugen – in der Hoffnung, dafür später mit der Leitung eines weiteren Strafverfahrens «belohnt» zu werden.

Besonders verdächtig könnten Verfahren sein, die von einem solchen externen Juristen eingestellt oder gar nicht erst anhand genommen wurden. In diesen Fällen erfährt die Öffentlichkeit meist nicht, dass es diese Verfahren überhaupt gab. Es wird zu fragen sein, ob die BA externe Juristen mit heiklen Fällen betraut hat, damit diese nie von einem Gericht beurteilt werden. Das könnte zum Beispiel sein, wenn sich hochrangige Bundesbeamte oder Politiker unter den Beschuldigten befanden.

Nun wird das Bundesgericht entscheiden müssen, ob die BA ausserordentliche Staatsanwälte ernennen darf. Sollte das höchste Schweizer Gericht Bellinzona zustimmen, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gibt, muss es auch darüber richten, was mit den bereits von externen Personen behandelten Strafverfahren zu geschehen hat. Die Frage hat staatspolitische Bedeutung.

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