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Gerichtsfall fahrlässige Tötung: War der Aufprall im Tunnel zu verhindern?  

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Ein 33-jähriger Mann muss sich am 7. Dezember vor dem Polizeigericht des Broyebezirks wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Er fuhr frontal auf ein stehendes Fahrzeug auf. Drei Menschen starben, eine Person wurde verletzt.

Ein Auffahrunfall mit tödlichen Folgen: Am 14. Oktober 2021, gegen 9.20 Uhr, fährt ein Personenwagen mit vier Insassen von Avenches Richtung Yverdon-les-Bains auf der Autobahn A1. Vor dem Tunnel von Châbles verliert das Fahrzeug Geschwindigkeit, etwa nach 45 Metern im Innern des Tunnels kommt das Auto mit eingeschaltetem Abblendlicht und Warnblinkern auf der rechten Seite der Fahrspur zum Stehen. Dichter weisser Rauch steigt aus der Motorhaube auf. 45 Fahrzeuge fahren an dem Auto vorbei in den nächsten rund fünf Minuten, wie Aufzeichnungen von Videoüberwachungskameras auf der Autobahn belegen. Sie überholen den Personenwagen.

Notbremsung kam zu spät

Kurz vor halb zehn Uhr nähert sich ein Sattelschlepper. Der Fahrer, ein heute 33-jähriger Mann, bemerkt zu spät, dass auf der rechten Spur ein Personenwagen zum Stillstand gekommen war. Der Mann leitet die Notbremsung ein, kann den Aufprall jedoch nicht verhindern: Der Lastwagen prallt mit der Front auf das Heck des Autos, welches erst nach einer Schleuderfahrt von etwa 100 Metern wieder zum Stehen kommt. Trotz Rettungsmassnahmen verstarben drei Personen noch auf der Unfallstelle, eine Person wurde von der Rega ins Spital nach Lausanne geflogen.

Das ist der Anklageschrift des Polizeigerichts Broye zu entnehmen. Der 33-jährige Fahrer des Sattelschleppers muss sich wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung sowie grober Verletzung von Verkehrsregeln verantworten. Letzteres wegen einer Nebenbeschäftigung beim Fahren: Eine Analyse des Handys des 33-Jährigen ergab laut Anklageschrift, dass er sich bis zwölf Sekunden vor dem verhängnisvollen Aufprall mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Die Gerichtsverhandlung startet am 7. Dezember.

Schneller als das System

Die technische Inspektion des Personenwagens ergab, dass der Motor ein Wasserleck aufwies, das zu weissem Rauch beim Auspuff und zu Funktionsstörungen führte. Wie der Gerichtsakte zu entnehmen ist, hatte der Personenwagen bereits 100 Meter vor dem Tunneleingang ständig an Geschwindigkeit verloren und hätte noch die Gelegenheit gehabt, vor dem Tunnel auf einen Pannenstreifen zu fahren. 

Die Analyse des vom 33-Jährigen gefahrenen Sattelschleppers ergab, dass er mit knapp 40 Tonnen nicht überladen war. Der Fahrtenschreiber zeigt jedoch auf, dass der Mann zwei Minuten vor dem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 87 Kilometern pro Stunde unterwegs war. Unter Berücksichtigung einer Sicherheitsmarge von 6 Kilometern pro Stunde war er somit 1 Kilometer pro Stunde zu schnell unterwegs, als mit einem solchen Fahrzeug erlaubt. Die Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten des Fahrers zu überprüfen, war für die Polizei nicht möglich: Der Mann beliess die Position des Fahrtenschreibers bereits über längere Zeit auf Arbeit. 

Ein von der Staatsanwaltschaft angeordnetes technisches Gutachten ergab, dass die Notbremsung sehr kurz vor der Kollision begann, etwa 0,3 Sekunden vor dem Aufprall. Der Lastwagen befand sich zu diesem Zeitpunkt etwa sieben Meter vom Personenwagen entfernt. Der Fahrer reagierte gemäss dem Gutachten noch vor dem automatischen Notbremsassistenten des Sattelschleppers. Wie die Kameras des Notbremsesystems, brauchten auch die Augen des Fahrers eine kurze Zeit, um sich an die veränderten Lichtverhältnisse im Tunnel anzupassen. Wobei die Augen des Fahrers möglicherweise schneller als das System waren, ist der Anklageschrift zu entnehmen.

«Keine Chance»

Berechnungen zum Bremsweg ergaben zudem, dass der Fahrer 35 Meter vor der Einfahrt in den Tunnel hätte handeln müssen. Ein Experte kommt zum Schluss:

Man kann also sagen, dass der Fahrer keine Chance hatte, vor dem Aufprall auf das Auto zum Stehen zu kommen.

Der Fahrer sagte gemäss Anklageschrift aus, dass er seine Hände vor und zum Zeitpunkt des Unfalls am Lenkrad hatte und sich auf die Strasse konzentrierte. Es hätten ihn keine anderen Faktoren behindert, abgesehen von der Helligkeit an diesem Morgen und der Notwendigkeit, dass sich die Augen an den Tunnel gewöhnen mussten. Als der Mann mit der Tatsache konfrontiert wurde, dass 45 Autos vorbeigefahren waren, sagte er, dass dies womöglich auf den gut sichtbaren Rauch zurückzuführen sei. Als er in den Tunnel fuhr, habe es keinen Rauch mehr gegeben. Zudem bestehe bei einem Lastwagen die Gefahr, dass er bei einem plötzlichen Ruck nach links umkippe. 

Zu erwarten oder nicht?

Mit der Tatsache konfrontiert, dass er kurz vor dem Unfall mit seinem Mobiltelefon hantiert hatte, sagte der Fahrer, dass er sein Handy nur selten während der Fahrt benutze und er jährlich etwa 80’000 Kilometer zurücklege, ohne dass ihm je etwas passiert wäre.

Wenn ich die ganze Zeit am Handy wäre und mich nicht auf die Strasse konzentrieren würde, wäre mir wohl schon einiges passiert.

Angeklagter

Laut Anklage ist es nun Sache des Polizeirichters, festzustellen, ob der Fahrer des Sattelschleppers gegen die Regeln der Vorsicht verstossen hatte oder ob das Verhalten des Lenkers des Personenwagens einen äusserst aussergewöhnlichen Umstand darstellt, der nicht zu erwarten war. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und eine Geldstrafe. 

Die Augen von Fahrzeuglenkenden müssen sich jeweils an die Dunkelheit in Tunnels gewöhnen. 
Archivbild Alain Wicht

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