Samstagabend in Murten. Das Freilichtspiel «1476» ist soeben zu Ende gegangen. Das Publikum auf der ausverkauften Tribüne hat die Schauspieler unter tosendem Applaus verabschiedet und strömt nun langsam zu den Ausgängen. Die Leute sind noch erfüllt vom Gesehenen, loben die herrliche Kulisse, schwärmen von der Performance des Adrian von Bubenberg, rätselten aber auch, ob alle Einzelheiten des Theaterstücks historisch belegt sind oder mit dichterischer Freiheit gut erfunden wurden. Die meisten tun aber so, als ob sie genau wüssten, welche Schachzüge denn nun Karl der Kühne anno 1476 genau verfolgt hatte und niemand will so richtig zugeben, dass auch er oder sie genau bei dieser–und natürlich nur bei dieser–Geschichtsstunde einen Fensterplatz hatte.
So geht das Gespräch weiter während der ganzen zehn Minuten, die man braucht, um vom Aufführungsort zum Parkplatz zu gelangen. Diskussionsthema ist dabei auch der Schluss des Freilichtspiels, denn das Stück endet genau mit der Schlacht von Murten. Einer aus der Gruppe wagt es dann doch, stellt die Fragen aller Fragen und outet sich mutig als Geschichtsmuffel: «Wer hat denn nun eigentlich gewonnen?» Die Antwort kommt postwendend von irgendwo hinten links aus der Dunkelheit: «Niemand! Das ist ja die Überraschung des Abends. Ghana und Deutschland trennen sich unentschieden!»