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Die Geschichte einer Baubaracke

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Was haben die Staumauer Grande Dixence im Walliser Seitental Hérémence und das Ilford-Gelände in Marly gemeinsam? Es ist die hölzerne Baustellenbaracke, die bis heute auf dem Areal des Marly Innovation Center steht und dort bis vor wenigen Wochen als Kantine diente. Diese Baracke stand einst auf der Grossbaustelle von Grande Dixence, wo zwischen 1951 und 1961 jene Staumauer gebaut wurde, die mit ihren 285 Metern bis heute die höchste der Welt ist (siehe Kasten rechts). Um die Baustellenkantine weiter zu verwenden, wurde sie nach dem Abschluss der Arbeiten an einen Ort gebracht, wo bald eine andere Grossbaustelle starten sollte: In Marly baute die Firma Ciba ab 1963 ihr Produktions-, Forschungs- und Entwicklungs-Center für Fotochemie, das später von der Ciba-Tochter Ilford übernommen wurde. In der Kantine verpflegten sich zuerst die Bauarbeiter, später das Personal von Ciba und Ilford und schliesslich die Nutzer des Marly Innovation Center, das nach dem Konkurs der Ilford 2013 an deren Stelle getreten ist.

Fotografien und Zeitzeugen

Die alte Baracke hat nun den Verein Cibachrome auf die Idee für eine Ausstellung gebracht: Eine Schau in der Baracke erinnert bis Mitte September an deren Vergangenheit und schlägt einen Bogen zwischen den beiden Standorten. Denn unter den 3000 Arbeitern, die damals auf der Baustelle von Grande Dixence beschäftigt waren, befanden sich auch zahlreiche Freiburger. Wie viele genau, sei nicht bekannt, sagt Jean Marc Métrailler, Direktor des Marly Innovation Center und Vorstandsmitglied von Cibachrome. «Aber es waren harte Zeiten, und viele Freiburger mussten auswärts Arbeit suchen.» Vier von ihnen hat der Verein über ihre Zeit auf der Walliser Baustelle befragt; ihre Erinnerungen sind in der Ausstellung in Videos zu entdecken (siehe auch Kasten unten).

Vor allem aber gibt die Ausstellung anhand von über hundert Fotografien einen Eindruck von den beiden Baustellen, zeigt die harten Arbeitsbedingungen auf und erinnert daran, wie das Gelände in Marly vor der Ankunft der Ciba aussah. Eine besondere Entdeckung ist eine Reihe von Aufnahmen des Freiburger Fotografen Jacques Thévoz, der die Grande-Dixence-Baustelle mehrmals besucht hat. «Es ist ein Glück, dass ein professioneller Fotograf vor Ort war und Bilder hinterlassen hat, die ästhetischer und sinnlicher sind als herkömmliche Baustellenfotos», sagt Métrailler. Weitere Fotos der Ausstellung stammen von der Media­thek Wallis, aus dem Ciba-Archiv und von einem der Zeitzeugen.

Die Zukunft der Baracke ist ungewiss

Die Ausstellung ist das erste grosse Projekt des Vereins Cibachrome, der 2014 gegründet wurde. Ziel des Vereins ist, das Erbe des Industriestandorts nach dem Ilford-Konkurs zu bewahren, seine Geschichte aufzuarbeiten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Weitere Projekte seien geplant, sagt Jean Marc Métrailler, so etwa eine grosse Fotoausstellung im Jahr 2019.

Was derweil aus der alten Kantine in Marly wird, ist hingegen ungewiss: Als Kantine wird sie seit kurzem nicht mehr genutzt, und weder das Marly Innovation Center noch der Verein Cibachrome haben eine Verwendung für die unterhaltsintensive Baracke. Das Gebäude stehe für einen Franken zum Verkauf, sagt Métrailler. «Finden wir keinen Käufer, müssen wir es wahrscheinlich abreissen.»

Marly Innovation Center, Route de l’Ancienne Papeterie, Marly. Bis zum 16. September. Mi. bis So. 14 bis 18 Uhr.

Zahlen und Fakten

Grande Dixence: Eine Staumauer der Superlative

Die Staumauer Grande Dixence ist 285 Meter hoch und damit bis heute die höchste Gewichtsstaumauer der Welt. An der Basis ist sie 200 Meter dick, nach oben verjüngt sie sich auf 15 Meter. Ihr jährliches Stauvolumen beträgt über 400 Millionen Kubikmeter Wasser – das entspreche dem Volumen von 8000 Walliser Weinernten, schreibt die Grande Dixence SA. Ein solch monumentales Bauwerk zu errichten, war in den Fünfzigerjahren eine gewaltige Herausforderung, und das auf einer Höhe von 2400 Metern über Meer. Über 3000 Menschen waren von 1951 bis 1961 auf der Baustelle im Einsatz: zahlreiche Bauarbeiter, aber auch Geologen, Hydrologen, Topografen, Ingenieure oder Bergführer. Sie arbeiteten in Schichten von elf Stunden am Tag und zehn Stunden in der Nacht, mal unter sengender Sonne, mal im winterlichen Schneetreiben. Weil die Arbeiter in Unterkünften bei der Baustelle lebten, entstand dort ein regelrechtes Dorf. Es gab einen Sozialdienst, eine Bibliothek und Unterhaltungsangebote wie eine wöchentliche Kinovorstellung. Zudem gründeten die Arbeiter einen Chor, eine Blaskapelle, einen Turnverein und Fussballmannschaften und führten im Winter Skirennen durch. Mittendrin in diesem Dorf stand die Kantine, die jetzt Schauplatz der Ausstellung in Marly ist – und die damals ein wichtiger Ort der Begegnung für die Arbeiter war.

cs

Zeitzeuge

Kaspar Gasser: «Es hatte nicht genügend Betten»

Der heute 92-jährige Kaspar Gasser war im Jahr 1953 im Stollenbau bei der Baustelle Grande Dixence tätig. Er arbeitete beim Kraftwerk Fionnay im Bagnes-Tal, ein Tal neben Hérémence, wo sich die Grande Dixence befindet. Dieses Kraftwerk ist heute zusammen mit demjenigen in Nendaz dafür zuständig, dass die Staumauer Grande ­Dixence ihre im Lac des Dix ge­speicherte Wasserkraft bestmöglich nutzen kann.

In seinem ersten Jahr auf der Baustelle hätten sie in Baracken geschlafen, wie heute eine in Marly stehe, sagt der Zeitzeuge im Interview für die Ausstellung in Marly. «Es gab jeweils eine Nacht- und eine Tagschicht.» Gasser hat als Vorarbeiter stets die Tagschicht übernommen, die frühmorgens um sechs Uhr im Stollen begann und am Abend um 19 Uhr endete. Nach der 13-Stunden-Schicht sei das Bett meist noch von seinem Vorgänger warm gewesen, sagt der gebürtige Walliser. «Es hatte nicht genügend Betten, weshalb wir uns jeweils eines teilen mussten.» Schon bald konnten die Arbeiter in Fion­nay in den Neubau einziehen, der heute ein Hotel ist. «Dort hatten wir alle ein eigenes Bett.»

Insgesamt vier Mal pro Tag, jeweils zwei Mal pro Schicht, wurde im Stollen gesprengt. Dabei rückten die Arbeiter täglich 1,50 Meter weiter. «Ich habe davor in mehreren Stollen gearbeitet. Aber bei der Baustelle rund um die Grande Dixence hatte ich erstmals mit Maschinen zu tun», erzählt Gasser stolz. Als Vorarbeiter habe er zwei Franken pro Stunde erhalten, die Arbeiter 1,80 Franken – sie hätten zu den besser Verdienenden gehört. «Ich glaube, niemand, der es nicht selbst erlebt hat, kann sich diese Arbeit vorstellen.»

jp

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