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Hoftheater in Wien, Volksbühne in Tafers

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Als Peter Rentsch im August 1988 seine Arbeit als Präsident am Bezirksgericht Sense aufnahm, warnte man ihn schon mal vor, er werde gleich mit einer «grossen Sache beginnen». Denis Zosso, sein Vorgänger im Amt, hatte als Untersuchungsrichter einen 280-seitigen Untersuchungsbericht erstellt, das Dossier umfasste 35 Bundesordner, und alleine die Anklageschrift war über 70 Seiten lang.

Bis zu diesem Moment hatte Rentsch fast nichts über die Affäre Lucona gewusst. Eigentlich war der Fall bereits bestens dokumentiert, als sich das Kriminalgericht Sense seiner annahm. 1987 veröffentlichte der Journalist Hans Pretterebner ein 600 Seiten dickes Buch: «Der Fall Lucona: Ostspionage, Korruption und Mord im Dunstkreis der Regierungsspitze.» Es wurde verfilmt und 2004 kam dazu ein Musical zur Aufführung.

Schiff gesprengt

Bei der Lucona handelte es sich um ein Frachtschiff unter panamaischer Flagge, das am 23. Januar 1977 auf der Fahrt vom italienischen Hafen Chioggia nach Hongkong vor den Malediven explodierte, zerbrach und 4200 Meter tief auf den Meeresgrund sank. Sechs der zwölf Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben.

Das Schiff sollte angeblich eine Uran-Aufbereitungsanlage für einen unbekannten asiatischen Staat liefern. Eine Woche nach dem Untergang ging bei der österreichischen Bundesländer-Versicherung bereits die Forderung zu einer Anzahlung des deklarierten Versicherungswerts von 31 Millionen Franken ein.

Der Versicherung kam der Fall suspekt vor. Sie forderte detaillierte Unterlagen zur versicherten Ware und zum Transport, erhielt diese aber nur lückenhaft. Sie verweigerte die Auszahlung und stellte ihrerseits einen Privatdetektiv an, welcher den Untergang der Lucona aufklären sollte.

So stellte sich im Verlauf der Jahre heraus, dass auf der Lucona nur wertloser Schrott eines Kohlebergwerks geladen war. Das Wrack wurde gefunden: Es war mit einer Ladung aus österreichischen Heeresbeständen wohl über einen Zeitzünder gesprengt worden und sollte an einer möglichst tiefen Stelle versinken.

Das Enfant terrible Proksch

All dies war bereits bekannt, als die Gerichtsprozesse begannen. Der Drahtzieher hinter dem Versicherungsbetrug, Udo Proksch, wurde nach einer Flucht inklusive Gesichtsoperation 1992 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen sechsfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Fall sorgte politisch für Erschütterungen. Proksch war eine schillernde Figur der österreichischen Gesellschaft. Er war mit einer Burgschauspielerin verheiratet, zeigte sich an der Seite von Niki Lauda, führte die Zuckerbäckerei Demel und gründete den Club 45, in dem besonders die SPÖ um Bundeskanzler Bruno Kreisky ein und aus ging. Nach einer politischen Untersuchung mussten 16 Politiker, Juristen und hohe Beamte zurücktreten. Der Verteidigungsminister beging Suizid. Proksch starb 2001 in der Haft.

Doch wie gelangte der Fall an das Sensler Kriminalgericht? Proksch und ein Partner hatten die Auszahlung der Versicherungssumme über die Zapata AG verlangt. Die Firma hatte die Lieferung an eine Firma in Hongkong in Auftrag gegeben. Bei der Zapata AG handelte es sich um eine in Luzern domizilierte Briefkastenfirma mit bloss einer Sekretärin. Als die Versicherung aber mehr Dokumente verlangte, kam die Feinmechanik-Firma Decobul SA aus Bulle ins Spiel. Sie trat als Verkäuferin der Uranerz-Aufbereitungsanlage auf.

Wie aus der Freiburger Anklageschrift hervorgeht, legte die Zapata der Versicherung unter anderem Verträge und Rechnungen der Decobul vor, etwa über die Lieferung von Stahlprofilen, Muldenförderbändern, Walzenbrechern, Staubsammelsystemen, Schwingsieben, Turbinengeneratoren, Kugelmühlen, Dampfgeneratoren und anderem. Ausserdem fakturierte Decobul Verträge für Montagearbeiten der Anlage in Piesting (Ö), bevor diese in Italien verschifft wurde.

Dem Rechtsanwalt der Versicherung genügte dies alles nicht. Laut Anklageschrift verlangte er auch Nachweise für Zahlungen, die Montagearbeiten und das dafür vorgesehene Personal. Zudem gab es in den Dokumenten Differenzen bezüglich Gewicht und Stückzahlen der Materialien.

Deshalb reichte der beauftragte Detektiv beim Untersuchungsrichter des Greyerzbezirks Strafanzeige gegen den Inhaber und Geschäftsführer von Decobul AG ein wegen des Verdachts des versuchten Versicherungsbetrugs, der Urkundenfälschung, der Erstellung gefälschter Rechnungen sowie der Mitwisserschaft bei Mord. Das Kantonsgericht betraute den Untersuchungsrichter des Sensebezirks mit der Ermittlung. Später wies das Bundesgericht auch die Anzeige gegen die Zapata der Freiburger Justiz zu.

Dass es sich um Versicherungsbetrug handelte, war dem Untersuchungsrichter früh klar. Ein Gutachten hatte die Explosion des Frachters bestätigt, und die Wiener Staatsanwaltschaft war zur Überzeugung gelangt, dass auf der Lucona statt der Urananlage Altmetall eines Kohlebergwerks, Teile einer Harzfabrik, eine wertlose Plastikverarbeitungsmaschine und Schrott des Bundesheeres waren.

Auch der Patron von Decobul wirkte auf den Untersuchungsrichter wenig glaubwürdig. Er verschanzte sich hinter einer Geheimhaltungsklausel. In der Anklage hiess es: «Die Decobul SA, ein Kleinbetrieb der Präzisionsmechanik, war technisch und finanziell überhaupt nicht in der Lage, ein Geschäft über eine Uranerz-Aufbereitungsanlage abzuwickeln.» Der Firmenchef habe auf «dem einschlägigen Gebiet praktisch keine Fachkenntnisse.» Zudem geriet die Firma noch vor dem Prozess in Tafers in Konkurs.

Korrespondenz später erstellt

Aufgrund der Anklageschrift hatte das Sensler Kriminalgericht zu beurteilen, ob die Vertreter der Feinmechanik- Firma in Bulle und die Luzerner Briefkastenfirma wegen Urkundenfälschung und der Gehilfenschaft zum Betrugsversuch zu verurteilen waren.

«Beide Beschuldigten bestritten, vom Betrug gewusst zu haben», so Gerichtspräsident Peter Rentsch. «Wir aber kamen zum Schluss, dass es sich um ein im Nachhinein aufgebautes Konstrukt handelte, um angeblich eine Uran-Aufbereitungsanlage zu verschiffen.» Die Frage war, ob es sich um eine strafbare Gehilfenschaft handelte.

Dies war nach Ansicht des Sensler Gerichts der Fall: Es verurteilte am 1. Juni 1990 den Unternehmer aus Bulle zu drei Jahren und die Luzerner Sekretärin zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Aufgrund eines Rekurses sprach das Kriminalgericht des Saanebezirks die Frau zweieinhalb Jahre später frei, weil ihre Mitwisserschaft nicht zweifelsfrei belegt war.

Die Strafe des Unternehmers aus Bulle wurde hingegen vom Bundesgericht bestätigt. Seine aktive Rolle ging aus einem Gutachten hervor, das der Sensler Untersuchungsrichter bei der Kriminalpolizei Zürich angefordert hatte. Sie analysierte Schriften und Material der Korrespondenz zwischen der Decobul und der Zapata und kam zum Schluss, dass diese wohl nicht datumsecht sei: «Sie könnte zwischen März und Juni 1977 entstanden sein, also nach Eintritt des Versicherungsfalls und zu einer Zeit, als die Bundesländer-Versicherung die Vorlegung geeigneter Dokumente für den Schadensnachweis verlangt hatte.»

Zum 100-Jahr-Jubiläum gewährt die Kriminalpolizei Einblick in alte Fälle.

Kriminalgericht Sense

Ein heikler Moment vor dem Wiener Gericht

Es sei ein verrückter Fall gewesen, und zum Einstieg seiner Laufbahn auch gleich sein grösster, sagt Peter Rentsch zum Fall Lucona. Als damals 33-jähriger Richter habe er aber vieles gelernt. Ein halbes Jahr habe er zur Vorbereitung und Durchführung dieses Prozesses aufgewendet. Erst musste Rentsch sich einen Überblick über den Inhalt der 35 Ordner Akten verschaffen, dann einen Zeitplan mit einem Prozessablauf aufstellen. «Ich habe dafür mit den Anwälten speziell eine Sitzung abgehalten.» Als Vertreter der Parteien nahm das «Who is Who» der Freiburger Anwaltsszene teil: Anton Cottier, Nicolas Deiss und Elmar Perler sowie für die Staatsanwaltschaft Jean-Daniel Piller. Aufgrund des grossen Interesses fand der Prozess im Vereinshaus Tafers statt.

Das Prozessprogramm umfasste 16 Sitzungstage, die sich über zweieinhalb Monate erstreckten. Rentsch bot für den Prozess auch Zeugen aus dem Ausland auf, etwa Personen, die beim Verladen der Ware auf die Lucona mitgeholfen hatten. «Einige kamen, andere nicht», so Rentsch. Der Tafersner Richter wollte auch die beiden Hauptakteure, Udo Proksch und seinen Komplizen, befragen. Dazu musste er nach Wien reisen, wo gleichzeitig der Hauptprozess stattfand. Über einen österreichischen Untersuchungsrichter konnte Rentsch seine Fragen anbringen, aber beide verweigerten die Aussage.

Dieser Untersuchungsrichter brachte Rentsch gar in eine unangenehme Situation. Er liess nämlich den Schweizer Richter als Erinnerung ein Exemplar des Buchs «Der Fall Lucona» signieren. Das wurde Rentsch in der Schweiz vorgehalten: Da das Buch von seiner Tendenz her Proksch vorverurteile, anerkenne Rentsch indirekt, dass auch die Schweizer Angeklagten schuldig seien. Ein Ad-hoc-Gericht unter Josef Hayoz befand aber, Rentsch müsse nicht in den Ausstand treten.

Es gab in Wien noch einen heiklen Moment, so Rentsch. «Unsere zwei Beschuldigten waren am Hauptprozess gegen Udo Proksch in Wien als Zeugen geladen. Sie gingen aber nicht hin. Deshalb hat man sie dort zur Fahndung ausgeschrieben und gedroht, sie in Beugehaft zu nehmen. Das hätte unseren Prozess zum Platzen gebracht.» Man fand aber eine Lösung mit den Anwälten der Schweizer Beschuldigten: Diese waren bereit, vor dem Wiener Strafgericht zu erscheinen, beantworteten jedoch keine Fragen und konnten wieder ausreisen.

So brachte Rentsch den Prozess am Kriminalgericht Sense über die Bühne und kam ganz zum Ende seiner Arbeit nochmals ins Schwitzen: «Das Urteil fiel am 1. Juni, am Freitag vor Pfingsten. Zur Aushändigung des Urteils hatte ich nur zehn Tage Zeit, sonst wäre das ein Kassationsgrund gewesen. Ich habe das Urteil um 3.30 Uhr am letzten Tag der Frist unterschrieben. Um 8 Uhr waren die Anwälte am Schalter, um es abzuholen.»

uh

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