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«Der Eid ist ein Schutz für unser Berufsethos»

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Bernhard Egger, Chefarzt der Klinik für Chirurgie am HFR, ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Schweizer Medizin-Eid. Er kritisiert den zunehmenden Einfluss der Ökonomie in der Medizin.

Im Februar haben die Absolventinnen und Absolventen des ersten Medizinstudiengangs an der Universität Freiburg im Rahmen der Diplomfeier entschieden, auch den Schweizer Medizin-Eid abzulegen. Erstmals in der Schweiz haben sich zukünftige Ärztinnen und Ärzte in Form eines Eids öffentlich zu ethischen Prinzipien bekannt.

Bernhard Egger, warum sollen Schweizer Ärzte künftig einen Eid ablegen?

Die Idee dazu entstand vor mehr als zehn Jahren. Wir, eine Gruppe von Medizinern, Ökonomen, Philosophen, Spitaldirektoren und Seelsorgern, waren der Meinung, dass etwas gegen die zunehmende Ökonomisierung in der Medizin unternommen werden muss. Nach mehrjährigen Diskussionen haben wir schliesslich diesen neuen Eid formuliert.

Sie sehen also die Ökonomisierung in der Medizin als ein grosses Problem?

Ich selber habe ja auch einen MBA gemacht. Für mich ist die Ökonomie ein wichtiges Tool, um die knappen Ressourcen, über die wir verfügen, gerecht zu verteilen. Das Problem ist, dass die Ökonomie mittlerweile nicht einfach nur ein wichtiges Hilfs-Tool ist, sondern begonnen hat, unser Handeln zu diktieren und zu steuern.

Immer mehr Mediziner stehen unter einem enormen ökonomischen Druck – und zwar nicht nur in Privatkliniken, sondern auch in öffentlichen Spitälern.

Die meisten Spitäler werden zudem heute von Ökonomen geführt.

Was hat dieser ökonomische Druck für Folgen?

In jenen Bereichen, die einen Benefit bringen, kann es zu einer Überversorgung kommen. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass andere, nicht rentable Bereiche unterversorgt werden. So bieten beispielsweise viele Privatkliniken keine allgemeine innere Medizin mehr an. Aus dem einfachen Grund, weil damit mit dem heutigen Vergütungsmodell kein Geld verdient werden kann. In den öffentlichen Spitälern werden die unrentablen Bereiche quersubventioniert von den gewinnbringenden Disziplinen. Betrachten wir das Beispiel Freiburg: Für die allgemeinen Leistungen und den Notfall haben wir eigentlich zu wenig Geld zur Verfügung. 

Oder schauen wir uns in Zeiten der sogenannten Globalbudgets die Situation der Hausärzte an. In gewissen Hausarztmodellen verfügen die Hausärzte schon über eine Art Globalbudget. Für jeden ihrer Patienten bekommen sie pro Jahr einen bestimmten Betrag gutgeschrieben, ungeachtet davon, was dem Patienten fehlt und was für therapeutische Massnahmen ergriffen werden müssen. Bei «aufwendigen» Patienten reicht der zur Verfügung stehende Pauschalbetrag nie und nimmer aus. Das könnte zum Beispiel zu einer Unterversorgung führen.

Der älteste und bekannteste Medizin-Eid ist ja der Eid des Hippokrates – benannt nach einem griechischen Arzt, der im vierten Jahrhundert vor Christus lebte. Warum reicht dieser Eid jetzt nicht mehr aus und worin unterscheidet sich der Schweizer Medizin-Eid vom Eid des Hippokrates?

Alle wichtigen Elemente des Eids des Hippokrates sind im Schweizer Medizin-Eid enthalten. Aber gewisse Teile dieses hippokratischen Eids entsprechen nicht mehr der heutigen Zeit. So verpflichtet zum Beispiel der hippokratische Eid sinngemäss die Mediziner, alles zu tun, ungeachtet des Aufwands, um das Leben der Patienten zu erhalten. Wir müssen uns aber vor Augen führen, dass die Menschen damals eine Lebenserwartung von nicht viel mehr als 30 Jahren hatten. Wenn wir die heutige Zeit betrachten, so muss man sich fragen, ob es Sinn macht, bei einem altersschwachen 90-Jährigen noch jede mögliche Operation durchzuführen. Im neuen Eid sind jetzt klare Elemente drin, die versuchen, die fortschreitende Ökonomisierung der Medizin aufzuhalten. Deshalb haben wir im neuen Eid die Passage drin, die besagt, dass wir eine Medizin mit Augenmass betreiben und dem Patienten nur Massnahmen anbieten, die auch wirklich Sinn machen und die wir auch unseren liebsten Nächsten anbieten würden. Schätzungen zufolge sind in den Industrieländern 20 bis 25 Prozent aller Eingriffe und Therapien nicht wirklich nötig. Dagegen gilt es anzukämpfen.

Sie haben auch das Verhältnis Arzt-Patient angesprochen…

Es ist nicht so, dass die Ärzte die Halbgötter in Weiss sind. Ich betrachte Arzt und Patient als ein Team, in dem beide ihren Beitrag zum Erfolg beisteuern müssen. Vom Wissen her ist natürlich der Arzt der Experte. Aber Arzt und Patient müssen zusammen versuchen, eine sinnvolle Lösung für das Gesundheitsproblem des Patienten, das zur Konsultation geführt hat, zu finden.

Der Eid soll aber nicht obligatorisch werden?

Wir haben diese Frage lange diskutiert. Der Eid ist freiwillig. Es gibt aber Ausnahmen. In meiner Klinik zum Beispiel ist jede und jeder vereidigt. Für mich ist dies eine Bedingung, wenn jemand bei mir arbeiten will. Ich will Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die gleich denken und denselben ethischen Prinzipien folgen wie ich.

Was noch ein interessanter Aspekt ist: Die Banken- und Finanzkrise des Jahres 2008 bewirkte auch, dass in der Folgezeit über Eidablegungen in diesem Berufssektor intensive Diskussionen stattgefunden haben. Zum Teil wurden auch neue Eide eingeführt. Elementare Verhaltensstandards waren offenbar abhandengekommen. Mittlerweile häufen sich die Hinweise, dass Eide zur Aufrechterhaltung eines Berufsethos und somit als Verteidigung einer Berufsgruppe gegen berufsfremde Erwartungen gerade in Zeiten einer wachsenden Ökonomisierung eine neue Dringlichkeit bekommen haben.

Sie glauben also, dass dies immer wichtiger wird?

Der Eid ist ein Schutz für unser Berufsethos und damit auch ein Schutz für unsere Patienten. Auf unserer Schweizer-Medizin-Eid-Webseite (www.schweizer-medizin-eid.ch) ist jedes vereidigte Mitglied aufgeführt. Ich kann mir gut vorstellen, dass in einigen Jahren Patientinnen und Patienten sogar nachschauen werden, ob ihre behandelnde Ärztin oder ihr behandelnder Arzt auch diesen Eid abgelegt hat. Bekennt sie oder er sich zu ethischen Prinzipien?

Ist der neue Eid eine Schweizer Erfindung oder haben Sie Vorbilder im Ausland?

Es ist eine Schweizer Erfindung. Erstmals publizierten wir ihn in der «Schweizerischen Ärztezeitung». Inzwischen hat der Eid auch im Ausland Anklang gefunden, beispielsweise in Deutschland. 

Sie kritisieren die zunehmende Ökonomisierung in der Medizin. Gerade das Spital Freiburg leidet aber auch unter finanziellen Problemen…

Die angespannte finanzielle Lage hat verschiedene Ursachen. Jahrelang wurde nur wenig Geld in das Spital gesteckt. Dann wurde das Spital in die Selbstständigkeit entlassen und sollte die Erneuerungen und Amortisation plötzlich selber bezahlen. Hier in Freiburg herrscht eine grosse Transparenz. Wenn man genau recherchieren würde, wie viel der Kanton Waadt über unterschiedliche Kanäle in sein Universitätsspital reinbuttert, so sind wir hier in Freiburg Waisenkinder. Und was leider auch nicht gesagt wird: Die Kliniken im HFR gehören zu den besten Ausbildungskliniken der Schweiz. Wir hatten auch nie Probleme, Leute zu finden. Für die sieben neu zu besetzenden Assistenzstellen in der Chirurgie pro Jahr haben wir immer über 100 Bewerbungen.

Früher hat jedes Spital Defizite gemacht, und die Kantone haben es zum Jahresende ausgeglichen. Aktuell sind viele Spitäler in Nöten, beispielsweise das Spital in Aarau braucht gerade eine Finanzspritze von rund 240 Millionen Franken.

Es gibt Privatkliniken, die sogar Gewinne generieren.

Bei den Privatkliniken ist die Situation etwas anders. Diese Kliniken machen eine Selektion, welche medizinischen Leistungen sie anbieten, und betreiben zudem auch eine Patientenselektion.

Können Sie ein Beispiel machen?

Für eine Gallenblasenoperation gibt es einen festgesetzten Pauschalbetrag. Jetzt besteht aber ein grosser Unterschied, ob diese Operation bei einem «fitten» 35-Jährigen oder bei einem 77-Jährigen mit vielen Begleiterkrankungen durchgeführt wird. Wenn der Hausarzt für so einen kranken Patienten in einer Privatklinik anfragt, so verweist diese gerne aufs Kantonsspital. Auf diese Art können Privatspitäler natürlich Gewinne schreiben. Die Hirslandengruppe beispielsweise ist eine Geldmaschine und war so erfolgreich, dass sie in den letzten Jahrzehnten ein paar Mal verkauft wurde. Ich finde aber, es kann nicht sein, dass eine Geldmaschine auf einem öffentlichen Gut wie der Gesundheit aufbaut. Man sollte von der Idee abkommen, mit der Gesundheit Geld zu verdienen, das dann auch noch aus dem System abfliesst.

Zurück zum Beispiel mit den Fallpauschalen. Ist das Ihrer Meinung nach eine schlechte Lösung?

Ja. In Deutschland, einem Pionierland der Fallpauschalen, überlegt man sich, von diesem System wieder wegzukommen. 

So wie unser Gesundheitssystem aufgebaut ist, wird es früher oder später zu einem Kollaps kommen.

Ein Riesenproblem sind auch die Überadministration und das Controlling. Obwohl die sogenannten Qualitätsmassnahmen im Lauf der Jahre immer mehr zugenommen haben, hat sich die Output-Qualität nicht wirklich verbessert, im Gegenteil. Ich meine damit nicht verbesserte Therapien, wie neue Operationstechniken oder neue Medikamente. Die Hälfte der Arbeitszeit meiner Assistenten wird von administrativen Arbeiten vereinnahmt. Zum Beispiel müssen sie irgendwelche Datenbanken für die Qualitätskontrolle füttern. Was auf der Strecke bleibt und immer weniger wird, ist die Zeit, die wir Ärztinnen und Ärzte mit unseren Patienten verbringen – eigentlich das A und O jeglicher Therapie. Der gesamte Gesundheitsapparat beschäftigt leider immer mehr Leute, die überhaupt nichts mehr mit Patienten zu tun haben. Das macht mir grosse Sorgen.

Bernhard Egger präsentiert die Urkunde mit «seinem» Schweizer Medizin-Eid.



Aldo Ellena

Zur Person

Einer der Initianten des Schweizer Medizin-Eids

Bernhard Egger ist ordentlicher Professor für Chirurgie an der Universität Freiburg und Chefarzt der Klinik für Chirurgie am Freiburger Spital. Der gebürtige Berner ist Vizepräsident der FMCH. Die FMCH ist der Zusammenschluss chirurgischer und invasiv tätiger Fachgesellschaften und Fachgruppierungen. Dazu ist der 64-Jährige Vizepräsident des Vereins «Schweizer Medizin-Eid». Der Verein geht zurück auf die Bildung einer interprofessionellen Kommission im Jahr 2014. Aufgrund der zunehmenden Grösse wurde 2022 der Verein «Schweizer Medizin-Eid» gegründet. Aktuell zählt der Verein mehr als 180 Vereidigte und bezweckt die grossflächige Implementierung des Schweizer Medizin-Eids bei Ärztinnen und Ärzten. 

Schweizer Medizin-Eid

Ein Gelöbnis von Ärztinnen und Ärzten

In der Ausübung meines Arztberufs verpflichte ich mich, wie folgt zu handeln:

  • Ich übe meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen aus und nehme Verantwortung für mein Handeln wahr.
  • Ich betrachte das Wohl der Patientinnen und Patienten als vorrangig und wende jeden vermeidbaren Schaden von ihnen ab.
  • Ich achte die Rechte der Patientinnen und Patienten, wahre grundsätzlich ihren Willen und respektiere ihre Bedürfnisse sowie ihre Interessen.
  • Ich behandle die Patientinnen und Patienten ohne Ansehen der Person und halte mich an das Arztgeheimnis.
  • Ich begegne den Patientinnen und Patienten mit Wohlwollen und nehme mir für ihre Anliegen (und die ihrer Angehörigen) die erforderliche Zeit.
  • Ich spreche mit den Patientinnen und Patienten ehrlich und verständlich und helfe ihnen, eigene Entscheidungen zu treffen.
  • Ich behandle die Patientinnen und Patienten nach den Regeln der ärztlichen Kunst und den aktuellen Standards, in den Grenzen meines Könnens, instrumentalisiere sie weder zu Karriere noch zu anderen Zwecken und mute ihnen nichts zu, was ich mir selbst oder meinen Nächsten nicht zumuten würde.
  • Ich betreibe im Rahmen der mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Medizin mit Augenmass und empfehle oder ergreife nur Massnahmen, die sinnvoll sind.
  • Ich bemühe mich um angemessene Mittel zur Behandlung meiner Patientinnen und Patienten, setze die mir gegebenen Mittel zu ihrer Behandlung transparent und gerecht ein und nehme ausschliesslich für Tätigkeiten, die medizinisch indiziert sind, geldwerte Leistungen entgegen.
  • Ich verhalte mich gegenüber Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen korrekt und wahrhaftig, teile mit ihnen mein Wissen und meine Erfahrung und respektiere ihre Entscheidungen und Handlungen, soweit vereinbar mit den ethischen und wissenschaftlichen Standards unseres Berufs.

Kommentar (1)

  • 16.02.2023-Joseph Bucheli

    Interessanter Artikel. Ich stimme zu. Wenn wir so weiter machen wird das Gesundheitssystem kollabieren. Das Kantonsspital Aarau iist faktisch bankrott. Ohne den Kredit von 240 Mio. CHF des Kantons müsste es schliessen.
    Interessant ist, dass keine der Akteure in der Politike (Frauen und Männer) ein Interesse daran haben die Kosten des Gesundheitswesens langfristig zu senken. Es wäre ganz einfach: Gesunde Menschen verursachen keine Kosten im Gesundheitswesen. Aber mit dem Lebenswandel welche viele Menschen sind die Kosten im Gesundheitswesen vorprogrammiert. Aber eben, mit gesunden Menschen verdient Mann und Frau kein Geld. Traurig.

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