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«Wir sind weltweit einzigartig»

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Seit Juni haben das Vitromusée und das Vitrocentre in Romont eine neue Direktorin: Francine Giese hat das Amt von Stefan Trümpler übernommen, der nach über dreissig Jahren im Dienst der beiden Institutionen in Pension geht. Derzeit arbeiten die Bernerin und der Schaffhauser noch zusammen im Museum und im Forschungszentrum, bevor Trümpler im November in den Ruhestand tritt. Die FN haben die beiden gemeinsam getroffen und mit ihnen über die Bedeutung und die Entwicklung von Vitromusée und Vitrocentre und über den Reiz der Glaskunst gesprochen.

Stefan Trümpler, Sie haben mehr als dreissig Jahre für das heutige Vitrocentre und das Vitromusée gearbeitet. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag in Romont?

Trümpler: Ich weiss noch, dass ich als Erstes meinen Arbeitsort suchen musste! Ich wurde engagiert, um das schweizerische Forschungszentrum für Glasmalerei und Glaskunst aufzubauen, das heutige Vitrocentre. Das war Anfang 1988. Das neue Forschungszentrum war behelfsmässig in der Bibliothek des ehemaligen Kapuzinerklosters untergebracht; andere Räume gab es nicht. Wir blieben dort bis 1995. Dann zog der Polizeiposten aus dem Schloss weg, und wir konnten dessen Räume übernehmen. Das Forschungszentrum zog damit direkt neben das Museum für Glasmalerei, das heutige Vitromusée, das bereits seit 1981 im Schloss untergebracht war …

… und dessen Leitung Sie 1991 zusätzlich zu der des Forschungszentrums übernahmen.

Trümpler: Die räumliche und organisatorische Nähe der beiden Institutionen war ein kluger und weitsichtiger Entscheid. Die Kombination aus Forschungszentrum und Museum ist in dieser Form weltweit einzigartig, und viele beneiden uns darum.

Was hat Sie als Kunsthistoriker an der Leitung der beiden Institutionen interessiert?

Trümpler: Mich interessierte die Verbindung von Kunst und Wissenschaft und die Verbindung von künstlerischem Ausdruck und Technik, wie sie für die Glaskunst typisch ist. Dazu kam der Aspekt der Konservierung, der mir stets wichtig war: Das Vitrocentre war ursprünglich als Kompetenzzentrum für die Konservierung von Glas gedacht; die weiteren Aufgaben kamen später dazu.

Sowohl das Forschungszentrum als auch das Museum haben sich unter Ihrer Leitung enorm entwickelt. Was denken Sie, wenn Sie die beiden Institutionen heute sehen?

Trümpler: Ich empfinde eine wahnsinnige Genugtuung und bin sehr dankbar dafür, wie die Stadt Romont und der Kanton Freiburg die beiden Institutionen von Anfang an gefördert haben. Sie waren weitsichtig genug, um das Potenzial der Glaskunst für Romont zu erkennen. Anfangs ging es vor allem um Sakralkunst, später kamen viele andere Aspekte dazu. Darauf dürfen Romont und Freiburg stolz sein – und sie dürfen das auch zeigen. Dass das Bundesamt für Kultur das Vitromusée seit 2018 im Rahmen der neuen Museumsförderung mit einem jährlichen Betriebsbeitrag von 250 000 Franken unterstützt, ist eine schöne Anerkennung für das, was hier geleistet wird.

Francine Giese, Sie haben Anfang Juni die Leitung von Vitrocentre und Vitromusée übernommen. Was hat Sie an dem Posten gereizt?

Giese: Ich habe das Vitrocentre im Rahmen meines an der Universität Zürich angesiedelten Forschungsprojektes «Mudejarismo und maurisches Revival in Europa» kennengelernt. Im Zentrum des vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Projekts stand der Austausch zwischen der islamischen Architektur von al-Andalus und der westlichen Bautradition des Mittelalters und 19. Jahrhunderts. Durch das Kooperationsprojekt mit dem Vitrocentre konnten interessante und bisher kaum untersuchte Aspekte der europäischen Glasmalerei des 19. Jahrhunderts aufgedeckt werden. Das zeigte mir, wie spannend die Glaskunst ist. Zudem habe ich in meiner bisherigen Tätigkeit nicht nur in der Forschung und Lehre gearbeitet, sondern auch Ausstellungen im In- und Ausland kuratiert. Daher weiss ich, wie wichtig es ist, Forschungsergebnisse durch Ausstellungen zugänglich zu machen. Diese Mischung aus Forschungs- und Ausstellungstätigkeit habe ich hier in Romont auch – auf eine einmalige Art und Weise.

Was schätzen Sie denn an der Glaskunst besonders?

Giese: Mich interessiert die technische Seite, der Kontext der Werkstätten, die auch in der Schweiz eine lange Tradition haben. Die Glaskünstler waren immer sehr mobil und tauschten sich international aus; auch dieser Austausch ist sehr spannend.

Trümpler: Die technischen Seiten der Glaskunst sind für ein Museum auch darum interessant, weil sie sehr publikumswirksam sind. Es ist faszinierend, einem Künstler bei der Arbeit mit dem Glas zuzuschauen und die geheimnisvolle Verwandlung von flüssigem zu festem Glas zu beobachten.

Die Arbeit der Glaskünstler hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Was bedeutet das für das Museum?

Trümpler: Für das Museum sind Hinterglasmalerei und Hohlglas heute genauso wichtig wie die traditionelle Glasmalerei. Tatsächlich hat sich die Praxis fundamental verändert. Kirchenfenster und Bleiverglasungen sind heute kaum noch gefragt; die Gattung ist dabei, sich ganz neu zu definieren.

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Ist das in den Augen eines Kunsthistorikers eher eine interessante Entwicklung oder ein bedauernswerter Verlust?

Trümpler: Ich empfinde kein Bedauern, denn das Alte behält ja seine Bedeutung, und aus Neuem kann Inte­ressantes entstehen. Aber wir müssen aufpassen, dass das alte Know-how nicht verloren geht. Das bedeutet konkret, dass wir bei der Auflösung von Ateliers nicht nur das materielle, sondern auch das immaterielle Kulturgut bewahren müssen.

Was können das Vitrocentre und das Vitromusée dazu beitragen?

Giese: Unsere Idee ist, dass wir nicht nur den materiellen Inhalt eines aufgegebenen Ateliers konservieren wollen, sondern auch das Wissen des Werkstattleiters dokumentieren möchten. Hierzu wollen wir Interviews mit erfahrenen Glaskünstlerinnen und Glaskünstlern machen und sie erzählen lassen, was sie noch wissen. Diese Interviews werden wir transkribieren und wenn möglich auch filmen.

Die Sammlung des Museums umfasst etwa 15 000 Objekte und Dokumente. Haben Sie ein persönliches Lieblingsobjekt?

Giese: Ich bin fasziniert von der blauen Betonverglasung von Michel Guével in der Orangerie gleich beim Eingang des Museums. In dem Werk aus dem Jahr 1986 kann man regelrecht sehen, wie etwas Flüssiges erstarrt ist. Ein anderes Lieblingsobjekt ist ein Fenster von Jakob Adolf Holzer aus dem 19. Jahrhundert, ein Legat des Bundes. Die Verwendung von Opaleszentglas zeigt, dass Holzer lange in New York gearbeitet hat, wo diese Art von Glas entwickelt wurde. Später siedelte Holzer nach Florenz über. Er war international anerkannt und ist ein Beispiel für die ausserordentliche Mobilität und Vernetzung der Glaskünstler.

Und Ihre Lieblinge, Stefan Trümpler?

Trümpler: Zum einen die ornamentale Rautenverglasung aus der Collégiale von Romont die gleich beim Eingang des Museums zu sehen ist. Das Fenster aus dem Mittelalter ist kunsthistorisch interessant. Gleichzeitig wirkt es sehr modern und zeigt, wie zeitlos die Gattung ist. Zum anderen kommt mir eine kleine Scheibe von Marc Chagall in den Sinn, die schön das Zusammengehen von Gestaltung und Ausführung zeigt. Chagall widmete die Scheibe übrigens dem Glasmaler, mit dem er zusammenarbeitete.

Woran werden Sie sich insgesamt aus Ihrer Zeit im Vitrocentre und Vitromusée besonders erinnern?

Trümpler: Ein Höhepunkt war sicher die Chagall-Ausstellung 2007, mit fantastischen Objekten, Originalentwürfen und Videoprojektionen der ausgeführten Glasfenster. Ebenfalls sehr wichtig war die Erweiterung des Hinterglasbereichs. Nicht vergessen werde ich die vielen interessanten Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern. Als Forscher schliesslich schätzte ich den fantastischen, direkten Zugang zu den Objekten. Es ist immer ein Erlebnis, etwas Neues zu entdecken, das vorher noch niemand gesehen hat. Wir fanden zum Beispiel auf mittelalterlichen Glasbildern unvermutete Kaltmalereien und Unterzeichnungen, die Neues über die damaligen Herstellungstechniken verrieten.

Und Francine Giese, auf was freuen Sie sich als neue Direktorin besonders?

Giese: Ich freue mich, zwei gut positionierte Institutionen mit einem funktionierenden, dynamischen Team zu übernehmen. Die Gelder, die das Bundesamt für Kultur dem Museum zugesprochen hat, geben uns neue Möglichkeiten, im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit dem Bund die Sichtbarkeit des Vitromusée schweizweit zu erhöhen. Ich will nichts Fundamentales verändern, sondern den Geist des Museums und des Forschungszentrums bewahren und entwickeln. Im Museum möchte ich noch mehr auf die Verbindung zwischen dem Technischen und dem Künstlerischen setzen und dazu beitragen, dass die Glaskunst als eigenständige und vollwertige Kunstgattung anerkannt wird. Und ich freue mich darauf, im Vitrocentre eigene Forschungsprojekte einzubringen.

Das Museum verfolgt schon seit einiger Zeit Ausbaupläne. Wie steht es damit?

Giese: Ja, wir wollen den Atelierbereich für Demonstrationen, Ateliers und andere Vermittlungsformen erweitern. Das hat für uns und auch für das Bundesamt für Kultur grosse Priorität. Allerdings ist unser Handlungsspielraum hier im Schloss eingeschränkt. Die Abklärungen laufen, aber einen definitiven Zeitplan gibt es noch nicht.

Stefan Trümpler, Sie gehen im November in Pension. Bis dahin werden Sie beide hier gemeinsam arbeiten. Was haben Sie in dieser Zeit vor?

Giese: Ich bin daran, durch Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beider Institutionen ihre Arbeitsweise und Aufgabenbereiche kennenzulernen. Im Vitromusée habe ich zusammen mit den Konservatorinnen und Vermittlerinnen begonnen, neue Strategien und Angebote zu entwickeln beziehungsweise umzusetzen. Und bei den regelmässig vom Vitrocentre erstellten Gutachten und Bauberatungen begleite ich Stefan Trümpler und Sophie Wolf, um möglichst viel von ihnen zu lernen.

Trümpler: Ich werde die Zeit vor allem nutzen, um all die Dinge abzuschliessen, die während meiner Zeit als Direktor liegen geblieben sind. Und ich stehe in ständigem Austausch mit Francine Giese und dem ganzen Team – ein Kontakt, der sicher auch nach meiner Pensionierung bestehen bleiben wird.

Zu den Personen

Eine Bernerin folgt auf einen Schaffhauser

Stefan Trümpler wurde 1955 in Schaffhausen geboren. Er studierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Architekturgeschichte an der Universität Bern, wo er 1986 das Doktorat erlangte. 1988 wurde er Direktor des neu gegründeten Vitro­centre, 1991 zusätzlich Konservator des Vitromusée. 2018 konnte das Museum dank neuer Bundessubventionen Fachpersonal in Teilzeit anstellen; seither war Trümpler Direktor von Vitrocentre und Vitromusée. Anfang Juni übergab er das Direktorium an Francine Giese, im November geht er in Pension. Er organisierte gegen 60 Ausstellungen im Museum und war an vielen nationalen und internationalen Forschungsprojekten und Publikationen beteiligt.

Francine Giese kam 1974 in Bern zur Welt und lebt heute in Thun. Sie studierte Kunstgeschichte, Klassische und Vorderasiatische Archäologie und altorientalische Sprachen an der Universität Bern. 2004 erlangte sie das Doktorat, 2015 die Habilitation. Vor ihrem Engagement in Romont hatte sie eine Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich inne. Sie forschte unter anderem zur Architektur auf der Iberischen Halbinsel und zum Austausch zwischen der Welt des Islams und dem Westen im Mittelalter und im 19. Jahrhundert. Sie arbeitet national und international als Expertin und ist Autorin von zahlreichen Publikationen.

cs

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