Autor: Carole Schneuwly
Liebe Männer! Das muss jetzt mal gesagt sein: Nicht alle Frauen sind Sportmuffel, nicht alle Frauen können nichts mit Fussball anfangen, und nicht alle Frauen sind zu blöd, um eine simple Offside-Regel zu kapieren!
Schon lange vor dem Start der Euro nervten uns wohlmeinende (und geschäftstüchtige) Veranstalter mit Anlässen wie «Fussball-Nachhilfe für Frauen», «EM-Ladys-Nights» mit Mode- und Selbstfindungstipps oder «Flucht vor der Euro»-Reiseangeboten.
Und jetzt das: Ein Schweizer Discounter verteilt seinen Kundinnen gratis eine Broschüre mit dem Titel «Frauen an den Ball…». Inhalt: «Das kleine ABC der Fussballregeln», damit Frauen «für Überraschungen sorgen» und «mitreden können». Da lernt die «fussballmüde Frau» dann so aufschlussreiche Sachen wie: «Der Ball ist in jedem Fall kugelförmig», «Quer über das Spielfeld wird die Mittellinie gezogen – deren Mittelpunkt ist die Spielfeldmitte» oder «Grundsätzlich hat jedes Team die Möglichkeit, auf zwei Tore zu schiessen – wobei der Pass in Richtung gegnerisches Tor mit Sicherheit sinnvoller ist».
Unglaublich, aber wahr: Diese Weisheiten werden von niemand Geringerem gezeichnet als von Luigi Ponte, dem Präsidenten des Schweizerischen Schiedsrichterverbandes! Da bleibt uns nur zu sagen: Danke, lieber Herr Ponte, dass Sie uns Frauen zutrauen, diese komplizierten Fussballregeln zu verstehen. Danke auch, dass Sie uns – so suggerieren es zumindest die Illustrationen des Booklets – zutrauen, in Netzstrümpfen und hochhackigen Kunstlederstiefeln selber Fussball zu spielen.
Oder geht es hier am Ende vielleicht doch eher um Männerfantasien als um gut gemeinte Frauenförderung?