Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Mehr als bloss der neue Bodyguard

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Wer bei Youtube «Timo Helbling» eingibt, bekommt den Abwehrspieler in erster Linie von seiner zornigen Seite zu sehen. Zum Beispiel wie er 2010 unmittelbar nach dem Out im WM-Viertelfinal wie von Sinnen auf die Spielerbank der Deutschen stürmt, den Assistenztrainer packt und sich mit einem halben Dutzend Spieler anlegt. «Um Gottes willen, Helbling läuft Amok», ist der Kommentar des deutschen Reporters. Oder aber das Video, wie er nach einer Spieldauerdisziplinarstrafe 2008 im Lugano-Dress den Handschuh in Richtung Schiedsrichter Dany Kurmann wirft, fluchend das Eis verlässt und mit den Schlittschuhen gegen eine Betonmauer tritt. Von den Faustkämpfen, in denen seine Gegenspieler reihenweise wie Schulbuben umfallen, ganz zu schweigen.

Hartnäckige Vorurteile

 Es sind diese Bilder, die die meisten Eishockeyinteressierten im Kopf haben, wenn sie an Timo Helbling denken. Deshalb hielt sich die Begeisterung bei den Freiburger Fans in engen Grenzen, als im vergangenen Dezember bekannt wurde, dass der 32-Jährige auf diese Saison hin von Zug zu Gottéron wechselt. Im Fanforum überwogen die kritischen Stimmen. Zu sehr war der 190 Zentimeter grosse und 100 Kilogramm schwere Hüne in den letzten zwei Jahren bei den Duellen gegen Zug zur Reizfigur avanciert. «Ich kann das verstehen», sagt Helbling. «Die Spiele gegen Freiburg waren immer sehr emotional und hart. Wir mussten besonders stark als Reizfiguren auftreten, weil wir wussten, dass wir mit Zug nicht dieselben spielerischen Möglichkeiten haben wie Freiburg.»

Ein Interviewtermin mit Timo Helbling zeigt auf beeindruckende Weise auf, wie unterschiedlich sich Sportler auf und neben dem Eis gebärden können. Da sitzt er nun, der vermeintliche Bösewicht, gibt, immer wieder einmal sein Perlweisslächeln aufblitzen lassend, ruhig, freundlich und mit bemerkenswerter Eloquenz Auskunft. Er könnte auch über Derivate oder Produktlebezyklen sprechen, schliesslich hat er den Bachelor-Titel in Betriebsökonomie in der Tasche und befindet sich nun im Masterstudiengang für Financial Banking. Die meisten Fans auf Schweizer Eis stellen sich wohl eher vor, dass Helbling in seiner Freizeit mit blossen Händen im Wald Wildschweine jagt, als dass er sich mit Mikroökonomie auseinandersetzt. Harten, aggressiven Spielern haftet schnell einmal der Ruf an, dumm und primitiv zu sein. «Das Wichtigste ist, dass die, die mich kennen, wissen, was für ein Mensch ich bin. Aber früher haben mich diese Vorurteile wirklich belastet.»

«Rollenspieler werden mittlerweile sehr geschätzt»

 Es ist nicht der einzige Bereich, in dem sich Helbling mitunter verkannt fühlt. 2010, als er noch bei Lugano spielte, beschwerte er sich in einem offenen, persönlichen Interview mit dem Kulturmagazin seiner Heimatstadt Olten («Kolt») darüber, dass seiner Rolle als solider Defensivverteidiger in der Schweiz zu wenig Wertschätzung entgegengebracht werde. Ihm fehlten bei einigen Leuten die Kenntnisse für die Komplexität des Sports, in dem es eben nicht nur Torschützen brauche. Unter anderem bei den Medien, insbesondere dem Schweizer Fernsehen.

Es habe sich gebessert, sagt er heute. «Das Schweizer Eishockey hat sich weiterentwickelt. Es gibt mehr gute Spieler, das Rollenverständnis hat sich verändert. Rollenspieler werden mittlerweile sehr geschätzt und von den Trainern gesucht.» Was die Medien angehe, sei es hingegen nun einmal so, dass der Stellenwert des Sports in den USA und Kanada, wo Helbling zwischen 2000 und 2007 gespielt hat, viel höher sei. «Deshalb ist auch die Qualität im Sportjournalismus höher. Der Eishockeysport hat sich in der Schweiz in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Das Umfeld hingegen ist noch nicht ganz so weit.»

 Keine Lust auf Schubladen

Wenn Helbling über seine Rolle auf dem Eis spricht, ist er bemüht, ein komplexeres Bild zu zeichnen als dasjenige eines Rächers und Schlägers. «Klar, das Fundament ist meine gute Physis. Damit versuche ich, hart und gut defensiv zu spielen. Das physische Spiel ist meine Nische. Dazu stehe ich. Aber ich will mich nicht schubladisieren lassen.» Er sei auch schlittschuhläuferisch gut, könne einen guten ersten Pass spielen und verfüge durchaus über technische Fähigkeiten, sagt Helbling, und schiebt, nach einer Bestätigung suchend, nach: «Ich hoffe, das sieht man.»

In Freiburg, wo er einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat, will er sein Offensivspiel verbessern und die Konstanz erhöhen. «Man darf nie stehen bleiben, muss sich immer weiterentwickeln. Im heutigen Eishockey und besonders auch im System Gottérons ist es wichtig, als Verteidiger oft der vierte Mann in der Offensive zu sein. Ich denke nicht, dass ich offensiv limitiert bin. Ich habe gute Möglichkeiten, bin aber noch zu wenig effektiv.»

 Rolle des Bodyguards

Gottérons Trainer Hans Kossmann attestiert Helbling durchaus spielerische Qualitäten: «Er verfügt über einen guten ersten Pass und einen guten Schuss.» Gleichzeitig sagt er jedoch klar: «Es ist auch wichtig, dass er die Rolle des Bodyguards übernimmt. Wir haben mittlerweile viele Schlüsselspieler, die von den Gegnern aggressiv angegangen werden, da braucht es Spieler wie ihn, die auch einmal aufräumen.»

Letztlich ist also Helbling in diesem Bereich in Freiburg als neuer Shawn Heins eingeplant. Das ist ihm auch selbst bewusst–und er akzeptiert diese Rolle, wie er in den Testspielen bereits unter Beweis gestellt hat. «Bis zu einem gewissen Grad werde ich sicher versuchen, Shawn Heins in diese Richtung zu ersetzen», so Helbling. «Aber wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten. Ich will mich deshalb nicht als neuer Heins ankündigen. Auch aus Respekt ihm gegenüber. Shawn Heins war in Freiburg eine absolute Identifikationsfigur. Aber natürlich gibt es gewisse Elemente, in denen wir uns ähneln.» Gemein ist den beiden, dass sie sich nicht gerne auf den Füssen herumtrampeln lassen und sich und ihre Teamkollegen mit Muskelkraft verteidigen. Auch in diesem Bereich ist Helbling bemüht, ein komplexeres Bild zu zeichnen als dasjenige des Haudegens, der von Zeit zu Zeit austickt. «Meistens steckt Kalkül dahinter. Man muss die Situation einschätzen können. Wie man in einer Situation reagiert, kommt auf den Spielverlauf an, auf die Situation, in der sich das Team in der Tabelle befindet, darauf, ob es der Mannschaft etwas bringt, wenn Emotionen ins Spiel kommen und so weiter.» Nicht immer, wenn im «Blick» dann von einer «dummen Strafe» die Rede sei, sei dies auch der Fall. «Die Aussenstehenden sollten sich immer auch überlegen, was dahinter steckt. Wenn beispielsweise mein Gegenspieler ebenfalls raus muss, ist es fast immer eine gute Strafe.»

 Schlechter Verlierer

Kalkül hin oder her: Am Ende gibt Helbling doch zu, dass er schlicht auch ein emotionaler Spieler ist. «Ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich oder meine Mitspieler unfair behandelt werden, kann ich schon wütend werden. Ich bin sicher keine Engel. Aber ich sage immer: Lieber auf dem Eis ein ‹ekliger Siech› als neben dem Eis.»

Helbling hat noch etwas mit Heins gemein, er ist ein schlechter Verlierer. «Ich verliere wirklich sehr, sehr ungern. Das ist auch ein Grund, warum ich nach Freiburg gewechselt bin. In Zug hat es mir gut gefallen. Aber in diesem Stadium der Karriere zählt nur noch der Titel.» Helbling hat in seiner Karriere noch keinen Titel gewonnen und glaubt, dass die Chancen, dies zu ändern, in Freiburg gut stehen. «Freiburg hat ein wirklich starkes Team und ich kann mich bereits zu 100 Prozent mit dem Verein identifizieren.» Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis Helbling für die Fans ebenfalls zur Identifikationsfigur wird.

Karriere: Ein Pionier mit viel Durchhaltevermögen

Heute ist es fast schon an der Tagesordnung, dass Schweizer Eishockeyspieler ihr Glück in Nordamerika versuchen. Als Timo Helbling 2000 als 19-Jähriger loszog, um mit den Windsor Spitfires in der kanadischen Juniorenliga zu spielen, gehörte er noch zu den Pionieren. «Ich war einer der Ersten. Das war nicht so leicht, ich konnte nicht von den Erfahrungen anderer Spieler profitieren.» Die nötige Härte für den langen USA-Trip holte er sich bereits in den Jahren zuvor. Nachdem er im beschaulichen Hägendorf die Bezirksschule absolviert hatte, zog er bereits als 16-Jähriger ans Sportgymnasium nach Davos. Er sei damals ein ziemlicher «Spränzel» gewesen, ein Schlaks, sagt Helbling. «Doch in Davos haben wir sehr hart, sehr gut trainiert, zweimal pro Tag.» Ein Jahr später spielte er bereits in der ersten Mannschaft der Bündner, 1999 wurde er in der sechsten Runde an 162. Stelle von den Nashville Predators gedraftet.

Lebensschule und Eklat

Bei seinem Übersee-Abenteuer hat Helbling in erster Linie viel Ausdauer bewiesen. Der Verteidiger spielte zwischen 2000 und 2007 nach Windsor für die Toledo Storm in der drittklassigen ECHL, die Milwaukee Admirals, Utah Grizzlies, Springfield Falcons, Hershey Bears und Rochester Americans in der AHL, der zweithöchsten Liga, sowie insgesamt elf Spiele für die Tampa Bay Lightning und die Washington Capitals in der NHL. Rein auf Spiele in der prestigeträchtigen NHL bezogen, war es somit ein relativ kleiner Ertrag für den grossen Aufwand. Dennoch sagt Helbling in der Retrospektive, der Aufwand habe sich «zu hundert Prozent gelohnt», nicht nur, weil er in Nordamerika seine Freundin kennengelernt hat. «Ich profitiere noch heute von dieser Zeit. Es war wahnsinnig interessant und eine tolle Lebensschule.» Eine, die nicht immer leicht war. «Klar gab es harte Momente. Es ist ja nicht so wie in der Schweiz, wo ein ausländischer Spieler ankommt und Konto, Wohnung et cetera bereits eingerichtet sind.»

Allem Durchhaltewillen zum Trotz wechselte Helbling 2007 zum HC Lugano in die NLA. «Die Idee war, nach Lugano zu gehen, dort ein, zwei Mal Meister zu werden und erstarkt in die NHL zurückzukehr en.» Doch die Realität sollte anders aussehen. Lugano galt damals als gut besetzt und gut bezahlt, aber nicht gerade als trainingsfleissig. Nach drei enttäuschenden Saisons kam es 2010 im vierten Jahr zum Eklat. Als Trainer Philippe Bozon den ehrgeizigen Helbling nach einer Kanterniederlage in Langnau für eine Partie aus dem Kader strich, gerieten die beiden verbal heftig aneinander.Helbling wurde per sofort freigestellt. «Die Jahre in Lugano waren für mich eine schwierige und turbulente, aber ebenfalls lehrreiche Zeit. Ich lernte mich selbst besser kennen und musste lernen, zu beurteilen, was ich beeinflussen kann und was nicht.» Er beendete die Saison bei Kärpät Oulu in Finnland und ging danach für zwei Saisons zum EV Zug, wo das Umfeld viel stabiler gewesen sei als in Lugano.

Nun also der Wechsel zu Freiburg, wo Helbling im Herbst seiner Karriere einen Titel gewinnen und sich neben dem Eis zunächst zurückhalten will. «Ich bin neu hier. Das Team ist bereits lange zusammen und es herrscht eine gute Gruppendynamik. Ich bin keiner, der in der Kabine eine Leaderrolle verlangt, aber wenn ich gefragt werde, gebe ich meine Erfahrung gerne weiter.» fm

Zur Person

Timo Helbling

Position:Verteidiger (Rechtsschütze).

Draft:1999, 6. Runde, 162. Position von den Nashville Predators.

Grösse:190 Zentimeter.

Gewicht:100 Kilogramm.

Geburtsdatum:21. Juli 1981.

Statistiken:

NHL:11 Spiele, 0 Tore, 1 Assist, 8 Strafminuten.

AHL:285 Spiele, 15 Tore, 49 Assists, 410 Strafminuten.

NLA:436 Spiele, 15 Tore, 54 Assists, 909 Strafminuten.

Schweizer A-Nationalteam:48 Spiele, 0 Tore, 3 Assists, 39 Strafminuten.

SM-liiga (Finnland):42 Spiele, 2 Tore, 3 Assists, 52 Strafminuten.

Hobbys:«Ich bin sehr wissensbegierig und reise gerne. Ausserdem spiele ich gerne Tennis. Nach meiner Eishockey-Karriere würde ich gerne mit Kollegen eine Interklub-Mannschaft bilden.»

 

Meistgelesen

Mehr zum Thema