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Mönch verklagt Kloster auf mehr als 300’000 Franken Schadenersatz

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Im Kloster Engelberg kommt es zu Streitigkeiten unter Mitbrüdern, in einem externen Bericht ist von einer «besorgniserregenden Krise» die Rede. Bruder Samuel Camenzind fühlt sich gemobbt, verlässt den Benediktinerorden – und schaltet ein Gericht ein.

Im Dezember 2011 ist Bruder Samuel Camenzind ins Kloster Engelberg eingetreten. «Ich bin Mönch aus Berufung», sagt er. Doch vor wenigen Tagen hat der bald 60-Jährige seinen Ausritt aus dem Kloster Engelberg OW erklärt – nicht, weil ihm das Dasein als Benediktiner verleidet wäre. Vielmehr handelt es sich um den letzten Schritt in einem langen Konflikt, der schliesslich zum Bruch führte – und jetzt ein rechtliches Nachspiel hat.

Camenzind hat beim Kantonsgericht Obwalden eine Zivilklage eingereicht gegen das Kloster Engelberg. Er verlangt 326’000 Franken Schadenersatz für Vorsorgelücken in AHV und der zweiten Säule. Seine Forderung orientiert sich an Regeln, die andere Orden implementiert haben. Die Kapuziner zum Beispiel entrichten für ihre Mitglieder schon seit mehr als 20 Jahren Beiträge in die Pensionskasse. Der versicherte Lohn entspricht etwa dem Medianlohn von Primarlehrern. Tritt ein Mitglied aus dem Orden aus, nimmt es die zweite Säule automatisch mit. Camenzind hat keine zweite Säule.

Faszination für Hochfeste der katholischen Kirche

Weshalb ist Camenzind nicht mehr im Kloster Engelberg? In seiner Wohnung in Morschach SZ ob dem Vierwaldstättersee erzählt Camenzind seine Geschichte. Er wuchs mit zwei Geschwistern in Ibach auf, einem Ortsteil von Schwyz. Als Primarschüler wurde er Ministrant. Schon als Kind faszinierte ihn, wie die Mönche im nahe gelegenen Kloster Einsiedeln Hochfeste der katholischen Kirche zelebrierten. Nach der Sekundarschule absolvierte Camenzind eine Lehre als Koch, später bildete er sich zum kaufmännischen Angestellten weiter.

Ein Theologiestudium kam ohne Matura nicht infrage. Doch der Gedanke, als Mönch zu leben, reifte bei Camenzind nach und nach. 2005 trat er ins Kloster Einsiedeln ein. Später folgten Aufenthalte in den Klöstern Uznach und Fischingen, eher er 2011 ins Kloster Engelberg zog. Er brachte sein Wissen für das Küchenteam ein, organisierte Märkte, wirkte als Religionslehrer auf der Oberstufe im Dorf Engelberg.

Auf zwischenmenschlicher Ebene funktionierte das Zusammenleben in der Benediktinergemeinschaft nicht immer reibungslos. Camenzind sieht sich als Opfer einer jahrelangen Mobbingkampagne. Er sagt, man habe ihm Simulation vorgeworfen, als er wegen einer Laktoseintoleranz nicht zum gemeinsamen Essen erschien. Oder Mitbrüder hätten ihn zu einem Bösewicht abgestempelt, der vielleicht bald mit einem Messer auf sie losgehe. Nach gescheiterten Mediationsversuchen reichte Camenzind deshalb im Sommer 2021 gegen zwei Mitbrüder, in seinen Augen die Hauptagitatoren gegen ihn, Strafanzeige ein wegen übler Nachrede und Verleumdung ein; die beiden wurden in der Folge auf den Polizeiposten Engelberg vorgeladen.

Für Abt Christian Meyer war damit eine rote Linie überschritten. Er taxierte Camenzinds Vorgehen als unvereinbar mit dem klösterlichen Gemeinschaftsleben und erteilte ihm eine kirchenrechtliche Verwarnung. Camenzind sagt, er habe die Anzeige auf Druck des Abtes zurückgezogen. Die Staatsanwaltschaft Obwalden legte den Fall mit einer Nichtanhandnahmeverfügung ad acta. Sie hielt dabei fest, die Aufforderung von Abt Christian, den Strafantrag als Zeichen des guten Willens zurückzuziehen, stelle keine strafrechtlich relevante Einflussnahme dar.

Dass hinter den Mauern des traditionsreichen Klosters nicht nur in katholischer Eintracht gebetet und gearbeitet wird, hielten Peter von Sury, Abt des Klosters Mariastein, und Bruno Rieder, Dekan des Klosters Disentis, nach einer Visitation in Engelberg im Januar 2021 fest. Das Kloster zählte damals 19 Mitglieder. Der neunseitige Bericht zeichnet ein unerfreuliches Sittenbild. Das Kurzfazit lautet: Fast die Hälfte der Mitbrüder ist unmittelbar in Konflikte verwickelt.

Wer Täter und Opfer oder beides zusammen ist, geht aus dem Bericht nicht hervor. Die Fronten würden kreuz und quer verlaufen. Viele Mitbrüder seien nicht bereit, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen. Die Visitatoren sprechen von einer «besorgniserregenden Krise», die Lage sei «dramatisch» und «kritisch». Für Abt Christian Meyer stellt die Situation eine Belastung dar. Gemäss dem Bericht wird er selber in die Konflikte hineingezogen und «teilweise als parteiisch wahrgenommen».

Camenzind will nicht beim Sozialstaat anklopfen

In diesem Umfeld, verstärkt durch die Coronapandemie, verschlechtert sich Camenzinds psychischer und physischer Zustand. Das Zerwürfnis mit dem Kloster war nicht mehr zu kitten. Im Mai 2023 schliesslich wies ihn der Abt vom Kloster weg und sprach ein Hausverbot aus. Camenzind kehrte zunächst zurück zu seiner Mutter, dann zog er in eine kleine Wohnung nach Morschach. Die Geschichte nimmt ihn sichtlich mit. Er erhält vom Kloster Engelberg zwar eine Art monatliche Notzahlung von 2500 Franken. Doch sie reiche kaum zum Leben, sagt Camenzind. Existenzängste plagen ihn. In seinem Alter und nach der langen Zeit im Kloster sei die Jobsuche ein fast aussichtsloses Unterfangen. Beim Sozialstaat anklopfen will er nicht. Er sieht das Kloster Engelberg in der Verantwortung.

Camenzind strebte eine gütliche Einigung an. Das Kloster Engelberg bot ihm eine Einmalzahlung von 137’500 Franken an; der Betrag setzt sich aus 86’000 Franken für die Altersvorsorge zusammen und dem noch nicht zurückgezahlten Teil seines Vermögens, das Camenzind bei seinem Eintritt ins Kloster mitbrachte. Camenzind erachtete das Angebot aber als ungenügend und reagierte mit der Zivilklage. Dabei geht es allein um die Frage, wie hoch ein angemessener Betrag für die Altersvorsorge ist, mit dem das Kloster Engelberg ein Mitglied bei einem Austritt ausstatten muss.

In der Klageschrift verweist Camenzinds Rechtsvertreter Loris Mainardi auf das Buch «Ordensarmut und soziale Sicherheit». Darin hält Frater Paul Schneider fest, die Altersvorsorge für Ordensmitglieder solle keine Minimallösung darstellen, sondern ein angemessenes und würdevolles Leben im Alter erlauben. Entscheidend sei, dass die Ordensmitglieder mit funktionsgerechten Löhnen in AHV und zweiter Säule versichert würden.

Camenzinds Fall erinnert an die Geschichte von Ex-Mönch Gerald Hochschild, der das Kloster Muri-Gries auf mehr als eine Million Franken Schadenersatz verklagt hat. Das Verfahren ist vor Bundesgericht hängig.

Wie reagiert das Kloster Engelberg auf Camenzinds Vorwürfe? Abt Christian Meyer lässt sich von Anwalt Reto Fanger vertreten. Er teilt auf Anfrage von CH Media mit: «Sämtliche von der Gegenpartei gemachten Aussagen werden vollumfänglich bestritten.» Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, auch der Gegenpartei, des Datenschutzes und des Berufsgeheimnisses könne er zu den einzelnen Aussagen keine Stellung bezogen werden.

Fanger betont, dass Mönche, die aus dem Benediktinerkloster austreten wollen, bis zum offiziellen Austritt in «ausreichendem Masse finanziell unterstützt» würden, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem würden für jedes Klostermitglied AHV-Beiträge deutlich über dem Minimalsatz entrichtet. Der Betrag für entgangene Pensionskassenzahlungen orientiere sich an der Dauer des Klosteraufenthalts und an den Sozialversicherungsleistungen, die einem handwerklich tätigen Klostermitarbeiter im Durchschnitt zustehen.

Und der Visitationsbericht? Das Dokument sei inmitten der tiefsten Coronakrise entstanden, die auch vor dem Kloster Engelberg nicht Halt gemacht habe. Die Gemeinschaft habe die Thematik seither aufgearbeitet, sagt Fanger.

Auch Bruder Samuel ist dabei, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Lesen oder Wandern, das hilft ihm dabei. In seinem Herzen bleibt er Benediktinermönch. Viele Mitbrüder vermisst er.

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