Autor: Pierre-André Sieber, La Liberté
FreiburgDas Freiburger Kantonsgericht hat am 12. August entschieden, dem emeritierten Rechtsprofessor Franz Riklin keine Einsicht in eine Nichtanhandnahmeverfügung zu gewähren. Eine solche Verfügung bedeutet, dass ein Untersuchungsrichter keine Untersuchung eröffnet, den Fall also gar nicht erst an die Hand nimmt. Konkret ging es um den Kadermann der Freiburger Kantonspolizei, welcher in der Nacht vom 7. November 2008 von einer Polizeipatrouille kontrolliert wurde, aber keinen Alkoholtest ablegen musste (die FN berichteten).
Kommandant untersuchte
Riklin wollte Einsicht in die Überlegungen des Untersuchungsrichters haben. Er störte sich daran, dass der Kadermann keinen Alkoholtest abgegeben hatte – und daran, dass Polizeikommandant Pierre Nidegger den Fall selber untersuchte, bevor er ihn zweieinhalb Monate später an Untersuchungsrichter Jean-Luc Mooser weiterleitete. Dieser stützte sich auf die Untersuchung des Kommandanten und vernahm die Polizeibeamten nicht selber. Erst als bekannt wurde, dass ein Polizist in einem SMS geschrieben hatte, der kontrollierte Kadermann sei betrunken gewesen, eröffnete Mooser die Untersuchung noch einmal – begleitet von der Staatsanwaltschaft.
Riklin wollte mehr wissen und verlangte am 12. Mai aus wissenschaftlichem Interesse Einblick in die Nichtanhandnahmeverfügung. Mooser, der am gleichen Tag die Untersuchung eröffnete, wies das Begehren zurück. Riklin legte später noch zwei Rekurse beim Kantonsgericht ein.
Das Kantonsgericht lehnt nun das Ansinnen Riklins nicht grundsätzlich zurück, wie es in der Begründung des Entscheids vom 12. August heisst: «Entgegen den Ansichten des Untersuchungsrichters hat der Beschwerdeführer sein Interesse, Einsicht in die Akten zu erhalten, glaubhaft darstellen können.» Sein wissenschaftliches Interesse stehe ausser Zweifel – wenn auch die Tatsache, dass er sich bei der Abgabe des Rekurses von einem Journalisten habe begleiten lassen, zeige, dass es Riklin nicht ausschliesslich um die Wissenschaft gehe.
Für Transparenz
Der Untersuchungsrichter hatte zudem argumentiert, die privaten Interessen des Kadermanns sprächen für eine Verweigerung des Einsichtsrechts. Auch diesem Argument mochte das Kantonsgericht nicht folgen: Die Rechtssprechung gehe in Richtung Transparenz. «Die Tatsache, dass ein Polizist von einer Untersuchung betroffen ist, macht nicht, dass dessen privates Interesse über allen anderen Interessen steht», schreibt das Gericht.
Ein grosses Aber
Darum hätte Riklin Einsicht in die Nichtanhandnahmeverfügung erhalten können, folgert das Kantonsgericht – und schliesst seinen Entscheid mit einem grossen Aber: Weil nun die selben Tatsachen Inhalt einer laufenden Strafuntersuchung seien, gelte das Diskretionsgebot. Riklin erhält also weiterhin keine Einsicht in die Verfügung. Er ist aber trotzdem zufrieden: «Das Gericht gibt mir zu 90 Prozent Recht.»
bearbeitet von FN/njb