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Russischer Ex-Geheimdienstler: «Der Kreml liess den Terroranschlag verüben»

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Steckt Putin hinter dem Anschlag von Moskau? «Ich erkenne die Handschrift meiner ehemaligen Kollegen vom russischen Geheimdienst», sagt der frühere GRU-Oberst und Wagner-Ausbilder Igor Salikow im Interview.

Vier Männer mit Sturmgewehren stürmten am Freitag die Crocus City Hall in Moskau und richteten ein Blutbad an. Sie töteten mehr als 130 Menschen und flohen vom Tatort. Einen Tag später wurden sie vom russischen Geheimdienst FSB gefangen genommen, gefoltert und vor Gericht gestellt.

Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich, später tauchte ein Bekennervideo der vier Terroristen von Moskau auf. Viele Fragen bleiben jedoch offen.

Igor Salikow, ehemaliger Oberst des russischen Militärnachrichtendienstes GRU und ehemaliger Ausbilder der Gruppe Wagner, ist sich sicher, dass der Massenmord in der Moskauer Veranstaltungshalle von russischen Sicherheitsdiensten mit Unterstützung radikaler Islamisten inszeniert und organisiert wurde.

Seiner Ansicht nach hätten sich die Terroristen nicht lebend ergeben, wenn es sich um einen echten Terroranschlag gehandelt hätte, wie er im Gespräch mit CH Media erklärt. Ferner hätten die russischen Sicherheitsbehörden die Terroristen zunächst unmöglich entkommen lassen.

Einige Terrorismus-Experten wie Peter Neumann weisen derartige Interpretationen zurück und erklären, dass es derzeit keine Beweise für die Beteiligung des FSB gebe (siehe Box). Andere, etwa der deutsche Aussenpolitiker Roderich Kiesewetter, wollen eine russische Mitwirkung zumindest nicht ausschliessen.

Salikow wurde im vergangenen Jahr mithilfe der Menschenrechtsorganisation Gulagu.net in die Niederlande gebracht und bereitet sich nun darauf vor, vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag über russische Kriegsverbrechen im Krieg gegen die Ukraine auszusagen. Darüber schreibt er derzeit ein Buch.

Der grösste Terroranschlag der letzten 20 Jahre fand in Moskau statt, direkt vor der Nase von Wladimir Putin. Hat der mächtige Föderale Sicherheitsdienst FSB versagt?

Igor Salikow: Nein, ich denke, dass es sich bei diesem Terroranschlag um eine spezielle Operation des Kremls und des FSB handelt. Ich erkenne die Handschrift meiner ehemaligen Kollegen von den russischen Geheimdiensten.

Warum sind Sie sich so sicher?

Erstens verhielten sich die Terroristen nicht professionell. Auf Videoaufnahmen aus dem ersten Stock der Crocus City Hall ist zu sehen, wie die Gruppe die Halle hinuntergeht und schiesst, ohne ihr Umfeld zu kontrollieren. Sie gingen zielstrebig auf die Konzerthalle zu und schauten nicht in andere Richtungen, wo sich theoretisch Wachpersonal aufhalten könnte. Darüber hinaus war diese kleine Gruppe nur schlecht bewaffnet. Ich weiss, wie östliche Terrorgruppen vorgehen, sie haben immer schwere Waffen wie Granatwerfer dabei. Wenn es sich um einen echten Terroranschlag und nicht um eine organisierte Aktion der Sicherheitsdienste gehandelt hätte, wären die Angreifer besser bewaffnet gewesen. Es war so, als ob diese Angreifer sicher waren, dass alles nach dem Skript ablaufen würde.

Was deutet darauf hin, dass der Rückzug der Angreifer von russischen Sicherheitsdiensten organisiert wurde?

Wenn es sich um einen echten Terroranschlag gehandelt hätte, wäre die Polizei innerhalb weniger Minuten vor Ort gewesen. Ganz in der Nähe gibt es eine Polizeistation sowie bewaffnete Wachen der Regierung des Moskauer Gebiets mit einem schnellen Eingreifteam. Nach Beginn der Schiesserei hätten alle Ausfahrten blockiert werden müssen. Aber das hat niemand getan. Die Angreifer benutzten auch dasselbe Auto, mit dem sie gekommen waren.

Der FSB hat sie eigenen Angaben zufolge auf dem Weg in die Ukraine aufgehalten.

Sie wurden in der Region Brjansk festgenommen, die über 300 Kilometer von Moskau entfernt ist. Auf der Autobahn dorthin gibt es alle 50 Kilometer Polizeikontrollen, aber sie wurden durchgelassen. Das ist Unsinn: Die Terroristen erschossen vor einer Stunde mehr als hundert Menschen, liessen ihre Waffen fallen und fuhren in Richtung Brjansk, wo eine grosse Zahl von Militärs konzentriert ist, da dies ein Grenzgebiet ist.

Wie geht der FSB bei der Abwehr von Terroranschlägen normalerweise vor?

Im Kaukasus zum Beispiel liess der FSB nach Anschlägen in der Regel keinen der Terroristen am Leben. Sie eröffneten das Feuer, um aus dem Hinterhalt zu töten, da sie die Terroristen als echten Feind betrachten. In diesem Fall liess der Kreml einen brutalen Terroranschlag verüben, fand sofort eine angebliche ukrainische Spur und zeigte öffentlich den brutalen Umgang mit den Verhafteten, etwa das Abschneiden eines Ohres.

Am 8. März warnte die US-Botschaft vor einer drohenden terroristischen Gefahr in Russland.

Im Geheimdienstbereich gibt es den Begriff der simulierten Informationsweitergabe. Ich denke, die russischen Geheimdienste bereiteten einen solchen Terroranschlag vor und verbreiteten solche Informationen über ihre Kanäle in radikal-islamistischen Zellen. Die Vereinigten Staaten als ein Land, das der Kreml als Gegner betrachtet, veröffentlichen diese Informationen. Wladimir Putin wiederum sagt, das sei Erpressung.

Die IS-nahe Agentur Amaq veröffentlichte aber ein von den Terroristen aufgenommenes Video, auf dem zu sehen ist, wie sie mit Sturmgewehren schiessen und einem Verwundeten die Kehle aufschlitzen. Warum glauben Sie nicht, dass der IS es getan hat?

Ich denke, dass es ein Auftrag des Kremls war, dass es wie ein Terroranschlag von radikalen Islamisten aussehen sollte. Putin bestellte, dass es mehr Blutvergiessen geben sollte. Man muss verstehen, dass die IS-Kämpfer eine starke ideologische Aufladung haben. «Allahu Akbar» rufen kann sogar ein Schuljunge, aber das ist nicht das, was ich meine.

Sondern?

Wenn IS-Kämpfer wirklich einen Terroranschlag in Russland verübt hätten, und nicht im Auftrag des Kremls, wären sie von Kopf bis Fuss mit Sprengstoff bedeckt gewesen und hätten sich nicht lebend fangen lassen. Sie sind bereit zu töten und bereit, selbst zu sterben, das ist ihre Ideologie. Darauf bauen der IS und Al-Kaida auf. Ich habe viel Zeit in Syrien verbracht und gesehen, wie dort Köpfe abgeschlagen wurden. Ich weiss, was für eine ernsthafte psychologische Vorbereitung IS-Terroristen bekommen. Diese nun festgenommenen Tadschiken, die nicht wissen, was jetzt vor sich geht, wurden dagegen einfach reingelegt. Wäre es ein echter Terroranschlag gewesen, hätten sie in Moskau alles in die Luft gesprengt oder sich Schiessereien mit der Polizei geliefert.

Wie ist die Rekrutierung durch den FSB Ihrer Ansicht nach abgelaufen?

Für die russischen Sicherheitsdienste wäre es ein Leichtes, radikale Islamisten zu bestechen und ihnen zu sagen: «Schickt uns eine kleine Gruppe, wir decken ihren Rückzug, und dann werden wir Sündenböcke finden. Ruft einfach ‹Allahu Akbar›.» Meine Vermutung ist, dass die Amerikaner erkannten, dass die Islamisten so etwas vorbereiteten, aber nicht erkannten, dass es auf Auftrag war.

Warum sollte Putin eine solche Operation in Auftrag geben?

Ein Terroranschlag ist ein guter Weg, um die Situation aufzuheizen. Der Mord an Alexej Nawalny und Putins Wiederwahl sind bereits vergessen, das interessiert niemanden mehr. Jetzt muss Putin das Land in einer gemeinsamen Wut und Mordlust konsolidieren. Er will, dass die Menschen verlangen, dass er tötet. Russische Ultra-Patrioten fordern bereits den Abwurf einer Bombe auf Kiew und die Aufhebung des Moratoriums für die Todesstrafe. Wenn es eine Überraschung für Putin gewesen wäre, würde er sich anders verhalten. Erinnern Sie sich, wie sehr er sich nach der Meuterei von Jewgeni Prigoschin in die Hose gemacht hat, welche emotionalen Videos er aufgenommen hat? Und jetzt ist er ruhig.

Impressionen aus Moskau:

Experten sehen keine Beweise – aber nicht alle schliessen eine russische Beteiligung aus

Der bekannteste lebende Putin-Gegner, Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow, schreibt auf X: «Der Terrorangriff war eine Provokation der russischen Geheimdienste im Auftrag von Wladimir Putin. Er soll härtere Schläge auf die Ukraine und eine neue Mobilmachung legitimieren.» Experten üben allerdings Kritik an dieser Lesart: Kasparows «False-Flag»-Hypothese – «vorgebracht gänzlich ohne Belege – ist höchstwahrscheinlich Unsinn», schreibt Terrorismus-Experte Peter Neumann auf X. Dagegen spreche, «dass die Amerikaner bereits Anfang des Monats vor ‹extremistischen› Terror-Anschlägen in Moskau gewarnt haben».

Auch dass die Terroristen nicht den Märtyrer-Tod gewählt hätten, sondern geflüchtet seien, hält Neumann für erklärbar: «Der IS unterscheidet zwischen Märtyrer- und Kommando-Operationen», schreibt der Terror-Experte. Bei Märtyrer-Aktionen «opfere» sich der Attentäter, bei Kommando-Aktionen werde solange getötet, bis die Attentäter von Sicherheitskräften erschossen werden oder fliehen können. In Moskau habe es sich um solche eine Kommando-Aktion gehandelt.

Der deutsche Aussenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) merkte an: «Ausgeschlossen werden kann zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht, dass es sich um eine False-Flag-Operation Russlands selbst handelt, auch wenn ein islamistischer Hintergrund durchaus wahrscheinlich erscheint, zumal sich der IS dazu bekannte.»

Ob jemals ans Licht kommt, ob der FSB beim Anschlag von Moskau die Fäden zog oder die Attacke zumindest geschehen liess, ist fraglich. Dies war bei früheren Anschlägen genau so. Seinen Tschetschenien-Krieg rechtfertigte Putin etwa mit den Bombenanschlägen auf Wohnhäuser in russischen Städten, bei denen über 300 Menschen ums Leben kamen. Zuerst wurde gar nicht untersucht, Jahre später dann wahhabitische Gruppierungen aus dem Nordkaukasus als angebliche Täter identifiziert. Die Journalistin Anna Politkowskaja machte, genau wie Ex-Agent Alexander Litwinenko, indes den FSB verantwortlich. Beide wurden später ermordet. (chm)

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