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Sie schlugen bei einem Brand rechtzeitig Alarm 

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Vor 80 Jahren wachte der letzte Turmwächter in der Kathedrale Sankt Nikolaus über die Stadt Freiburg. Eine über 500-jährige Tradition ging damit zu Ende. Die FN blicken gemeinsam mit dem Stadtarchivar Raoul Blanchard auf diese Zeit zurück. 

Um genau 22.15 Uhr läutet die grosse Barbara-Glocke der Kathedrale Sankt Nikolaus in der Stadt Freiburg. Jede Nacht. Pünktlich ertönt der volle Klang, der vor fast 700 Jahren gegossenen und über zwei Tonnen schweren Glocke. Und weshalb? «Um diese Uhrzeit wurden früher die Tore der Stadt Freiburg geschlossen. Niemand konnte mehr rein oder raus. Aber vor allem wurde daran erinnert, dass das Gewerbe in der Stadt offene Feuer abdecken muss – das sogenannte ‹couvre-feu›», sagt Raoul Blanchard, Mitarbeiter des Stadtarchivs Freiburg.

Das sei eine der letzten Traditionen, die noch an die Existenz der Turmwächter in der Kathedrale erinnern. 

Bei Feuer Alarm schlagen

Die Turmwächter arbeiteten im 4. Geschoss der Kathedrale Sankt Nikolaus – bis 1924 noch Rang einer Kollegiatskirche – in der sogenannten Kammer der kleinen Glocken: einem Raum mit sieben Glocken, massiven Eichenholzbalken, hohen Wänden und grossen Fenstern. «Es war eher karg eingerichtet damals», sagt Blanchard. Viel Dekor gab es nicht. Nur ein Cheminée sorgte für ein heimeliges Gefühl und wärmte die Arbeiter im Winter und in der Nacht.

Die Aufgabe eines Turmwächters? Bei einem Brandfall in der Stadt oder auf dem Land Alarm schlagen.

Jede halbe Stunde machten die Turmwächter Kontrollgänge und mussten die kleineren Glocken läuten, um zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Wenn sie irgendwo ein Feuer entdeckten, alarmierten sie umgehend die Stadt und die Feuerwehr.

Gemeindeprotokoll: 3. Oktober, 1854, S. 578: Der Syndic berichtet, dass in der Nacht vom vergangenen Sonntag auf Montag die Turmwächter von St. Nikolaus die Stunden bis fünf Uhr morgens nicht läuteten. Nach den Informationen, die er erhalten hat, sei der Wächter Waeber, der vor Mitternacht Dienst hatte, an diesem Abend um 10 Uhr nach Hause gekommen und habe so viel Wein getrunken, dass sein Kamerad für ihn läuten musste. Waeber wachte nicht auf und wiederholte weder die Stunden noch weckte er um 1 Uhr seinen Kameraden Raemy auf, der seinerseits bis 5 Uhr schlief.

Nach diesem Bericht beschliesst der Gemeinderat, die Polizeidirektion aufzufordern, die beiden Turmwächter einzuberufen, um ihnen einen strengen Verweis zu erteilen und sie gleichzeitig zu warnen, dass sie, wenn so etwas noch einmal passiert, beide entlassen sind.

Wenn es auf dem Land brannte, bliesen Turmwächter in die Hörner und rannten anschliessend im Akkord die 225 Treppentritte hinunter, um den Syndic zu informieren. Gab es einen kleineren Brand, so wurde die Barbara-Glocke geläutet, bis auch die Glocke des Rathauses schlug. Bei einem schlimmeren Brand wurden grössere Geschütze aufgefahren: «Dann läuteten sie die grössere Katharina-Glocke», sagt Blanchard. Anschliessend informierten die Turmwächter die Stadt, damit diese die Feuerwehr aufbieten konnte. «Je nachdem, wo das Feuer war und wie gross es aussah, gaben sie andere Signale», sagt Blanchard.

Gemeindeprotokoll: 12. März 1839, S. 128: Herr Präfekt bemerkt in seinem Brief vom 8. März, dass der Dienst des Turms St. Nikolaus bezüglich der Brandfälle mangelhaft und fast null ist; insbesondere insofern, als der vermutete Ort eines Brandes draussen meist so falsch angegeben wird, dass die Hilfe der Stadt immer verspätet eintrifft. Er glaubt jedoch, dass die Feuerkommission einige Vorschläge zu diesem Thema gemacht hat, dass daraus aber nichts geworden ist. Er fordert daher den Gemeinderat auf, sich unverzüglich um die Verbesserung dieses Dienstes zu kümmern und ihm innerhalb von 14 Tagen mitzuteilen, ob dieser Gegenstand in Betracht gezogen worden sei, denn andernfalls würde er die vorgesetzte Behörde davon in Kenntnis setzen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts arbeiteten die Turmwächter darum mit einem sogenannten Sextanten – einer Art Fernrohr – und hatten auch Karten zur Verfügung, um so die ungefähre Distanz der Brände zu ermitteln und genauere Angaben zu geben.

Das Vorbild Lausanne

Kritzeleien und Malereien an den Wänden und Holzbalken im Raum deuten darauf hin, dass es die Turmwächter in Freiburg seit dem späten 15. Jahrhundert gab, sagt Blanchard.

«Die Freiburger orientierten sich an dem Modell von Lausanne», sagt Blanchard. Den Lausanne hatte bereits vor Freiburg Turmwächter im Einsatz. Die Tradition hat sich in der waadtländischen Hauptstadt bewährt: Heute lebt eine Turmwächterin in der Kathedrale Notre Dame.

Auch die Tore in der Stadt Freiburg hatten Wächter. «Vor allem mit dem Wächter aus Bürglen standen die Freiburger in Kontakt», sagt Blanchard. Sie kommunizierten mit Licht- und Hornsignalen sowie Fahnen und arbeiteten so zusammen. «Bürglen war vor allem wegen der Lage ein wichtiger Partner», so Blanchard.

Vor den Turmwächtern, die hoch oben in der Kathedrale die Stadt im Blick hatten, gab es die nicht ortsgebundene Wache: «Sie liefen durch die Strassen der Stadt, hielten Ausschau und schlugen bei einem Brand Alarm. Wenn sie jedoch gerade im falschen Quartier waren, entdeckten sie das Feuer natürlich nicht so schnell.»

Raoul Blanchard, Mitarbeiter des Stadtarchivs, gibt den FN einen Einblick in die Geschichte der Turmwächter. 
Aldo Ellena

435 Franken im Jahr

Tag und Nacht arbeiteten die Turmwächter in der Kammer der kleinen Glocken. «Das waren vor allem Männer aus der Unterstadt», sagt Blanchard. Die Arbeit wurde stets zu zweit gemacht, und es wurde in Schichten gearbeitet. «Meistens war jemand Jüngeres gemeinsam mit jemand Älterem in einem Team.» Viel verdienten sie nicht. «Im Jahr 1860 verdiente ein Turmwächter 435 Franken im Jahr und musste sogar das Holz für das Cheminée selber zahlen und jedes Mal hinauf tragen», sagt Blanchard.

Gemeindeprotokoll: 23. November 1860, S. 545: Der Gemeinderat befasst sich mit einer Petition der beiden Turmwächter Raemy und Zurkinden, in der sie darauf bestehen, dass ihr Gehalt, das derzeit 435 Franken beträgt, mit der Verpflichtung, sich selbst mit Holz zu versorgen, auf 550 Franken ohne Holz oder alternativ auf 500 Franken, mit der Auflage, ihnen Holz zu liefern, erhöht wird. Neben dem anstrengenden Dienst, zu dem sie verpflichtet sind, führen die Petitionäre eine Vielzahl weiterer Gründe an, unter anderem die Unmöglichkeit, irgendwelchen Arbeiten nachzugehen, insbesondere da sie nach dem neuen Reglement nicht nur die Stunden, sondern auch die halben Stunden schlagen müssen.

[…]

Der Rat erkennt die von den Bittstellern vorgebrachten Gründe als teilweise begründet an […] und beschliesst, […] das Festgehalt jedes Turmwächters auf 480 Franken zu erhöhen. In dieser leichten Erhöhung um 45 Franken […] ist das Holz nicht enthalten.

Die Arbeit war jedoch auch mit Prestige verbunden, sagt Blanchard: «Zum Turmwächter wurde man nämlich vom Gemeinderat ernannt und war in der Hierarchie über den Glockenläutern.»

Von der Arbeit zur Folklore

Ab den 1830er-Jahren waren die Turmwächter nicht nur dafür zuständig, dass die Stadt nicht abbrannte, sondern wurden auch zu Touristenführern. «Die grössten Touristenattraktionen in Freiburg waren damals die Orgel von Aloys Moser und die Hängebrücke, die viele Menschen anlockte», sagt Blanchard. Bei ihrem Besuch in Freiburg durfte für die Touristen eine Führung durch die Kathedrale nicht fehlen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen vermehrt Diskussionen auf, ob man die Turmwächter abschaffen soll. «Das Telefon nahm eine immer wichtigere Rolle ein. Die Menschen konnten selbst bei der Feuerwehr anrufen, wenn das Bauernhaus von nebenan brannte. Die Arbeit des Turmwächters wurde immer mehr zur Folklore.» Auch Glockenläuter gab es zu dieser Zeit bereits keine mehr. Sie wurden durch die Elektrifizierung der Glocken überflüssig.

Im Jahr 1943 war der letzte Turmwächter im Einsatz für die Stadt Freiburg. «Der allerletzte Turmwächter hiess laut Gemeinderatsprotokoll ‹Weber›, seinen Vornamen konnte ich nicht finden», so Blanchard. Mit ihm verschwand die Tradition aus Freiburg und ging zum Teil vergessen.

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