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So entsteht Schmuck aus Menschenhaar

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Vor allem im 19. Jahrhundert war Schmuck aus Haaren gang und gäbe. Heute ist dieses Handwerk fast ausgestorben. Franziska Santschi aus Münchenwiler ist eine von wenigen, die diese Kunstform in der Schweiz weiterleben lässt.

Flink gleiten Franziska Santschis Hände über die Jatte, einem Flechtstuhl mit vier Beinen und einer runden Holzplatte mit Loch in der Mitte obendrauf. An den Rändern stecken in regelmässigen Abständen Metallstifte, dazwischen hängen lange, braune Haare, in 30er-Büschel sortiert. In der Mitte schwebt, nur von den zarten Haaren gehalten, ein Holzstab, um den nach und nach ein elegantes und gleichmässiges Muster entsteht. Die Haarsträhnen hängen an Gewichten, sogenannten Klöppeln, und werden leicht hinuntergezogen.

Am Holzstab in der Mitte entsteht beim Klöppeln ein elegantes Muster.
Marc Reidy

Schon seit sie jung ist, ist Franziska Santschi fasziniert von dieser Kunst, aus Haaren Schmuck herzustellen: «Mir gefällt das Material und dessen Vielfalt.» Mit 14 Jahren sei ihr bei einem älteren Herrn eine spezielle, leicht glänzende Uhrenkette ins Auge gestochen, die ihr sofort gefallen habe.

Früher erhielt in vielen Gegenden der Schweiz der Mann zur Hochzeit eine solche Kette, hergestellt aus dem Zopf der Ehefrau.

Suche nach einer Mentorin

Bis sie selbst begann, solche Schmuckstücke herzustellen, vergingen noch zwei Jahrzehnte. Sie heiratete, bekam drei Kinder und arbeitete als Lehrerin – unter anderem für Handarbeit. «Irgendwann wollte ich wissen, ob man diese Flechtkunst überhaupt noch lernen kann.» Kurzerhand schrieb sie Mitte der 90er-Jahre der Radiosendung «Tandem Talisman» einen Brief und erhielt rund zehn Antworten, die sie alle in eine Richtung dirigierten: Zu Lili Rhyn in Herzogenbuchsee, der letzten in der Schweiz, die damals das Handwerk noch beherrschte. Mit ihrem VW-Bus reiste sie an einem Samstag zur Haarkünstlerin und brachte die Enkelin eines Coiffeurs dazu, ihr innerhalb zweier Tage – die Nacht verbrachte sie im Auto – so viel wie möglich beizubringen.

Die Arbeit an der Jatte braucht viel Feingefühl und ein gutes Gedächtnis, denn die Abfolgen wiederholen sich regelmässig.
Marc Reidy

Viel erarbeitete sie sich danach selbst. Vor allem die Suche nach Flechtbriefen, eine Art Schnittmuster für den Haarschmuck, sei sehr zeitintensiv gewesen. Diese zeigen ihr die Reihenfolge, mit der sie die verschiedenen Haarsträhnen von einem Stift zum anderen versetzt. «Viele der historischen Dokumente wurden weggeworfen», bedauert die ehemalige Lehrerin. Einige Funde machte sie dennoch, in alten Friseurzeitungen und Fachbüchern oder in privaten Sammlungen.

Erinnerungsstücke aus Haaren

Anfangs arbeitete sie mit eigenen Haaren, meistens nachts, wenn die Kinder im Bett waren. Von ihrem roten Zopf, den sich vor Jahren abgeschnitten hat, zehrt sie immer noch. Rund 100’000 Haare wachsen auf einem Menschenkopf, für ein Schmuckstück braucht sie nur rund 300 bis 1000 davon.

Diverse Schmuckstücke aus Haaren, die Franziska Santschi geflochten oder geklöppelt hat.
Marc Reidy

«Haare sind das Persönlichste, was man verschenken kann», betont die Künstlerin. Wer möchte, kann bei ihr, zum Beispiel über ihre Webseite, ein Schmuckstück aus dem eigenen Haar oder dem von Nahestehenden bestellen. Besonders gut kann sie sich an Ringe erinnern, die sie für und aus dem Haar einer Grossmutter, ihrer Tochter und ihrer Enkelin erstellt hat.

Die drei Schmuckstücke bilden die drei Generationen ab.

Haare im Tiefkühler

Arbeitet sie mit Haaren, die vorher länger aufbewahrt wurden, landen diese zuerst im Tiefkühler, damit allfällige Schädlinge wie Motten oder Teppichkäfer absterben. «Ein frischer Zopf ist hingegen sauber genug.» Danach sortiert Franziska Santschi die einzelnen Haare nach Länge. «Haare sind wie Tannenzapfen», erklärt sie. Die Seite, die auf dem Kopf war, muss am Gewicht befestigt sein. «Sonst toupieren sich die Haare gegenseitig.» Ist das Schmuckstück dann fertig geflochten oder geklöppelt, wie sich die Variante mit dem Holzstab in der Mitte nennt, kocht sie dieses in destilliertem Wasser. 

Die Schmuckstücke sind filigran, leicht glänzend, manchmal sogar elastisch, wenn sie nur aus Haaren bestehen und nicht mit anderen Materialien kombiniert werden. Man traut sich kaum, sie in die Hand zu nehmen, obwohl sie robuster sind, als man meinen würde. Nur etwas mögen die Ohrringe, Armbänder, Fingerringe oder Broschen nicht:

Klettverschlüsse sind der Tod aller Haararbeiten.

Wer sich mit Menschenhaar nicht anfreunden kann, hat andere Optionen. Hier zum Beispiel Armbänder aus Pferdehaar.
Marc Reidy

Die Kunst weitergeben

Viel verdient Franziska Santschi mit dem Verkauf ihrer Kunstwerke nicht. «Die Leute sollen Schmuck aus Haaren bezahlen und tragen können», lautet ihre Philosophie. Denn inzwischen steht bei ihr nicht mehr nur die Freude an der Handarbeit im Mittelpunkt. «Ich schaue, dass möglichst viel erhalten bleibt.» Jatten waren früher unterschiedlich gebaut und die Flechtbriefe entsprechend anders notiert. Sie entziffert sie und übersetzt sie dann auf ihr System.

Ich bin der einzige schräge Vogel, der diese Briefe weiterentwickelt.

Manchmal fehle ihr der Austausch mit jemandem, der «auch so spinne». Denn in der Schweiz gebe es nur noch rund 20 Personen, die dieses Handwerk beherrschen, schätzt Santschi. Um Nachwuchs zu rekrutieren, gibt sie ihr Wissen deshalb seit rund 15 Jahren in Form von Kursen weiter.

Schmuck aus Haaren

Eine viktorianische Mode

Königin Viktoria, die von 1837 bis 1901 Grossbritannien regierte, trug regelmässig Schmuck aus Haaren. Das löste einen regelrechten Boom aus, der bis in die Schweiz gelangte. «Zur Berner Sonntagstracht gehörte eine Uhrenkette aus Haaren einfach dazu», erklärt Franziska Santschi. Jede Gegend hatte ihren eigenen Stil: «Die Coiffeure konnten nicht endlos viele Muster herstellen.» Der grosse Vorteil: Da der Rohstoff gleich selbst geliefert wurde, waren die Schmuckstücke erschwinglich. «Die Verschlüsse gab es ab Stange.» Diese seien meistens aus einfachem Blech gewesen. Haarschmuck wurde allerdings nicht aus allen Haarfarben gemacht: «Nur in Irland wurde mit roten Haaren gearbeitet. Hierzulande wurden rote Haare den Hexen zugeschrieben.»

Der Schmuck passte zum Zeitgeist der Romantik: «Freundschaften zu pflegen und Emotionen auszutauschen war damals wichtig.» Bilder aus den Haaren von verstorbenen Menschen hätten damals ebenfalls eine Rolle gespielt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen dann Fotos auf und lösten den Haarschmuck als Erinnerungsstücke ab. «Es gab noch eine kurze Übergangszeit, in der Arbeiten entstanden, die sowohl Haare als auch eine Fotografie enthielten.» Bis 1920 hätten Coiffeure bei der Schlussprüfung noch eine Haararbeit abliefern müssen. Mit den beiden Weltkriegen geriet das Wissen jedoch langsam in Vergessenheit: «Wer hatte da noch Zeit dafür, Schmuck aus Haaren herzustellen.»

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