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Spiegelbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit

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Spiegelbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit
Nach einer bewegten Kampagne stimmt das Freiburger Volk am 16. Mai über den Entwurf für eine neue Kantonsverfassung ab. Keine gesellschaftspolitisch relevante Gruppe kann behaupten, dass sie mit diesem Verfassungsentwurf voll auf ihre Rechnung kommt. Auf dem langen Weg der Konsensfindung im Verfassungsrat mussten alle auf Anliegen und Formulierungen verzichten, die ihnen eigentlich wichtig waren. Auf der anderen Seite mussten auch alle Postulate akzeptieren, die ihren Vorstellungen von Staat und Gesellschaft nicht entsprechen. Das ist der Preis des politischen Prozesses. Die grosse Mehrheit der Verfassungsrätinnen und Verfassungsräte und der Kantonalparteien sind deshalb der Meinung, dass der Vorschlag ausgewogen ist, den Bedürfnissen des Kantons in der heutigen Zeit entspricht sowie das politische Kräfteverhältnis widerspiegelt.
Trotzdem ist während der vergangenen Wochen und Monaten – wie bereits während der Vernehmlassung im Sommer 2003 – die Kritik zum Teil heftig und virulent ausgefallen. Neben den beiden Kantonalparteien FDP und SVP wird der Entwurf namentlich von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden, aber auch vom Jugendrat und der Bewegung für den Sozialismus in die Zange genommen. Eine Hauptkritik, die immer wieder genannt wurde, der Entwurf bringe eine
Zunahme des Staatsinterventionismus und schwäche gleichzeitig die Selbstverantwortung, trifft aber in dieser Form nicht zu. Bereits ganz am Anfang wird nämlich als Maxime ausdrücklich festgehalten, dass der Staat seine «Ziele in Achtung der Freiheit und Verantwortung des Menschen sowie des Subsidiaritätsprinzips» verfolgt. In den allgemeinen Bestimmungen heisst es zudem, dass «das Gemeinwesen zugunsten des Individuums in Ergänzung seiner eigenen Fähigkeiten tätig wird».
Den Kritikern ist beizupflichten, wenn sie feststellen, dass die Liste der öffentlichen Aufgaben Unnötiges, Wiederholungen aus der Bundesverfassung und zum Teil zu detaillierte Bestimmungen enthält. Daraus aber zu schliessen, dass der Staat in vielen Bereichen neu tätig werden muss, ist einerseits eine Verkennung der Funktion der Verfassung und andererseits eine massive Übertreibung. Die allermeisten Aufgaben, die im Verfassungsentwurf aufgeführt sind, nehmen Kanton und Gemeinden bereits heute wahr. Was neu ist, muss zudem erst eingelöst werden, wenn ein entsprechendes Gesetz in Kraft tritt. Den Teufel an die Wand zu malen, dass ein Heer von Juristen angestellt werden müsste, ist eine unzulässige Schwarzmalerei.

Dasselbe gilt für die Kritik, die Folgekosten seien nicht ausgerechnet worden oder sie würden den Bürgern willentlich vorenthalten. Nicht die Verfassungsnorm definiert nämlich, wie hoch die Leistungen sind, die der Staat zu erbringen hat, sondern das Gesetz, das diesen Artikel konkretisiert. Im jetzigen Stadium ist es somit unmöglich, die Kosten zu ermitteln. Das Kantonsparlament hat es dabei auch in der Hand, trotz neuer Verfassung dafür besorgt zu sein, dass die Steuerbelastung in absehbarer Zeit reduziert werden könnte. Zudem sieht auch der Verfassungsentwurf selber diesbezügliche Bremsen und Sperren vor. Er bestimmt nämlich, dass das Budget grundsätzlich ausgeglichen sein muss und dass die Staatsaufgaben und die Subventionen «regelmässig auf ihre Wirksamkeit, Notwendigkeit und Finanzierbarkeit» zu überprüfen sind.

In diesem Zusammenhang ist zu ergänzen, dass tatsächlich auch Neuerungen vorgeschlagen sind, die zusätzliche Kosten verursachen
werden. Das ist beispielsweise bei der Mutterschaftsversicherung und beim neuen System der Kinderzulagen der Fall. Der Staatsrat hätte in diesen beiden Fällen die Konsequenzen beziffern können, indem er zum Beispiel je zwei Varianten berechnet hätte. Auch in diesem Fall wären dies lediglich hypothetische Annahmen gewesen. Die Grossräte, die im Nein-Komitee aktiv sind, hätten es sicher nicht geschätzt, wenn die Regierung dem Gesetzgeber zuvorgekommen wäre. Zudem darf man vom Kantonsparlament erwarten, dass es so innovativ ist und als Kompensation zu den beiden familienpolitisch wünschenswerten Neuerungen, die unserem Kanton sehr gut anstehen, anderswo Einsparungen finden wird. Das ist eine Frage des politischen Willens, den die Legislative unter Beweis stellen kann.
Für die SVP, die als einzige Fraktion im Verfassungsrat Nein zum Entwurf sagt, hat der Entscheid, dem Volk keine Varianten vorzulegen, den Ausschlag gegeben, sich gegen den Entwurf auszusprechen. Dass es sich dabei um eine Missachtung des Volkswillens handelt, ist aber unzutreffend oder zumindest weit übertrieben. Es stimmt, dass sich das Volk bei der Abstimmung im Juni 1999 für Varianten ausgesprochen hat. Trotz der unterschiedlichen Formulierung des damaligen deutschen und französischen Abstimmungstextes war man sich damals bewusst, dass es sich dabei um eine Möglichkeit handelte, von der der Verfassungsrat Gebrauch machen kann oder eben nicht.

Als Beobachter und ursprünglicher Befürworter von Varianten muss man jetzt sagen, dass diese Option am Schluss unrealistisch wurde. Der Verfassungsrat hätte bei höchstens drei Artikeln eine Variante vorschlagen können. Welche hätte er ausgewählt? Wahrscheinlich jene, bei denen das Abstimmungsergebnis im Plenum am knappsten war. Da muss man den SVP-Vertretern sagen, dass dies nicht jene drei Themen sind, die von ihnen immer wieder genannt werden. Es waren linke Anliegen und an denen hätten sie gar keine Freude gehabt. Dass die grösseren Fraktionen am Schluss gegen Varianten waren, ist verständlich. Sie haben am meisten dazu beigetragen, dass bei Fragen, wo lange eine Annäherung kaum möglich schien, sich doch noch Kompromisse finden liessen. Diese wollte man nicht durch Varianten wieder gefährden.
Das Volk hat dem Verfassungsrat den Auftrag erteilt, ein neues kantonales Grundgesetz auszuarbeiten. Er hat es im Respekt vor der kulturellen,weltanschaulichen und gesellschaftlichen Vielfalt getan, hat ohne revolutionär zu sein einige Neuerungen vorgeschlagen und dabei tragende spirituelle und menschliche Werte bestätigt. Alles in allem handelt es sich um einen vernünftigen und verantwortungsvollen Konsens, der auf echt demokratische Weise zustande gekommen ist. Der Entwurf verdient somit Unterstützung.

Von WALTER BUCHS

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