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Theater in Freiburg will unterhalten, nicht provozieren

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Theater in Freiburg und sein Präsident Franz Baeriswyl haben gestern den Deutschfreiburger Kulturpreis erhalten. Eine Anerkennung für die jahrelang geleistete Arbeit, deren Früchte in der kommenden Saison wieder präsentiert werden. 

Franz Baeriswyl, nach zwei Jahren Corona-Pandemie kann Theater in Freiburg am 27. September wieder voll durchstarten, sind Sie froh?

Ja. Wir konnten allerdings schon im vergangenen Jahr fünf Aufführungen stattfinden lassen, nur die letzte mussten wir absagen. Auch die Kinder- und Familienaufführung konnten wir durchführen, was uns sehr wichtig war. Insgesamt war die Programmation für die kommende Saison nicht schwieriger als vor der Pandemie. Jedoch mussten wir auch auf Stücke zurückgreifen, welche die Ensembles im Lockdown selber zurückstellen mussten. So figurieren unter den Abonnementsaufführungen auch zwei Stücke, die wir schon einmal programmiert hatten: «Bellissima» und «Lehman Brothers».

 Auf was haben Sie bei der Programmgestaltung inhaltlich besonders Wert gelegt?

Wir haben kein thematisches Programm zusammengestellt. Der rote Faden besteht eher im genauen Hinschauen und kritischen Überprüfen. Es ist ein recht gesellschaftskritisches Programm, aber im positiven und nicht im destruktiven Sinn.

Dazu gehört Dürrenmatts «Stall des Augias».

Ja. Dabei geht es um eine Bürokratie, eine Staatsführung, die nichts ausführt, sondern alles zu einem grossen Misthaufen aufschichtet, über den sie nicht mehr hinaussieht, sodass jemand von aussen kommen muss, um auszumisten. 

Wo sehen Sie dabei die Parallele zu heute?

Vielleicht in den Problemen, die Staaten anhäufen, wie beispielsweise Grossbritannien mit seinem Brexit, und die darob den Überblick zu verlieren drohen. In den politischen Parteien in Italien und der Absetzung des fähigen Ministerpräsidenten. Oder in der Schweiz, wo in den vergangenen Jahren so viele Sozialreformen abgelehnt wurden und ein Reformstau entstanden ist, der vielleicht so einen Misthaufen darstellen könnte.

Welche weiteren Stücke in der kommenden Saison verfolgen ebenfalls einen kritischen Ansatz?

«Bellissima»: Da geht es um eine Castingshow für einen Film, bei der ein Mädchen gesucht wird und sich Hunderte von Müttern melden, damit ihr Kind die Filmrolle erhält. Die Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm sprach kürzlich in einem Interview über die Problematik der zu hohen Erwartungen an Kinder, die unnatürlich und gegen ihre Entwicklung sind. Wir müssen schon aufpassen, dass wir den Kindern Zeit geben, sich zu entwickeln, dass wir sie fördern, aber nicht überfordern, und dass wir ihnen vor allem nicht die eigenen Vorstellungen und Idealbilder aufdrücken. Auch das Stück «Amadeus», das von den Intrigen zwischen dem erfolgreichen Wolfgang Amadeus Mozart und seinem ebenfalls erfolgreichen Neider Antonio Salieri handelt, bei denen Salieri mit allen Mitteln versucht, den Erfolg Mozarts zu mindern. Es geht um einen Machtkampf, wie wir ihn oft erleben. 

Sind die erwähnten Stücke auch durch die heutige Brille inszeniert oder kommen sie eher klassisch daher?

Es sind zeitgenössische Adaptionen, die Diskussionen auslösen können. Aber es ist kein Regietheater. Will heissen, es sind keine Stücke, bei denen der Regisseur oder die Regisseurin den Text eines Autors oder einer Autorin nimmt, um seine oder ihre eigene freie Fantasie hineinzuprojizieren, und somit seine oder ihre eigene Idee auf die Bühne zu bringen. Das wollen wir nicht.

Warum nicht?

Wir wollen keine Bevormundung des Publikums, keine Indoktrination vor leerem Saal. 

Theater in Freiburg möchte das Publikum also nicht verschrecken, riskiert damit aber auch, nicht sonderlich avantgardistisch zu sein.

Nein, es geht nicht mal so sehr ums Verschrecken der Zuschauerinnen und Zuschauer. Obwohl unser Interesse auch dem Umgang der Regisseure mit dem Ursprungstext gilt, sind uns die Achtung der Autoren und die Achtung der Interpretationsfähigkeit des Publikums wichtiger. Jeder erlebt ein Stück anders, und das ist gut so. Das Theater soll ein Angebot zur Entspannung sein und Optionen zur persönlichen Auseinandersetzung bieten.

Denken Sie, dass Sie damit auch in Zukunft das Publikum ansprechen können, notabene auch ein jüngeres Publikum?

Ein jüngeres Publikum versuchen wir vor allem durch die Stückauswahl zu gewinnen, indem wir zeitgenössische, neue Stücke ins Programm aufnehmen, wie beispielsweise in den vergangenen Jahren Stücke von Yasmina Reza und Florian Zeller.

Und was ist diesbezüglich in der kommenden Saison geplant?

«Bellissima» und «Lehman Brothers». In Letzterem geht es um die Familie der Gebrüder Lehman, die sich ein Finanzimperium aufgebaut und damit 2008 einen weltweiten Börsencrash verursacht hat. Auch «Spatz und Engel» über die spannungsgeladene Beziehung von Edith Piaf und Marlene Dietrich ist ein zeitgenössisches Stück. Es tangiert auch die Genderthematik. Zwar ist verbürgt, dass sich die beiden Diven gegenseitig schätzten, doch ist aber offen, wie weit ihre Zuneigung ging.

Haben Sie ein persönliches Programm-Highlight?

Das diesjährige Programm ist sehr ausgewogen. Jedes Stück ist spannend, auch das letzte Stück «Liebe Jelena Sergejewna» einer lettisch-russischen Autorin, in dem Mittelschüler ihre Lehrerin erpressen, damit sie ihnen Einsicht in die Prüfungsaufgaben gibt. Es geht um den Druck, bestehen zu müssen, und darum, welche Mittel dafür eingesetzt werden.

Wie geht Theater in Freiburg bei der Stückauswahl vor?

Wir sind ein Gastspielort und müssen tatsächlich auswählen – und wir können auch auswählen. Wir arbeiten gerade intensiv an der Programmgestaltung für die Saison 2023/24 und haben uns eben diese Woche mit dem Verband der Gastspielorte in der Schweiz und dem deutschsprachigen Europa getroffen. Bei diesen Treffen geht es darum, sich über die Qualität von Stücken auszutauschen und sich gegenseitig gute Stücke zu empfehlen. Die Angebote bekommen wir von Theaterensembles und Tourneetheatern wie beispielsweise Landgraf, das ein zuverlässiger Partner von Theater in Freiburg geworden ist. Letztere kreieren selber Produktionen oder kaufen Konzepte von Produktionen auf deutschen Landesbühnen ein, verpflichten unter Umständen deren Schauspieler und adaptieren die Stücke dann für ihre Tournee. 

Schaut sich der Vorstand von Theater in Freiburg auch selber Stücke an?

Bei uns ist Rosemarie Lutz verantwortlich für das Ressort Programmation, aber wir entscheiden alle mit. Wir gehen auch Stücke anschauen. Wir versuchen, nichts Ungesehenes einzukaufen, aber das ist nicht immer möglich. Manche Anbieter spielen ein Stück nur während einer Saison.

Wenn Sie vorhin gesagt haben, dass Sie auswählen können, bedeutet das, dass Freiburg ein begehrter Standort ist?

Freiburg ist sehr begehrt. Das Theater Equilibre verfügt über eine technische Einrichtung, welche die Gasttruppen selten an einem Ort antreffen. Gerade auch deutsche Ensembles zeigen sich immer wieder überrascht, wie gut das Schauspielhaus in einer kleinen Stadt wie Freiburg eingerichtet ist. Dies auch im Vergleich zu den Bühnen in deutschen Kleinstädten, die aber immer noch grösser sind als Freiburg. Zudem verwöhnen wir die Truppen stets mit einem reichhaltigen Zvieri.

Sie haben also die freie Auswahl.

Ja. Einzig die Distanz stellt manchmal ein Problem dar. Viele deutsche Landestheater würden gerne kommen, der Weg und der damit verbundene Aufwand sind ihnen aber zu gross. Wir können Ensembles bis in den Raum Stuttgart verpflichten. 

Aus Berlin kommen sie demnach nicht.

Nein, eher nicht. Aber wir haben angefangen, innerhalb der Deutschschweizer Gastspielstädte die Aufführungsdaten miteinander abzusprechen, wenn wir beispielsweise an einem interessanten Stück aus Hamburg oder Berlin interessiert sind.

Gestern haben Sie nun den Kulturpreis von Kultur Natur Deutschfreiburg (Kund) entgegengenommen. Was ist Ihrer Ansicht nach der wichtigste Beitrag von Theater in Freiburg für die Freiburger Gesellschaft?

Wir sind der einzige Verein, der seit dem Jahr 1963 konstant professionelle Theateraufführungen in deutscher Sprache organisiert. Seit 1973 haben wir ununterbrochen sechs Stücke im Abonnement und eine Familienaufführung. 

Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?

Durch unser Schaffen…

Und dadurch, dass die Deutschfreiburger eine eingeschworene Gemeinschaft sind?

Nein, bei aller Bescheidenheit, ich glaube, es liegt doch daran, dass wir Jahr für Jahr geliefert haben. Nicht zu vergessen ist aber auch die Unterstützung der Stadt Freiburg und danach durch Coriolis und die Agglomeration, die uns stets als vollwertige Partner anerkannt und uns regelmässig subventioniert haben. Wir haben immer erhalten, was wir beantragt haben. 

Im kommenden Jahr feiert Theater in Freiburg sein 60-jähriges Bestehen. Ist der Verein für die Zukunft gewappnet?

Im Vorstand haben wir den Generationenwechsel teilweise schon vollzogen. Es sind mehrere neue, jüngere Personen zu uns gestossen. Mit Ralph Müller, Literaturprofessor an der Uni Freiburg, haben wir zudem jemanden gefunden, mit dem wir neu nicht nur Lesungen organisieren, sondern auch die Nähe zur Universität Freiburg wiederherstellen wollen. 

Um ein jüngeres Publikum anzusprechen?

Ja. Aber es geht auch darum, dass die Uni ein Begegnungsort für alle Schichten ist und nicht bloss als etwas Elitäres wahrgenommen wird. Für die Menschen vom Lande stellt die Uni oftmals eine Hemmschwelle dar. Durch die Aufführungen in der Aula Magna haben sie diese überwunden. 

Im Equilibre ist das nicht so?

Anfänglich behagte das Theaterhaus nicht allen, das hat sich aber gelegt. 

Theater in Freiburg in der Rechtsform eines Vereins gibt es erst seit 2017. Passivmitglieder zählt der Verein keine, der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Ist das auch für die Zukunft ein tragfähiges Konstrukt?

Wir haben mit Lea Wattendorff eine Person zu zehn Prozent im Fachsekretariat angestellt, die uns einige Arbeit abnimmt. Eine umfassendere Professionalisierung kostet aber Geld. Deshalb haben wir uns immer gesagt, dass wir auch mit engagierten Freiwilligen professionell arbeiten können. Das eingesparte Geld stecken wir lieber in die Qualität der Aufführungen. Wir produzieren ja selber nicht Aufführungen. Mit dem aktuellen Vorstand sind wir diesbezüglich gut aufgestellt, sodass ich langsam, aber sicher auch meinen Abgang planen kann. Wer meine Nachfolge übernehmen wird, ist indes noch nicht klar. 

Was wünschen Sie Theater in Freiburg für die Zukunft. Haben Sie einen Traum?

Ich hoffe, dass wir weiterhin qualitativ hochstehendes Theater anbieten können, mit dem wir eine grosse Bevölkerungsschicht ansprechen. Wichtig sind mir zudem die Familienaufführungen, um auch die Kleinsten mit qualitativ hervorragenden Kinderaufführungen ans Theater zu gewöhnen. Mein persönlicher Traum wäre, eine der sehr schönen Aufführungen der Schaubühne Berlin nach Freiburg holen zu können. Aber das ist leider teuer. 

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