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Warum Vorlesen für Kinder so wichtig ist

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Am Freitag ging die Schweizer Erzählnacht über die Bühne. Wie wichtig ist Vorlesen für Kinder? Die FN haben darüber mit Barbara Jakob gesprochen. Sie ist verantwortlich für die literale Förderung beim Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien.

Die Schweizer Erzählnacht ist ein Projekt des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM) in Zusammenarbeit mit Bibliomedia Schweiz und Unicef Schweiz. Barbara Jakob, was ist die Idee dahinter?

Die Idee ist, immer am zweiten Freitag im November – also in einer Jahreszeit, in der es schon früh dunkel wird – zusammenzukommen, um gemeinsam Geschichten zu hören, zu erzählen und vorgelesen zu bekommen. Es geht darum, dass man über die Bücher zusammenfindet und übers Lesen in den Austausch kommt. Denn Lesen an sich ist, je nachdem, eine einsame Angelegenheit. Das Vorlesen hingegen ist eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Durchgeführt wird der Anlass von Bibliotheken, Schulen oder Familienzentren. Zum Teil ist die Erzählnacht auch mit einer gemeinsamen Übernachtung verbunden. Eine Erzählnacht kann gerade für Kinder, die Lesen nicht besonders positiv oder gar nicht erfahren haben, eminent wichtig sein.

Die Erzählnacht setzt auf das gemeinsame Erleben. Die neusten Zahlen des eben erst veröffentlichten Vorlesemonitors der deutschen Stiftung Lesen zeigen nun aber, dass immer weniger Eltern ihren Kindern vorlesen. Das läuft dem Konzept der Leseförderung durch gemeinsames Erleben zuwider.

Das ist mit ein Grund, weshalb wir die Erzählnacht seit den 1990er-Jahren durchführen. Denn so kommt das Lesen und Erzählen in die Gemeinschaft, es werden bewusst Angebote gemacht, um Kindern und Jugendlichen das Vorleseerlebnis zu ermöglichen.

20 Prozent der Eltern lesen ihren Kindern nie vor, alarmiert Sie das?

Es ist alarmierend, für uns Fachleute aber nicht unerwartet.

Der Negativtrend beim Vorlesen ist nicht neu. Diese Entwicklung hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Inhalte auf immer mehr Trägermedien vorhanden sind.

Kinder wachsen heute ab Geburt in ein medial komplexes Umfeld hinein. Uns geht es darum, einen sinnvollen Umgang damit zu finden.

Welche Rolle spielt denn das Vorlesen eines Buches? Reicht es nicht aus, wenn Kinder Geschichten ab einer CD erzählt kriegen?

Vorlesen ist eine Beziehungssituation. Es sind zwei oder mehr Menschen, die sich miteinander über etwas Drittes – eine Geschichte – austauschen, und zwar mit Haut und Haar. Das kann kein Gerät vermitteln. Die Geräte können aber etwas anderes, ebenso wichtiges: Sie sind in der Regel immer verfügbar und kommen dem Wiederholungsbedürfnis von Kindern entgegen. Denn diese wollen eine Geschichte oftmals immer und immer wieder hören. Geräte können jedoch keine gemeinsamen Beziehungsmomente schaffen, in denen man sich gemeinsam über lustige Dinge freut, sich gemeinsam zu gruselt, gemeinsam erfährt, wie Figuren Probleme lösen oder wie sie eine eigene Erfahrung widerspiegeln. Zudem wird in der Vorlesesituation viel Sprache genutzt, auch Sprachformen, die in der Alltagssprache so nicht vorhanden sind, was eine wichtige Vorbereitung für das Lesenlernen ist.  

Worin besteht die Vorbildfunktion der Eltern beim Vorlesen?

Die schiere Präsenz von Büchern und Lesematerial im familiären Umfeld fördert in Kombination mit ihrer Nutzung die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder später auch selber regelmässig lesen.

Ein Kind muss erleben, dass Bücher und anderes schriftliches Material eine Relevanz für seine Eltern haben, dass sie ein Bedürfnis erfüllen.

Wenn Kinder erleben, dass zwischen zwei Buchdeckeln etwas potenziell Interessantes für sie vorhanden ist, ist das ein Impuls, es mit dem Lesen selber zu versuchen. 

Welche anderen Gründe gibt es nebst unserer multimedialen Welt, dass Eltern immer seltener ihren Kindern vorlesen?

Viel hängt damit zusammen, dass sie es selber nicht erlebt haben und selber nicht lesen. Viele Eltern haben aber auch Angst, etwas falsch zu machen oder es nicht zu können. Das ist schade, weil man grundsätzlich nichts falsch machen kann.

Weil man sich beispielsweise mit dem Schriftdeutschen nicht wohlfühlt oder nicht richtig weiss, ob man die Geschichte auf Schweizerdeutsch übersetzen soll? Was würden Sie diesbezüglich empfehlen?

Die Richtschnur ist immer das Kind. Unsere Angst ist diesbezüglich häufig unbegründet. Kinder lernen sowohl beim Vorlesen in Dialekt als auch im Hochdeutschen. Es gibt ja drei Möglichkeiten: Ich kann auf Dialekt oder auf Standard erzählen, und ich kann auf Standard, also textgetreu, vorlesen. Bei Letzterem erleben wir literarische Sprache, und die kann weit weg von unserer Alltagssprache sein. 

Ist das schlecht?

Nein, das Heranführen an die Standardsprache ist auch ein Heranführen an den Lese- und Schreibprozess. Sie wird bereits von den kleinsten Kindern verstanden. Wir unterschätzen diese in der Regel radikal. Ich plädiere grundsätzlich dafür, mit den verschiedenen Sprachformaten zu spielen und auf das Bedürfnis der Kinder zu hören. 

In welchem Alter beginnt man mit dem Vorlesen respektive dem Geschichten erzählen?

Ab Geburt, bitte. Sobald Kinder greifen können, ist ein Buch ein Objekt wie jedes andere. Sie fassen es an, nehmen es in den Mund und entdecken im Gespräch mit einer vertrauten Person, dass es dazu auch noch Sprache gibt. Ist in einem Bilderbuch einen Ball zu sehen, kann man einen Bezug zum Ball schaffen, mit dem das Kind eben gespielt hat. So tritt man in das Medium Buch ein.

Vorlesen besteht bei Kleinkindern eher im eigenen Erzählen in Verknüpfung mit dem Alltag des Kindes und im mimischen und gestischen Untermalen.

Viele Eltern machen das spontan richtig, andere fühlen sich unsicher und glauben, Vorlesen gilt nur als Vorlesen, wenn es buchstabengetreu erfolgt. Das kann eine Hürde sein.

Viele Eltern haben möglicherweise auch keine Kraft und Zeit mehr, nach einem arbeitsreichen Tag am Abend ihren Kindern noch etwas vorzulesen.

Das ist so. In unserem mitteleuropäischen Bildungsbürgerkopf herrscht häufig das Bild vom abendlichen Vorleseritual am Bett vor. Das müssen wir aufbrechen. Vorlesen kann man zu jeder Tageszeit. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und aufs blosse Erzählen ausweiten. Die Erzählkultur, das Erzählen im und aus dem Alltag, ist für junge Kinder sehr wichtig. Die Verknüpfung zum Buch bekommt man so nicht hin, das ist klar. Aber, dass Kinder übers Erzählen positive Spracherlebnisse haben, ist mir ein grosses Anliegen.

Bis zu welchem Alter sollte man Kindern vorlesen?

Immer (lacht). Ganz wichtig ist es, nicht mit dem Vorlesen aufzuhören, wenn das Kind in die Schule kommt. Denn das Lesenlernen ist ein sehr anstrengender Prozess. Vorlesen in ist gerade in dieser Zeit ein Geschenk. Man weiss, dass Kinder, die den Übergang vom Erstlesen mit vielen Bildern im Text zu ersten Kinderromanen mit hundert Seiten und wenig Bildern nicht problemlos schaffen, potenziell zu jenen Kindern gehören, die bei Schulabgang Probleme mit dem Lesen haben, weil es nicht automatisiert worden ist. 

Wäre dann das Vorlesen im Wechsel sinnvoll?

Ja. Es gibt zum Beispiel eine Bücherreihe, die «Erst ich ein Stück, dann du» heisst. Ein Teil des Buches ist dabei eng und kleingeschrieben, der andere Teil luftig und gross. So treiben ein kompetenter Leser und eine Leseanfängerin die Geschichte gemeinsam weiter. Das hat den Effekt, dass ein Kind auch eine grössere Geschichte lesen kann. 

Was trägt die Schule zum Lesenlernen bei?

Das Lesenlernen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Schule, die sie sehr gut wahrnimmt.

Lesen können ist eine grundlegende Kulturtechnik, um auch andere Dinge wie Mathematik zu verstehen.

Die Schule trägt unter anderem zum Verbessern der Lesetechnik bei, aber auch zur Motivation. Die Unterstützung der Eltern im Leselernprozess ist aber mitentscheidend.

Welche Relevanz hat die Auswahl der Bücher für die Lesemotivation, also welche Bücher gelesen werden und wer sie aussucht?

Wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche erfahren, dass es ganz Unterschiedliches gibt. Potenziell gibt es für jede und jeden etwas zum Lesen. Sie sollten Bibliotheken und Buchhandlungen als Räume erleben, wo sie sich frei für ein Buch entscheiden können. Denn sie müssen herausfinden, was für sie von Interesse ist. Je älter die Kinder werden, umso mehr hängt das auch von ihrer Peergruppe ab. Es kommt nicht selten vor, dass ein Jugendlicher ein Buch ausleiht, das gerade von einem Gleichaltrigen zurückgegeben wurde. 

Was wünschen Sie sich, damit das Vorlesen den Eltern wieder schmackhaft gemacht werden kann?

Grundsätzlich wünsche ich mir ganz viele Leute, die sich für das Vorlesen stark machen und es selber leben, in den Kitas, in den Spielgruppen, in den Bibliotheken. Es ist viel passiert, aber wir müssen ein Auge auf diejenigen Kinder haben, die das nicht einfach so erleben und alles daran setzen, dass sie an das vielfältige Angebot im Bereich der Bücher herangeführt werden, damit sie Spass am Lesen bekommen.

Grundsätzlich glaube ich, dass Vorlesen etwas Einfaches ist. Es geht darum, es auszuprobieren und keine Angst davor zu haben, etwas falsch zu machen. 


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