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Was Zeitungen, Scham und Daten mit dem Messie-Syndrom zu tun haben

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Hinter dem Messie-Syndrom steckt mehr als nur Unordnung. Psychische Erkrankungen und Scham gehen Hand in Hand mit dem Syndrom, und sie bringen die Betroffenen in schwierige Lebenssituationen. Die Coronapandemie hat diese Problematik verschärft. 

Ein Zimmer mit gestapelten Zeitungen, ungewaschene Teller im Lavabo oder ein riesiger Kleiderhaufen auf dem Bett: In Wohnungen von einem oder einer Messie ist die Bewegungsfreiheit oftmals sehr begrenzt. «Mess» ist ein englischer Begriff und bedeutet Unordnung oder Chaos. «Medizinisch korrekter ist ‹compulsive hoarding›, also zwanghaftes oder pathologisches Horten», sagt Andrea Michel, Koordinatorin vom Gesundheitsnetz Sense. Oftmals könne auch Desorganisationssyndrom oder Vermüllungssyndrom gelesen werden. Aber: «Messie-Syndrom und Vermüllungssyndrom sind nicht dasselbe», sagt Michel. So sei das Messie-Syndrom nur die Schnittmenge von Wertbeimessungsstörung, Vermüllungs- und Verwahrlosungssyndrom. 

Verschiedene Stufen

«Es gibt verschiedene Stufen», sagt Esther Schippert, Ordnungs-Trainerin und Vorstandsmitglied vom Verein LessMess von Allschwil. Wie der Name vermuten lässt, wird bei der Wertbeimessungsstörung einem Gegenstand eine Wichtigkeit zugesagt. «Auch wenn es jahrelang in Stapeln und Kisten herumliegt oder in der ganzen Wohnung verteilt ist: Diese Personen können sich nicht trennen», sagt Schippert.

Das in TV-Serien oftmals gezeigte Bild von Pizzakartons und schimmelnden Essensresten wird dem Vermüllungssyndrom zugeordnet. «Betroffene sind nicht in der Lage, ihre Ordnung zu halten oder Ordnung zu schaffen», so Schippert. Das könne soweit gehen, dass auf dem Bett oder in der Badewanne kein Platz mehr zu finden sei. «Vermüllungs-Klienten haben weniger Mühe, sich Hilfe zu holen und zuzulassen, als die Klienten mit der Wertbeimessungsstörung», weiss die Ordnungs-Trainerin. Während bei einer betroffenen Person mit Vermüllungssyndrom nur die Wohnung unter mangelnder Hygiene leide, sei beim Verwahrlosungssyndrom zusätzlich die Körperhygiene miteingeschlossen. 

Mehr als nur Unordnung

«Messie ist also nicht gleich Gestank oder Vermüllung», meint Schippert. So sei die Ordnungs-Trainerin auch kein Fan von diesem Begriff: «Messie ist sehr negativ konnotiert, und es steht mehr hinter diesen Personen als nur die Unordnung». Seelisch verletzte und kranke Personen, Menschen, die Geliebte verloren oder eine Krebsdiagnose erhalten haben: Gründe und Auslöser des Messie-Syndroms sind so zahlreich und einzigartig wie die Betroffenen. So existieren mehrere Messie-Typen und unzählige Möglichkeiten, Dinge zu sammeln und zu horten. Perfektionistische, erholungsbedürftige und reinliche Messies sind einige Beispiele. «Der perfektionistische Messie will zum Beispiel eine Schublade so perfekt putzen, dass es aufgrund des Perfektionismus gar nicht klappen kann.» Ähnlich bei reinlichen Messies. «Das sind Sammler und Sammlerinnen, die haben ein Ordnungssystem, aber jede Ecke ist vollgestopft». Doch diese Messie-Typen sind nur Kategorien. «Es gibt unzählige Mischformen», so Schippert weiter.

Aber nicht nur Kartons, Zeitungen und andere Gegenstände können gesammelt werden, sondern auch digitale Medien. Dazu sagt Schippert: «Ich kenne einen Daten-Messie, der sich selbst einen Server eingerichtet hat.»

Scham und Ängste

«Emotional leiden Messies unter Ängsten, Stimmungstiefs und Verzweiflung, und sie haben Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen oder Prioritäten zu setzen», so Andrea Michel. Auch ein tiefer Selbstwert und Schamgefühle seien Merkmale des Messie-Syndroms. «Stellen Sie sich vor, Sie haben Akne», so Schippert. Es werde alles versucht, diese zu verstecken. «Rechnet man dieses Gefühl hoch auf das Öffnen einer Tür von einem Messie, ist das Zögern, Hilfe zu suchen, greifbarer.» Denn die Wohnung könne die persönliche Gesundheit widerspiegeln, was für Betroffene starke Schamgefühle und Ängste verursache.

Die Türen zur Wohnung zu öffnen und Hilfe zu suchen, gleicht einem Fenster zur Seele.

Esther Schippert
Ordnungs-Trainerin

Als Ordnungs-Trainerin weiss Schippert: «Leute kommen zu mir, wenn jemand zu Besuch kommt oder die Kündigung droht». Die Scham sei so gross, dass, solange es aushaltbar sei, oftmals keine Hilfe gesucht werde.

Behandlung 

«Es braucht Einsicht, Motivation und Kooperation der Betroffenen, damit das Syndrom behandelt wird», sagt Andrea Michel. Wichtig sei es, eine Beziehung zu den betroffenen Personen aufzubauen und den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. «Ziel jeder Intervention, also Psychotherapie, Selbsthilfegruppe oder Coaching, muss sein, Folgeerkrankungen vorzubeugen, Selbstständigkeit zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern», so Michel. Es sei wichtig, zu begreifen, dass das Sammelverhalten einer Person der Hilfeschrei einer traumatisierten Seele sei. «Es werden Dinge gesammelt, damit diese den Betroffenen Liebe geben und die Löcher in der Seele stopfen können», so Schippert.

Die Lebensumstände können Angehörigen von einer Betroffenen des Messie-Syndroms Sorgen bereiten. Doch das forcierte Trennen von Gegenständen, ein vermeintliches Helfen, die Zimmer wieder begehbar machen zu wollen, würde einen grossen seelischen Schaden bei den Betroffenen anrichten. «Es wäre ein Übergriff, und ihnen wird die Eigenständigkeit genommen», so Andrea Michel und sagt weiter: «Das Gefühl der eigenen Inkompetenz verstärkt sich, Resignation und Selbstaufgabe nehmen weiter zu.» Stattdessen sollten die Betroffenen vom Schamgefühl befreit werden, damit sie von sich aus Hilfe suchen.

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