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Weihnachten und das spektakulär Unperfekte

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die Post, die ich besonders gern bekomme, sind Geburtsanzeigen. Zwischen Weihnachtskarten, Rechnungen und Werbung fand ich ein farbiges Kuvert. Eilig öffnete ich den Umschlag, und das Bild eines Neugeborenen fiel mir entgegen. Ein neues Menschenkind – mir wurde warm ums Herz. Die Kleine war perfekt fotografiert, die Karte liebevoll gestaltet und gedruckt. Stolz teilten die Eltern ihre Dankbarkeit und ihr Glück über die Geburt des Töchterchens mit. Ich freute mich und fühlte mich geehrt, dass ich die Karte auch erhielt. Auf dem Gesicht des schlafenden Kindes lag ein himmlischer Zauber und im Auge der Betrachterin die Rührung über das Wunder des Lebens.

In Zeiten, wo Fotos in sozialen Netzwerken blitzschnell die Runde ­machen, erzielen solche Geburtsanzeigen nachhaltigere Wirkung.

Ähnlich funktionieren ja auch Weihnachtskarten, die dazu da sind, die Freude zu teilen und die Verbindung zu pflegen. Zu Weihnachten lassen wir uns eine Menge einfallen, um anderen eine Freude zu machen. Es wird gebacken und gekocht, gebastelt und dekoriert, eingekauft und verpackt. Wenn die Freude beim Beschenkten auch wirklich ankommt, hat sich die Mühe gelohnt. Den Erwachsenen wird es warm ums Herz bei leuchtenden Kinderaugen und ihrem Jubel, wenn sich unter dem Tannenbaum Wünsche erfüllen. Oder wenn die Köchin oder der Koch zufrieden betrachten, wie die stumm schmausende Tisch­gesellschaft geniesst, was stundenlang vorbereitet wurde. Die Anstrengungen in der Küche sind vergessen. Freude herrscht. Es ist fast so wie bei frischgebackenen Müttern nach der Geburt, die ihr Kind bestaunen und die zurückliegenden Strapazen recht bald vergessen.

Ein Glanz liegt über dem Fest, und viele Menschen kennen die Sehnsucht danach, dass sich weihnachtlicher Frieden wenigstens für die kurze Zeit der Feiertage einstelle. Meist hofft man vergeblich auf eine «heile Welt» zu Weihnachten; zwischen Ideal und Wirklichkeit klafft eine Lücke. Familientreffen am Heiligen Abend und Verwandtenbesuche erfordern ein ­hohes Mass an familiärer Diplomatie, und nicht selten scheitert man an den eigenen Ansprüchen.

Es ist schon die Frage, ob es zwölf Sorten selbst gebackener Guetzlis sein müssen und ob es ohne das Fünf- Gänge-Menü oder die luxuriösen ­Geschenke nicht auch ginge. Braucht es das alles? Ich meine, dass wir Mut zur Lücke haben dürfen und manche Erwartung getrost hinter uns lassen können. Stattdessen sollten wir uns fragen, was wirklich Freude macht.

Die Bibel erzählt von der Freude, die die Engel den Bethlehemer Nacht­gestalten verkündeten, damit sie es allen weitersagen. Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. So gingen die Hirten zu Maria und Josef. Als sie das neugeborene Kind sahen, wurden selbst die hart gesottenen Kerle wachsweich und staunten: In einem Kind kommt Gott zur Welt. Diese einfachen Leute erlebten im Dunkel der Nacht eine herzerwärmende, nie gekannte Freude.

Im Grunde strahlt diese Freude bis heute weiter. Jedes flackernde Kerzenlicht will uns daran erinnern und sagt still: «Habt keine Angst mehr, fürchtet euch nicht. Gott ist da.» Einfach, arm, menschlich kam Gott in unsere Welt, die Umstände waren alles andere als ideal. Bereits seine Menschwerdung inszenierte Gott auf spektakulär ­unperfekte Weise.

Also: Vergiss die Perfektion! Gott liebt das Unperfekte. Im Plattdeutschen meiner alten Heimat sagt man: «Böttn scheif hat God leiw», das heisst, dass Gott das ein bisschen Schiefe lieb hat.

Leonard Cohen feilte ein Jahrzehnt lang am Text für «Anthem», einem Lied, das von der Vergeblichkeit menschlichen Bemühens singt. «In allem, was du tust, in allem, wonach du strebst, gibt es keine Vollkommenheit.» Im Refrain heisst es: «There is a crack, a crack in everything, that’s how the light gets in». An den Bruchstellen hat das Licht eine Chance.

In allen Dingen und menschlichen Beziehungen gibt es Fehlstellen, Ecken und Kanten. Genau dort hat die ­Liebe eine Chance, dort scheint das Licht hindurch.

Zur Person

Von Rostock nach Düdingen

Sabine Handrick arbeitet seit 2010 als reformierte Pfarrerin in Düdingen. Sie ist mit dem Konzertgitarristen Gerald Handrick verheiratet. Das Paar hat zwei erwach­sene Kinder. Beide stammen aus Norddeutschland und haben vor ihrem Wechsel in die Schweiz lange in der Region Rostock gearbeitet.

jcg

 

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